Unter dem Titel „Mut zu Entscheidungen“ sprach der Autor, geistliche Berater und Kursleiter über Hindernisse und Hilfen auf dem Weg zu guten Entscheidungen. Fokussiert und lebendig berichtete er über Erfahrungen aus der Beratungspraxis, stellte Querverbindungen zu Theologie und Psychologie her und gab konkrete Tipps.
Dass Entscheidungen zum Menschsein gehören, illustrierte Pater Anselm anhand einiger Beispiele aus der Bibel. So muss sich Jesus selbst vor Beginn seines Wirkens zwischen Gut und Böse entscheiden. Einem jungen Mann, der erst seinen Vater beerdigen und ihm dann nachfolgen will, antwortet Jesus: „Lass die Toten ihre Toten begraben!“ Und einem anderen Jünger in spe sagt er: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“
Die genannten Szenen legen bereits erste wunde Punkte offen, so Grün: Manche Menschen sind sich unsicher, ob die Eltern mit ihrer Entscheidung einverstanden sind. Doch man könne eben nicht immer erwarten, dass alle einverstanden sind und Beifall klatschen.
Umkehr möglich
Beim Blick auf Hindernisse und Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung listete der Benediktiner vier Hauptursachen auf. Zunächst solle man sich klar machen, dass es „die absolut richtige Entscheidung“ nicht gebe. „Niemand kann eine Garantie dafür geben, dass sich die Dinge nicht ändern.“ Dennoch könne man aber jederzeit umkehren, wenn sich eine Entscheidung als falsch erweist. Das erfordere zwar Mut, deutlich schlimmer sei aber keine Entscheidung.
Im Klaren solle man sich auch darüber sein, dass Entscheidungen angreifbar machen. Und manche Entscheidungen müssen eben rasch fallen; so könne ein Bundeswehrsoldat im Afghanistaneinsatz nicht stundenlang abwägen, sondern müsse sofort reagieren, wenn er angegriffen wird.
Beiseite schieben sollte man auch den Gedanken, dass Entscheidungen einengen. Jeder, der sich für das Eine entscheidet, entscheidet sich zugleich gegen etwas Anderes, so Anselm. Gerade junge Menschen kennen diese Problematik, weil sie sehr viele Möglichkeiten und sehr hohe Erwartungen haben, dabei aber dann versäumen zu leben, so der geistliche Begleiter. „Ich kann mir aber nicht alle Türen offenhalten. Durch eine Tür muss ich am Ende gehen.“ Mut zur Entscheidung heiße deshalb auch Mut, sich festzulegen und die vorübergehende Enge auszuhalten.
Lernfähig
Schließlich können auch lebensgeschichtliche Hintergründe einen Menschen in seiner Entscheidungsfähigkeit einengen: Häufig tun sich Menschen, denen „die rückenstärkende Energie des Vaters fehlt“, schwer mit Entscheidungen. Eine billige Ausrede dürfe das allerdings nicht sein – „der Mensch ist lernfähig“, so Pater Anselm.
Mit einer biblischen Szene verriet Pater Anselm am Ende sein persönliches Entscheidungsrezept. Dem Gelähmten, der am Teich von Betesda über das Scheitern seiner Heilung lamentiert, sagt Jesus: „Steh auf, nimm deine Liege und geh!“ Für ihn selbst sei dieser Satz eine große Hilfe: „Statt lange über kleinste Entscheidungen nachzugrübeln, mich im Kreis zu drehen und mir selbst die Kraft zu rauben, sage ich mir: Nimm deine Zweifel unter den Arm und geh einfach los. Es wird schon richtig sein.“
Anja Legge
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