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Wo die Matrikelbücher ruhen
WÜRZBURG. Für Familienforscher gibt es im Diözesanarchiv Würzburg manchen Schatz zu heben. Nahezu 6000 Matrikelbücher aus den Pfarreien und Kuratien des Bistums verwahrt das fünfstöckige Gebäude in der Domerschulstraße. Familienforschern ist der Zugriff auf die Originaldokumente mit ihren Angaben zu Taufen, Eheschließungen und Sterbefällen zwar verwehrt. An Lesegeräten können die auf Mikrofiche verfilmten Matrikeldaten aber eingesehen werden. Ein Angebot, das Nachfrage erzeugt: 2012 Benutzer registrierte das Archiv der Diözese im Jahr 2007. Den Löwenanteil stellten Ahnenforscher aus dem In- und Ausland.
„Geschichte ist nicht nur etwas Abstraktes, sondern betrifft jeden Einzelnen durch die Vergangenheit der eigenen Familie“, erläutert Professor Johannes Merz, Direktor des Diözesanarchivs. Familienforschung sei ein Zugangsweg zur allgemeinen Geschichte, weil die „dürren Daten“ der Matrikelbücher Aufschluss zuließen über wirtschaftliche und soziale Entwicklungen.
Die Waffen des Archivs
Der Schritt von der überschaubaren privaten Welt hin zum großen politischen Geschehen ist für Familienforscher also nur ein kleiner. Merz weiß dies, weil er schon als Schüler mit dem Moped in Pfarreien unterwegs war und seine familiären Wurzeln verfolgte. Zudem gehören die Belange der Ahnenforscher zum täglichen Brot des Archivdirektors. Vor allem die Erschließung der diözesanen Matrikelbestände erwies sich in den letzten 15 Jahren als organisatorischer und finanzieller Kraftakt. Alle im Archiv befindlichen Matrikel wurden in ihrem inhaltlichen Aufbau erfasst und beschrieben sowie auf Mikrofiches verfilmt. Diese wiederum wurden Stück für Stück auf Vollständigkeit und Lesbarkeit überprüft. Als „sehr aufwändig“ beschreibt Merz dieses Vorgehen, und dennoch führte kein Weg an den Sicherungsmaßnahmen vorbei. In kürzester Zeit zerstört wären die Originalmatrikel, wenn sie durch so viele Hände gingen wie die kleinen, handlichen Mikrofiches.
Für die Erhaltung der Matrikelbücher zu sorgen, gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Archivs. Papierzerfall und Tintenfraß sind daher die natürlichen Feinde des Archivars. Kostspielige Restaurierungen fallen an, wenn der Zahn der Zeit an den Aufzeichnungen nagt. Daher rücken die Archivmitarbeiter den alterungsbedingten Zerfallsprozessen mit den Waffen des modernen Archivwesens zu Leibe: Die Matrikel werden bei konstanter Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur aufbewahrt. Für die Pfarrer, die in den Ortschaften der Diözese die laufenden Matrikel führen, existieren genaue Vorschriften, wie die Bücher zu handhaben sind und mit welcher Tinte Eintragungen vorgenommen werden müssen. Tinte kann sich im Lauf der Zeit zu einem wahren Papiervernichter auswachsen. Daher sind viele Bücher aus dem 18. und 19. Jahrhundert zerfallsgefährdet – die Pfarrer benutzten seinerzeit eisenhaltige Tinte. Matrikeln aus den Jahrhunderten zuvor befinden sich dagegen häufig in einem sehr guten Zustand.
Vorsicht vor Dieben
Aus Sicherheitsgründen lagern die Bücher mit den für Familienforscher so wertvollen Daten nicht nur in einem eigenen Magazinraum, sondern auch in einer verschließbaren Regalanlage. Matrikel gehören zu den Schätzen jeder Diözese und werden mit entsprechender Vorsicht gehütet. Die Vorstellung, dass Bände gestohlen werden könnten, hängt mit den bösen Erfahrungen der Vergangenheit zusammen. Bis in die achtziger Jahre verwahrten die Pfarreien ihre Matrikelbücher selbst, und einige gingen durch Diebstähle, falsche Lagerung und Ausleihen verloren, weiß Archivoberrat Dr. Norbert Kandler. Mit Gänsehaut erinnert sich der Archivar an die Zeit, als Matrikel durch unsachgemäßen Gebrauch zerstört wurden und zum Teil verschwanden. Daher gilt seit der Verfilmung der Bücher die Devise: „Matrikel können nur anhand von Mikrofiches eingesehen werden.“
Die in den letzten Jahren gewachsene Popularität der Ahnenforschung betrachtet Kandler mit Verständnis. Wie der Archivdirektor hat auch er sich seinen Ahnen an die Fersen geheftet. Von den Schwierigkeiten, die dabei gelegentlich auftauchen, kann Kandler ein Lied singen. In den Taufmatrikeln der Pfarrei Kirchlauter aus dem 18. Jahrhundert stieß er beispielsweise auf einen Paten namens Balthasar Kandler, der den Angaben zufolge aus Oberneudorf stammte. Fieberhaft suchte der Archivar nach jenem ominösen „Oberneudorf“, das er nicht zu lokalisieren vermochte. Vielleicht wäre das Rätsel nicht zu lösen gewesen, wenn Kandlers Mutter nicht gewusst hätte, dass das zur Pfarrei Jesserndorf gehörende Hofstetten in früherer Zeit Oberneudorf genannt wurde. In den Matrikeln von Jesserndorf fand Kandler dann tatsächlich jenen Balthasar, mit dem er den Familiennamen teilt. Solche Erfahrungen vermitteln einen Eindruck von der Bürde, die auf den Ahnenforschern lastet. „In schwierigen Fällen hilft der zuständige Fachreferent“, versichert Kandler. Auch Nachschlagewerke wie Orts-, Namens- und Wörterbücher stellt das Archiv bei Bedarf zur Verfügung. Grundsatz bleibt aber trotz alledem: „Familienforschung setzt bei uns selbständiges Arbeiten voraus.“
Das Archiv des Bistums Würzburg ist montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 19 Uhr, und freitags von 9 bis 13 Uhr geöffnet.
„Geschichte ist nicht nur etwas Abstraktes, sondern betrifft jeden Einzelnen durch die Vergangenheit der eigenen Familie“, erläutert Professor Johannes Merz, Direktor des Diözesanarchivs. Familienforschung sei ein Zugangsweg zur allgemeinen Geschichte, weil die „dürren Daten“ der Matrikelbücher Aufschluss zuließen über wirtschaftliche und soziale Entwicklungen.
Die Waffen des Archivs
Der Schritt von der überschaubaren privaten Welt hin zum großen politischen Geschehen ist für Familienforscher also nur ein kleiner. Merz weiß dies, weil er schon als Schüler mit dem Moped in Pfarreien unterwegs war und seine familiären Wurzeln verfolgte. Zudem gehören die Belange der Ahnenforscher zum täglichen Brot des Archivdirektors. Vor allem die Erschließung der diözesanen Matrikelbestände erwies sich in den letzten 15 Jahren als organisatorischer und finanzieller Kraftakt. Alle im Archiv befindlichen Matrikel wurden in ihrem inhaltlichen Aufbau erfasst und beschrieben sowie auf Mikrofiches verfilmt. Diese wiederum wurden Stück für Stück auf Vollständigkeit und Lesbarkeit überprüft. Als „sehr aufwändig“ beschreibt Merz dieses Vorgehen, und dennoch führte kein Weg an den Sicherungsmaßnahmen vorbei. In kürzester Zeit zerstört wären die Originalmatrikel, wenn sie durch so viele Hände gingen wie die kleinen, handlichen Mikrofiches.
Für die Erhaltung der Matrikelbücher zu sorgen, gehört zu den grundlegenden Aufgaben des Archivs. Papierzerfall und Tintenfraß sind daher die natürlichen Feinde des Archivars. Kostspielige Restaurierungen fallen an, wenn der Zahn der Zeit an den Aufzeichnungen nagt. Daher rücken die Archivmitarbeiter den alterungsbedingten Zerfallsprozessen mit den Waffen des modernen Archivwesens zu Leibe: Die Matrikel werden bei konstanter Luftfeuchtigkeit und Raumtemperatur aufbewahrt. Für die Pfarrer, die in den Ortschaften der Diözese die laufenden Matrikel führen, existieren genaue Vorschriften, wie die Bücher zu handhaben sind und mit welcher Tinte Eintragungen vorgenommen werden müssen. Tinte kann sich im Lauf der Zeit zu einem wahren Papiervernichter auswachsen. Daher sind viele Bücher aus dem 18. und 19. Jahrhundert zerfallsgefährdet – die Pfarrer benutzten seinerzeit eisenhaltige Tinte. Matrikeln aus den Jahrhunderten zuvor befinden sich dagegen häufig in einem sehr guten Zustand.
Vorsicht vor Dieben
Aus Sicherheitsgründen lagern die Bücher mit den für Familienforscher so wertvollen Daten nicht nur in einem eigenen Magazinraum, sondern auch in einer verschließbaren Regalanlage. Matrikel gehören zu den Schätzen jeder Diözese und werden mit entsprechender Vorsicht gehütet. Die Vorstellung, dass Bände gestohlen werden könnten, hängt mit den bösen Erfahrungen der Vergangenheit zusammen. Bis in die achtziger Jahre verwahrten die Pfarreien ihre Matrikelbücher selbst, und einige gingen durch Diebstähle, falsche Lagerung und Ausleihen verloren, weiß Archivoberrat Dr. Norbert Kandler. Mit Gänsehaut erinnert sich der Archivar an die Zeit, als Matrikel durch unsachgemäßen Gebrauch zerstört wurden und zum Teil verschwanden. Daher gilt seit der Verfilmung der Bücher die Devise: „Matrikel können nur anhand von Mikrofiches eingesehen werden.“
Die in den letzten Jahren gewachsene Popularität der Ahnenforschung betrachtet Kandler mit Verständnis. Wie der Archivdirektor hat auch er sich seinen Ahnen an die Fersen geheftet. Von den Schwierigkeiten, die dabei gelegentlich auftauchen, kann Kandler ein Lied singen. In den Taufmatrikeln der Pfarrei Kirchlauter aus dem 18. Jahrhundert stieß er beispielsweise auf einen Paten namens Balthasar Kandler, der den Angaben zufolge aus Oberneudorf stammte. Fieberhaft suchte der Archivar nach jenem ominösen „Oberneudorf“, das er nicht zu lokalisieren vermochte. Vielleicht wäre das Rätsel nicht zu lösen gewesen, wenn Kandlers Mutter nicht gewusst hätte, dass das zur Pfarrei Jesserndorf gehörende Hofstetten in früherer Zeit Oberneudorf genannt wurde. In den Matrikeln von Jesserndorf fand Kandler dann tatsächlich jenen Balthasar, mit dem er den Familiennamen teilt. Solche Erfahrungen vermitteln einen Eindruck von der Bürde, die auf den Ahnenforschern lastet. „In schwierigen Fällen hilft der zuständige Fachreferent“, versichert Kandler. Auch Nachschlagewerke wie Orts-, Namens- und Wörterbücher stellt das Archiv bei Bedarf zur Verfügung. Grundsatz bleibt aber trotz alledem: „Familienforschung setzt bei uns selbständiges Arbeiten voraus.“
Das Archiv des Bistums Würzburg ist montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 19 Uhr, und freitags von 9 bis 13 Uhr geöffnet.