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      Zum Helfen und Dienen berufen

      Selbstbewusst, kämpferisch, pragmatisch, mutig, fleißig, ein wacher Geist. Diese Eigenschaften beschreiben eine Frau, deren Wirken in Würzburg und Umgebung tiefe Spuren hinterlassen hat: Antonia Werr. Die Gründerin der Oberzeller Franziskanerinnen wurde am 14. Dezember vor 200 Jahren in Würzburg geboren. Ihr Leben, ihr Geist und ihre Spiritualität sind an verschiedenen Orten Würzburgs heute noch präsent.
      „Antonia Werr fand ihre Berufung in der Fürsorge um verwahrloste und strafentlassene Mädchen und Frauen“, erklärt Generaloberin Katharina Ganz. Dass ihr diese Menschengruppe am Herzen liegt, zeigt sich schon früh in ihrer Biographie. Antonia Werr wächst vaterlos auf. Ausgerechnet am Tag ihrer Geburt, dem 14. Dezember 1813, wird ihr Vater zu Grabe getragen. Joseph Werr, königlicher Hofrentamtmann, starb den gleichen Tod wie seine Tochter Antonia Jahre später – beide hatten sich beim Besuch und der Pflege von Kranken mit Typhus infiziert.   Ihre Mutter, Agnes Werr, erzieht Antonia und ihre sieben Geschwister alleine. Schon bald nach Antonias Geburt zieht die Familie vom Kürschnerhof 4 in die Kettengasse, wo die Mutter Studenten verpflegt, um ihre Witwenrente aufzubessern. Der Überlieferung nach besuchte Antonia Werr die Schule der Ursulinen, das einzige „weibliche Erziehungsinstitut“ in Würzburg, wo sie Englisch und Französisch lernte.   „Über die Kindheit und Jugend Antonias ist nur wenig überliefert. Wir wissen aber, dass sie ihre Mutter bis zu deren Tod 1841 aufopferungsvoll gepflegt hat“, erzählt Generaloberin Katharina. Auf Anraten ihres damaligen Beichtvaters, des Franziskanerpaters Franz Ehrenburg (1823 bis 1889), tritt Antonia Werr 1845 ins Kloster der Schwestern vom Guten Hirten im belgischen Namur ein und wechselt schließlich als Postulantin ins Mutterhaus nach Angers in Frankreich. Es ist genau die Aufgabe, die das spätere Lebenswerk Antonias kennzeichnet: Die Gemeinschaft kümmert sich um verwahrloste Mädchen und Frauen. Und doch fühlt sich Antonia Werr dort nicht wohl. Sie spürt, dass diese Gemeinschaft nicht die Richtige für sie ist. Eine Erkrankung im Jahr 1846 ist neben ihrer Sehnsucht zur Heimat der Auslöser, nach Franken zurückzukehren.  

      Über 120 Briefe

      Zurück in die Gegenwart: Schwester Erentrud Iselt steht im Archiv des Klosters Oberzell und blättert vorsichtig durch die grünen, doppelseitig beschriebenen Zettel. „Viel mehr als diese Briefe sind von Antonia Werr im Original nicht mehr erhalten“, sagt sie. Der Briefwechsel hat es dafür in sich: Über 120 Briefe schrieben sich Antonia Werr und ihr engster Vertrauer, Staatsrat Maximilian Freiherr von Pelkhoven (1796 bis 1864). „Was über die Gründungszeit bekannt ist, wissen wir vor allem aus diesem Briefwechsel“, erklärt die Archivarin. Nach ihrer Rückkehr nach Würzburg fällt Antonia zunächst in ein Loch, wird depressiv. Bei ihrem Beichtvater legt sie ihre privaten Gelübde ab. Antonia spürt, dass sie mit straffällig gewordenen Frauen arbeiten möchte, aber wie?   

      Gründung Pfingsten 1855

      Immer stärker wird der Wunsch, eine eigene Gemeinschaft zu gründen. Ausgerüstet mit einem Empfehlungsschreiben fährt Antonia Werr 1853 nach München zu Staatsrat Pelkhoven, um ihren Plan zur Gründung einer „Besserungsanstalt für Personen weiblichen Geschlechts“ zu realisieren.    „Pelkhoven und Antonia verband eine Seelenverwandtschaft“, erzählt Schwester Erentrud. „Auch er hatte mehrere Schicksalsschläge zu verkraften und unterstützte Antonia tatkräftig in ihren Plänen.“ Der Briefwechsel offenbart ihre Odyssee, eine passende Unterkunft für ihre Gemeinschaft zu finden. Erst Monate später, am Pfingstfest 1855, zieht Antonia Werr zusammen mit vier Mitarbeiterinnen und den ersten „Büßerinnen“, wie die Heimbewohnerinnen früher genannt wurden, in das „Schlösschen“ in Oberzell.   Antonia Werr wählt für ihre neugegründete Gemeinschaft den Namen „Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu“. Ein Name, der als Quelle der Spiritualität ihrer Gemeinschaft dienen soll. Für Antonia ist die Verehrung der Kindheit Jesu ein Zeichen der Demut, um offen zu sein für die Angebote Gottes. „Sie hat die Verehrung in den Dienst der sozialen Arbeit gestellt und daraus immer wieder neu Kraft geschöpft, um den am Rande stehenden Frauen zu helfen“, beschreibt die Generaloberin den Grundgedanken der Spiritualität, nach der die Oberzeller Franziskanerinnen auch heute noch leben.   „Besonders wichtig war Mutter Antonia die Wahrheit“, sagt Schwster Erentrud. „Immer wieder hat sie diese Tugend in ihren Briefen an den Staatsrat betont.“ Am 3. Juli 1854 schreibt sie: „Ich habe viel, sehr viel zu überwinden. Aber ich habe Mut, viel Mut; denn ich kämpfe für die Wahrheit und für sie bin ich so begeistert, dass nichts in mir den Gedanken vernichten kann, dass Gott, der ja selbst die ewige Wahrheit ist, mich in diesem Kampfe weder verlassen noch untergehen lassen könnte!“ Nach dem Vorbild ihrer Gründerin setzen sich die Oberzeller Franziskanerinnen auch heute noch voller Mut für benachteiligte Mädchen und Frauen ein. „Mutter Antonias Anliegen und Geist leben in unserer Gemeinschaft und unseren Einrichtungen, wie dem Antonia-Werr-Zentrum, weiter“, sagt Generaloberin Katharina. „Wir versuchen, ihre Tradition auch im Heute zu verlebendigen.“