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      Die Oberzeller Franziskanerinnen feiern jeden Monat das Menschwerden Gottes

      Zwölfmal im Jahr Weihnachten

      Es ist wohl der Traum vieler Kinder: das ganze Jahr Weihnachten feiern. Jeden Monat Lebkuchen, jeden Monat Geschenke und jeden Monat ein großes Festessen. Ganz so läuft es zwar nicht bei den Oberzeller Franziskanerinnen, aber tatsächlich feiern sie das ganze Jahr über Weihnachten – immer am 25. eines Monats.

      „Aber wir haben diese Äußerlichkeiten nicht“, sagt Schwester Margit Herold. Sie gehört zur Gemeinschaft in Oberzell und meint mit den Äußerlichkeiten vor allem den Konsum, der mit Weihnachten alljährlich einhergeht. Der offizielle Name der Ordensgemeinschaft lautet Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu. Die Menschwerdung Gottes ist der Kern ihrer Spiritualität. Deshalb feiern sie jeden Monat am 25. Weihnachten. Und doch unterscheiden sich diese Tage vom Weihnachtsfest im Dezember. „Es ist vor allem ein inneres Fest“, bestätigt Schwester Margit.

      Jeden Monat wird eine Krippe oder eine Jesus-Figur aufgestellt, je nachdem, was der jeweilige Konvent zur Verfügung hat und was den Schwestern, die für die Vorbereitung verantwortlich sind, wichtig ist. Eine große Krippe mit Hirten und Schafen gibt es allerdings nur im Dezember. Außerdem nehmen die Texte und Gebete am 25. besonders das Menschwerden Gottes in den Blick und es werden Weihnachtslieder gesungen – auch mitten im Sommer bei 30 Grad. Festessen, Geschenke und besonders feierliche Gottesdienste gibt es jedoch nur zum üblichen Weihnachtsfest im Dezember.

      Mehr als ein Baby in der Krippe

      Für Schwester Margit bedeutet Weihnachten die Hoffnung, im Leben immer wieder neu beginnen zu können, egal wie tief der Mensch auch fallen mag. Gott wird Mensch, um den Menschen mit Gott, mit seinen Mitmenschen und auch mit sich selbst zu versöhnen – so wird ein Neubeginn möglich. Sie betont, dass die Bedeutung der Kindheit Jesu nicht nur den Säugling in der Krippe umfasst. Es gehe nicht nur um eine Jesuskind-Verehrung, sondern darum, dass Gott Mensch wird, und dass jeder Mensch ein Gotteskind ist.

      „Das ganze Jahr über suchen wir den Mensch gewordenen Gott – in uns selbst, in der Betrachtung des Wortes Gottes, in der Begegnung mit den Menschen”, heißt es auf der Homepage der Gemeinschaft. „Alle betrachten wir als Kinder Gottes: einzigartig und gewollt, mit einer unveräußerlichen Würde.” Und diesem Kind im Menschen gelte es zu dienen.

      Sorge für Menschen in Not

      Bereits Antonia Werr (1813 bis 1868), der Gründerin der Frauengemeinschaft vom Kloster Oberzell, sei es um die Sorge anderer gegangen, so Schwester Margit. Inspiriert vom schutzlosen Kind in der Krippe wollte sie sich für die Schwachen einsetzen, wie auch Gott sich für die Schwachen einsetzt.

      Ihre Hauptsorge galt in Not geratenen Frauen. Meist waren es Gefangene, die aus der Gesellschaft ausgeschlossen und stigmatisiert waren. „Durch die vorurteilslose Annahme dieser Frauen half Antonia Werr ihnen aus ihrer so gut wie aussichtslosen Lage und dabei, einen neuen Anfang zu machen“, schreiben Schwester Margit und ihre Mitschwester Alexandra Gambietz in einem Artikel über Antonia Werr.

      Werr habe mit vier Gleichgesinnten und vier straffällig gewordenen Frauen aus dem damaligen Frauengefängnis in Ebrach die „katholische Rettungsanstalt für verwahrloste Personen des weiblichen Geschlechts“ gegründet.

      Neubeginn ermöglichen

      In jeder Frau sah die Gründerin das Gotteskind. Sie bot ihnen einen geschützten Raum, um einen neuen Anfang wagen zu können und ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. Dem Gotteskind im Menschen dienen, das sei auch heute der Sozialauftrag der Gemeinschaft.

      Doch wird Weihnachten nicht irgendwann zur monatlichen Routine, wenn es während des ganzen Jahres gefeiert wird? „Im Gegenteil“, sagt Schwester Margit. Es sei eher umgekehrt. Die Krippe unterbreche die Alltagsroutine. Außerdem habe das Wiederholen zur Folge, dass sich die Schwestern immer wieder an das Geschenk des Menschwerdens Gottes erinnern. Doch das Weihnachtsfest im Dezember bleibt trotzdem ein besonderes Fest. „Dann feiern wir mit der ganzen christlichen Welt“, sagt Schwester Margit.

      Weihnachtsstress

      Und da gehören dann die Weihnachtsfeier, ein festliches Essen, Weihnachtspost und Wunschzettel für eine kleine Bescherung dazu. Die Schwestern beschenken sich mit Kleinigkeiten. „Meist ist es etwas Praktisches“, erklärt Schwester Margit. „Oder eine Spende für einen Zweck, den sich die Schwester ausgesucht hat.“

      Eigentlich sei der Heilige Abend bis zu Beginn der Weihnachtsfeier ein stiller Tag. Aber das sei manchmal gar nicht so einfach, erklärt Schwester Margit. Wenn noch einiges vorzubereiten sei, könne es mal etwas hektischer sein. Obwohl ihre Gemeinschaft das ganze Jahr über Weihnachten feiert – den Weihnachtsstress gibt es immerhin nur einmal im Jahr.

      Alexandra Thätner