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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Zwischen Ölberg und Jerusalem

    Als es ernst wurde, als Jesus nicht mehr bestimmen konnte, wie es weiterging, sondern ausgeliefert war; als ihm kein genialer Gedanke mehr kam, um sich aus den Fängen seiner Gegner befreien zu können, wie er es oft tat; als die Falle zuschnappte – da erstickte der Jubel der Jünger. Sie waren verwirrt, völlig verunsichert, und taten, was wir genauso getan hätten – sie brachten sich erst mal in Sicherheit.

    Evangelium

    In jener Zeit ging Jesus nach Jerusalem hinauf. Als er in die Nähe von Betfage und Betanien kam, an den Berg, der Ölberg heißt, schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los, und bringt ihn her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr ihn los?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn. Die beiden machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie den jungen Esel losbanden, sagten die Leute, denen er gehörte: Warum bindet ihr den Esel los? Sie antworteten: Der Herr braucht ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf. Während er dahin ritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus. Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe! Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.   

    Lukas 19,28–40

     

    Bis jetzt war es harmlos. Bis jetzt hat die Entscheidung der Jünger, mit Jesus zu ziehen, ihnen keine Unannehmlichkeiten gebracht. Im Gegenteil. Rückblickend auf den bisherigen Weg brechen sie in Jubel aus. „Wundertaten“ haben sie erlebt, Heilungen und Predigten Jesu, die in ihnen Erwartungen wecken. Ob noch Größeres kommt? Ob Jesus sich tatsächlich als Messias zu erkennen gibt? Sie posaunen ihre Hoffnungen schon mal lautstark hinaus – wie ein Fan-Zug, der siegessicher am Samstagnachmittag zum Fußballstadion zieht. Mit diesem Jesus werden wir triumphieren!
    Siegen, Triumphieren, Erhaben-Sein, vielleicht auch Überlegen-Sein – es liegt uns. Wir wünschen es uns. Es kommt oft vor:
    – Festgottesdienste enden mit furiosem Orgelspiel;
    – Kathedralen vermitteln ein Gefühl von Macht und Größe (des Christentums?!);
    – wohin der Papst kommt, wird geklatscht und ihm zugejubelt.
    Und an Ostern feiern wir wieder den Sieg des Lebens über den Tod – und ziehen zurecht alle Register der Farben und Töne. Stärker sein, gewinnen – es liegt uns.
    Aber bis Ostern war es noch weit. Erst einmal ging es vom Ölberg hinunter nach Jerusalem. Was folgte – wir wissen es; aber möchten es nicht recht wahr haben. Braucht’s die Karfreitage, um Ostern richtig feiern zu können? Muss man erst „unten“ sein, um die Rettung richtig zu schätzen?
    Als es ernst wurde, als Jesus nicht mehr bestimmen konnte, wie es weiterging, sondern ausgeliefert war; als ihm kein genialer Gedanke mehr kam, um sich aus den Fängen seiner Gegner befreien zu können, wie er es oft tat; als die Falle zuschnappte – da erstickte der Jubel der Jünger. Sie waren verwirrt, völlig verunsichert, und taten, was wir genauso getan hätten – sie brachten sich erst mal in Sicherheit.
    Kommen wir je in eine solche Entscheidungs-Situation? Ich weiß es nicht. Ich habe oft den Eindruck: Wir bewegen uns irgendwo zwischen Ölberg und Jerusalem. Dazwischen ist Karfreitag, ist Golgota. Vielen Mitchristen kommt der Jubel nicht so leicht über die Lippen und aus dem Herzen, auch wenn wir „österliche Menschen“ sein können. Sie hoffen – vielleicht – auf Ostern, auf Klärung, auf einen Sieg. Aber sie sehen nichts davon.
    „Den Jüngern vorausziehend“, beginnt unser Evangelium heute. Jesus zog zum Kreuz. Wollen wir da mit? Oder bleiben wir im vor-österlichen Jubel stecken? Ist unser Bild von Jesus vollständig?
    Heute bin ich wieder einem Leichenzug vorangegangen, hinter dem Kreuz her. Ein Mann „im besten Alter“, den wir zu Grabe tragen mussten. Da ist noch lange Karfreitag für die Hinterbliebenen. Aber ich weiß, warum ich mich nach Ostern sehne.

    Der Autor ist Pfarrer von Marktheidenfeld.