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    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    „Wir leben in Frieden zusammen“

    Im Pfarrhaus von Amorbach ist es kühl und still. Gerade hat Pfarrer Henri Edoh, die Urlaubsvertretung von Pfarrer Christian Wöber, auf dem Laptop seine Mails gecheckt.
     Die aktuelle Freizeitbeschäftigung des 40-jährigen Priesters aus dem westafrikanischen Benin: das Lesen von Jahresberichten, die über den Fortgang der von ihm als Caritasdirektor betreuten Entwicklungshilfeprojekte informieren.   „Heute Abend feiere ich dann die Messe in einem Dorf“, erzählt der Geistliche, der das erste Mal im Bistum Würzburg als „Aushilfspfarrer“ arbeitet. Er freut sich darauf, und er lobt die Frömmigkeit der Menschen im Odenwald. „Die Menschen hier sind sehr gläubig. Sie gehen jeden Tag in die Kirche, um zu beten“, sagt er und lächelt. Dass er dort arbeiten kann, dafür ist Edoh sehr dankbar. Dem Bistum, aber auch allen Haupt- und Nebenamtlichen vor Ort.    In diesem Herbst kann Edoh ein kleines Jubiläum feiern: Vor zehn Jahren wurde er zum Priester geweiht. Ausgebildet wurde er im 100 Jahre alten Priesterseminar in Süd-Benin, 60 Kilometer von Benins Hauptstadt Cotonou entfernt. Dann hat Edoh sechs Jahre das Exerzitienhaus der im Norden Benins gelegenen Erzdiözese Parakou geleitet, das verschiedenste Gruppen von Jung bis Alt besuchen. Seit zwei Jahren steht Edoh als Direktor an der Spitze der Caritas „seiner“ Erzdiözese. Wenn der Caritasdirektor aus seinem Leben erzählt, lacht er gerne. Sein weich klingendes Deutsch hat einen charmanten, französischen Akzent – Französisch ist die Amtssprache in dem westafrikanischen Land.  

    Opfer-Tradition

    Ernst wird er allerdings, wenn er von seiner Abschlussarbeit in Pastoraltheologie erzählt. „Reinigung durch Jesus Christus“ lautete das Thema. Ein für europäische Ohren erst einmal ungewöhnliches Thema. Aber die Reinigung des Menschen durch Christi Blut am Kreuz hat in Benin einen ganz konkreten Sitz im Leben: In Edohs Heimat praktizieren viele Menschen traditionelle Naturreligionen und hängen dem Voodoo-Kult an. „Christus hat für uns gelitten, und er hat uns durch sein Blut gerettet“, sagt Edoh. „In unseren traditionellen Religionen opfern Menschen Hühner- und Hasenblut. Allein Christus kann uns retten.“  

    Das Evangelium verbreiten

    Da viele seiner Landsleute noch nichts von Christus gehört haben, spielt Mission für den Caritasdirektor eine wichtige Rolle: „Viele Leute haben noch nie vom Evangelium gehört. Wir haben viel zu tun, um das Evangelium zu verbreiten.“ Mission, dieser in Europa eher belastete Begriff, für Edoh ist er eindeutig positiv besetzt. Die Verbreitung des Glaubens, um alle Menschen für Christus zu retten, macht ihm Freude, wie er sagt. Konflikte wegen religiöser Fragen gebe es dennoch keine, sagt er. „Die Leute wählen selbst ihre Religion.“ Und so leben in einer Familie manchmal Christen, Anhänger der traditionellen afrikanischen Religionen und Muslime friedlich miteinander. „Wir sind zusammen, und wir leben in Frieden zusammen.“ Schwieriger sehe es allerdings im benachbarten Nigeria aus, wo die islamistische Terrormiliz „Boko Haram“ – was soviel bedeutet wie „Bücher sind Sünde“ – seit einigen Jahren Furcht und Schrecken verbreitet und große Teile des an Bodenschätzen reichen Staates unter ihre Kontrolle gebracht hat. Edoh sagt nachdenklich: „Das ist ein komplexes Problem. Die einen sagen, es ist ein politisches Problem. Die anderen sagen, es ist ein religiöses Problem.“ Eigentlich gehe es aber um Geld und Macht.  

    Nach Wasser bohren

    Mit solchen Problemen sieht sich Edoh in der Erzdiözese Parakou bisher nicht konfrontiert. Dafür steht er vor anderen, buchstäblich existenziellen Aufgaben: Die Caritas koordiniert verschiedene Entwicklungshilfemaßnahmen. Das Geld kommt von drei Nichtregierungsorganisationen (NGOs): dem in Aachen ansässigen Bischöflichen Hilfswerk MISEREOR, der 1971 gegründeten italienischen „Gruppo Missionario Merano“ (GMM) und „Secours Catholique – Caritas France“.    Während er auf dem Laptop verschiedene Präsentationen vorführt, erzählt Edoh begeistert von den vier Schwerpunkten seiner Entwicklungsarbeit. Sauberes Wasser ist in den Dörfern der Erzdiözese Mangelware. Hier setzt die Arbeit der Caritas an: „Wir helfen den armen Leuten in den Dörfern beim Bohren von Brunnen. Denn das Wasser, das sie trinken, ist schlecht.“ Auf den Fotos sind glückliche Dorfbewohner zu sehen, die mit großen Kanistern Wasser aus Brunnen schöpfen. Jedes Jahr würden sieben oder acht Brunnen in der Erzdiözese gebohrt, berichtet der Geistliche stolz. Zu sehen ist auch ein Techniker, der die Wasserqualität überprüft. Das Projekt hat MISEREOR mit 250 000 Euro unterstützt.   Ein zweites, „brennendes“ Problem nicht nur in Benin: der Klimawandel. Die sommerlichen Temperaturen erinnern Edoh an seine Heimat, denn am Tag seiner Landung in Frankfurt am Main zeigte das Thermometer 40 Grad im Schatten. „Es ist so heiß wie in Benin.“ Um für den Klimawandel in seinem Land gerüstet zu sein, baut die Caritas kleine Staudämme, denn die Bauern brauchen Wasser für die Landwirtschaft.  Außerdem werden in vielen Dörfern Bäume gepflanzt. Sie sollen die in den letzten Jahrzehnten abgeholzten Bäume ersetzen. Auch hier hilft MISEREOR – mit 218 000 Euro.   

    Frauen auf dem Lande

    Eine wichtige Rolle spielen auch die teilweise schwierigen Lebensumstände der Frauen auf dem Land. Hier setzt ein drittes Projekt an. „Wir gehen zu den Frauen in den Dörfern, um ihnen zu helfen“, erläutert Edoh. Unterstützung erhalten die Landfrauen in Fragen der Landwirtschaft und der Tierzucht, aber auch der Gesundheitsfürsorge. In dieses Projekt hat „Secours Catholique“ 140000 Euro investiert. Das vierte Projekt nimmt die Menschenrechte in den Blick. Auch in Afrika wird Inklusion zunehmend wichtiger, und so hat MISEREOR 150 000 Euro für die Arbeit mit Behinderten zur Verfügung gestellt.   

    Leidenschaft

    Wenn Edoh von den Projekten berichtet, merkt man ihm die Leidenschaft für das Wohl seiner Landsleute an. „Meine Leidenschaft ist es, die Lebensumstände der Bevölkerung zu verbessern“, sagt er. „Das ist sehr wichtig, weil Gott den Mensch nicht für das Leid geschaffen hat, sondern um gut zu leben.“ Besonders am Herzen liegen ihm in Not geratene Kinder, um deren Unterkunft, Verpflegung und Ausbildung er sich in Zukunft verstärkt kümmern will.    Dann blättert er in der Bibel mit Illustrationen des in Tansania lebenden Münsterschwarzacher Benediktiners Polykarp Ühlein und sucht seine Lieblingsstelle. Sie steht im zehnten Kapitel des Johannesevangeliums. Dort heißt es: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Dieses Motto gefällt anscheinend auch dem Amorbacher Benediktiner aus dem 18. Jahrhundert. Sein Porträt – ein Relikt aus der Blütezeit der 1803 untergegangenen Abtei – hängt hinter Edoh an der Wand. Vergangenheit und Gegenwart, Europa und Afrika auf Augenhöhe.  

    Benin – Informationen über Land und Leute

    ERDIÖZESE PARAKOU. Die Erzdiözese hat ihren Sitz in der gleichnamigen, rund 200 000 Einwohner zählenden Hauptstadt des Départements Borgou im Norden der Republik Benin, an der westafrikanischen Küste gelegen. 1964 wurde sie als Diözese gegründet und 1997 zum Erzbistum erhoben. Zur Erzdiözese Parakou gehören 21 Pfarreien, in denen insgesamt 87 Priester wirken.    Religionen: 2014 bekannten sich zirka 27 Prozent der Bevölkerung zum Christentum, zum Islam 25 Prozent und geschätzte 60 bis 70 Prozent zum Voodoo, da Christentum und traditionelle afrikanische Religionen sich für eine große Zahl der Beniner nicht ausschließen.    Entwicklungsstand: Benin belegt im „Human Development Index“ (Index für menschliche Entwicklung) der Vereinten Nationen den 165. von 187 Plätzen. 2004 starben in Benin, das 2014 10,3 Millionen Einwohner in 42 verschiedenen ethnischen Gruppen zählte, 90 von 1000 neugeborenen Säuglingen. Die Analphabetenrate der Altersgruppe über 15 Jahren lag im März 2005 bei 60 Prozent. Die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes wird vom Ackerbau dominiert.