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    „Wir suchen einen König“

    Das Dipbacher Krippenspiel ist ein wenig anders, als die gewohnte Darbietung in der Kirche: Unter freiem Himmel wird die biblische Geschichte in mehreren Szenen erzählt, die Spielorte wechseln, Publikum und Schauspieler wandern durch das Dorf und folgen dem Stern.
    Petrus meint es gut an diesem 24. Dezember. Der späte Nachmittagshimmel über dem beschaulichen Dipbach (Dekanat Würzburg rechts des Mains) ist klar, die Luft trocken und klirrend kalt auf dem Vorplatz der Pfarrkirche
    St. Ägidius. Die 25 jungen Schauspieler der Kinderkrippenfeier stapfen dick eingemummelt unter ihren Hirtenwesten und Gelehrtenumhängen aus dem angrenzenden Pfarrheim hinaus. Die elfjährige Verena strahlt. „In diesem Jahr bin ich zum ersten Mal ein Hirte, der öfter etwas sagen darf. Neun Sprecheinsätze habe ich im ganzen Stück“, erklärt sie stolz. Ein vierbeiniger Nebendarsteller sitzt an der Seite des Mädchens, die lederne Hundeleine hängt locker in der Kinderhand. „Das ist Frigga. Sie ist schon 15 Jahre alt. Fürs Stück hat unser Nachbar sie uns ausgeliehen“, sagt Verena. Sogar beim Friseur sei der alte Jagdhund für seinen Einsatz heute gewesen.

    Das Dipbacher Krippenspiel ist ein wenig anders, als die gewohnte Darbietung in der Kirche: Unter freiem Himmel wird die biblische Geschichte in mehreren Szenen erzählt, die Spielorte wechseln, Publikum und Schauspieler wandern durch das Dorf und folgen dem Stern. In diesem Jahr ist die 13-jährige Lena dran, ihn zu halten und voran zutragen.
    15.50 Uhr: Immer mehr Familien trudeln auf dem Kirchplatz ein, um an der Krippenfeier teilzunehmen. Im Halbkreis stehen sie vor der ersten „Bühne“, den Treppenaufgängen zu Kirche und Pfarrheim. 16 Uhr, die Kirchenglocke läutet dunkel. Ein kleines blondes Mädchen mit Stirnband hält ein selbst gemaltes Schild hoch: „Jerusalem 780 vor Christus“ steht darauf. Damit alle wissen, wo man sich befindet. Das Spiel beginnt. Eine kleine Gruppe der Darsteller diskutiert schimpfend auf der Treppe des Pfarrheims; Die Zukunft sei unsicher, niemand wisse, was komme und wonach man sich richten könne. Zwei Propheten mischen sich ein und versuchen, die Gunst des Volkes mit Versprechungen auf sich zu ziehen. Dann tritt der Prophet Jesaja – gespielt von der 14-jährigen Judith Fischer – auf den Plan. Neben einem großen grauen Baum aus Holz verkündet sie: „Unser Leben ist wie dieser Baum. Einst blühte er und war kräftig und gesund. Nun ist er krank, genau wie unser Leben. Alle klagen, aber niemand tut etwas.“ Arthur Eisenacher mimt als Mitorganisator den Erzähler und berichtet von den drei Weisen im Morgenland. Das Schild „Babylon, um das Jahr 0“ wird hoch gehalten, über die Köpfe der zahlreichen großen und kleinen Zuschauer. Eisenacher spricht weiter. „Immer wieder gibt es Menschen, die nach dem tieferen Sinn des Lebens fragen. Weit weg vom kleinen Israel in Babylonien, dem heutigen Irak, suchen drei Fremde nach der Wahrheit und dem Sinn des Seins.“

    Drei ältere Mädchen treten als die drei Weisen auf, eingehüllt in bunte Umhänge, entschließen sich, einem Stern zu folgen, „der Gutes verheißt und eine helle Zukunft andeutet“, verkündet eine von ihnen. Begleitet von den Flötenklängen der Musikgruppe zieht die Schauspieltruppe mit den Zuschauern im Schlepptau zur nächsten Station im Dorf. Vorbei an hübsch beleuchteten Fenstern und über die verschlafen wirkende Dorfstraße geht es in den Innenhof der Familie Hertlein. Viele reiben sich die kalten Hände, bevor es weiter geht im stück. Szenenwechsel: Maria und Josef sind dran. Der Erzengel Gabriel verkündet Maria vor dem Gartentor die frohe Botschaft. Langsam senkt sich die Dämmerung über Dipbach, die Zuschauer rücken näher zusammen, die Kleinsten hocken auf den Schultern der Väter, um die Szene auch gut sehen zu können.

    Weiter zieht der Strom über das Kopfsteinpflaster wenige hundert Meter zum Haus der Familie Hart. In der Garageneinfahrt suchen Maria und Josef nach einer Herberge. Ein kleiner Gastwirt weist ihnen den Weg zum Stall – eine andere Unterkunft habe er nicht mehr, erklärt er. Wegen der Volkszählung seien in Bethlehem alle Herbergen belegt. Ein anderer Gastwirt hat eine besondere Ausrede: Er will keinen Ärger und lehnt das Paar auch ab.
    Es geht Dorf-auswärts, dann schräg links die Straße hoch, vorbei an mit Lichterketten dekorierten Vorgärten, immer der Straße nach. Lena reckt sich in ihrem Wagen nach hinten zu ihrer Mutter, Maria Konrad, um. Auf längeren Wegen braucht das behinderte Mädchen einen kleinen Rollstuhl. Die Mutter versteht sofort und nimmt der Jüngsten lächelnd den Stern aus der Hand. Die jungen Arme brauchen eine Pause bis zum nächsten Schauplatz auf der Wiese am Dorfrand. Der Himmel über Dipbach färbt sich prächtig orange-violett, als hätte jemand das Wetter für diesen Abend eigens bestellt. Auf der Wiese angekommen, drängen die Kinder hin zu den Strohballen, die das Lagerfeuer einladend umrunden, über dem ein großer Eisentopf baumelt. Das selbst gemalte Schild „Feld bei Bethlehem“ wird hoch über die Köpfe gehalten. Nächste Szene. Diejenigen, die nicht so dicht an die wärmenden Flammen kommen, ziehen die Schultern hoch und verkriechen sich unter Mützen, Schals und in Handschuhen. Plötzlich blökt es lautstark aus einem kleinen Pferch. Hobbyschäfer Gerhard Mayerhöfer kampiert mit seinen Schafen am Rande der Hirtenszene. Als sich seine Hand behutsam auf den Kopf eines Schafes legt und er mit der anderen ein Stück Brot in die kleine Herde hält, kehrt wieder Ruhe in dem Quartett ein. Die jungen Hirten ergreifen der Reihe nach das Wort. Die drei sehen sich als Verlierer, glauben den Worten anderer, sie seien „ungläubig“ und „unnütz“. Nur der jüngste Hirte macht ihnen Mut. Gott würde ihnen genauso zuhören, wie allen anderen, erklärt er mit lauter heller Stimme. Nach einer kurzen Stille glauben ihm die anderen zwei. Gemeinsam machen sie sich auf und wollen nach den Schafen sehen, die in dieser Nacht ungewöhnlich nervös sind. Und als hätten sie ihren Auftritt geahnt, beginnen die vier Schafe neben ihrem Herrn im Pferch erneut lauthals zu blöken.

    Ein kleiner weiblicher Engel tritt auf, unerschrocken erhebt das Mädchen seine Stimme gegen die der Tiere und verkündet den drei Hirten die frohe Botschaft. Sie berichtet, was sich in dieser heiligen Nacht im Stall zugetragen hat. Den kalten Füßen zum Trotz stapfen die kleinen Hirten wenige Meter weiter zum Stall, an dem sich bereits die drei Weisen eingefunden haben. Auch sie haben sich auf ihrem Weg nicht beirren lassen, berichtet der Erzähler. „Wir suchen einen König, der Stern zieht uns voran.“ Dem sind sie gefolgt und haben den liebevoll hergerichteten Schafstall erreicht, in dem Maria und Josef bereits ihr Kind im Arm halten.