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Am 1. Advent wird die Partnerschaft der Diözesen Würzburg und Óbidos in Brasilien ein Jahr alt. Die Partnerschaft der Diözesen Würzburg und Mbinga in Tansania begeht im kommenden Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. Dr. Michael Wolf, Mitglied im Vorstand des Diözesanrats der Katholiken im Bistum Würzburg, war in den vergangenen zwei Jahren in beiden Diözesen zu Gast. Mit dem Sonntagsblatt hat er über seine Erfahrungen und die Unterschiede der Bistümer gesprochen.
? Was war Ihr Eindruck von Óbidos in Brasilien?
Óbidos hat – nicht nur bei mir – einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Wir sind überall mit offenen Armen empfangen worden. Die Verhältnisse in Óbidos sind deutlich anders als unsere hier in Unterfranken. Die Menschen dort leben in anderen Verhältnissen, die nur bedingt mit unserer abgesicherten Situation in Deutschland vergleichbar sind.
? Welche Unterschiede gibt es in der Pastoral zwischen Óbidos und Würzburg?
Die Unterschiede liegen in der Lebenssituation der Menschen begründet. Die Kirche wirkt dort viel sichtbarer, gefühlt auch stärker in das tägliche Leben hinein. Nicht zuletzt weil sie Aufgaben übernimmt, die bei uns vom Staat geleistet werden. Die Ausbildung von Laien zu Gemeindeleitern und die Übernahme von Verantwortung für die ihnen anvertrauten Gemeinden ist ein Muss, da die Diözese Óbidos, die etwa halb so groß wie Deutschland ist, nur etwas mehr als 20 Priester zur Verfügung hat. Das gibt der dortigen Pastoral sicherlich ein stärker von Laien geprägtes Aussehen.
Daneben engagiert sich die katholische Kirche mit vernehmbarer Stimme in den täglichen „weltlichen“ Problemen. Besonders beeindruckt haben mich hier die Landpastoral und die Ausbildung in Rechtsfragen, sodass die der Bevölkerung zustehenden Rechte auch durchgesetzt werden können.
Dieses Hineinwirken der Kirche kann man auch am Beispiel von Schwester Brunhilde Henneberger und ihrem Engagement für die Bevölkerung in Juruti Velho klar sehen. Vom Auftrag her kommend Gottes Schöpfung zu bewahren und jedem Einzelnen gerechten Anteil am Reichtum des Landes zu geben, hat sie in der Vergangenheit durch den Zusammenschluss der lokalen Bevölkerung viel Positives erreicht.
? Sie waren heuer auch in Mbinga, der afrikanischen Partnerdiözese von Würzburg. Wie haben Sie das Leben dort erlebt?
Der Besuch in Mbinga fand im Zusammenhang mit der Pastoralreise von Weihbischof Ulrich Boom statt. Das schlug sich auch in der Art der möglichen Kontakte nieder. Die meiste Zeit waren wir bei offiziellen Terminen. Besonders eindrucksvoll war für mich die Lebensfreude der Menschen. Wo immer wir hinkamen, wurden wir mit Musik und Tanz begrüßt.
Augenfällig ist auch die Beteiligung der Kirche an der Entwicklung von Mbinga als Region. Wenn ich die Ausbildungsaktivitäten sehe, die vom Kindergarten bis hin zur fundierten Berufsausbildung reicht, dann muss man sagen: „Hut ab!“.
Hier muss weiter gearbeitet werden und wir können hier auch unseren partnerschaftlichen Beitrag, und den nicht nur durch den Kauf von Partnerkaffee, bringen. Apropos Parterkaffee – nachdem ich in Uturi sehen konnte, wie die Kaffeebohnen von den Frauen in Handarbeit sortiert werden, trinke ich meinen Kaffee doch viel bewusster.
? Wie würden Sie die Unterschiede zwischen Mbinga und Óbidos beschreiben? Wovon können wir profitieren?
Mbinga, Óbidos und Würzburg haben ihren eigenen Charakter. In Óbidos haben wir das klassische Schwellenland, in Mbinga sehen wir doch eher noch das Entwicklungsland.
Wir alle können aber eine Menge voneinander lernen. Für mich persönlich habe ich die zentrale Position der Bibelarbeit mit zurück nach Deutschland genommen. Insbesondere in Óbidos durften wir miterleben, wie stark das Wort Gottes im Zentrum allen Handelns steht.
Ich bin der festen Meinung, dass die Freude am Glauben, die wir an beiden Orten erfahren durften, für uns ein Beispiel sein kann und muss. Wenn wir lernen, dass Kirche nicht ein in sich geschlossener Raum ist, der mit dem täglichen Leben wenig zu tun hat und dies auch leben, dann haben wir hier eine für uns befreiende Erkenntnis: Geh und handle nach deinem Glauben.
Aber wir sollten auch die Begegnung zwischen unseren Partnern nicht aus den Augen verlieren. Wenn wir nächstes Jahr das 25. Jubiläum der Partnerschaft mit Mbinga feiern, werden Afrika, Lateinamerika und Unterfranken aufeinander treffen. Das wird bestimmt spannend.
? Sie sind Mitglied im Vorstand des Diözesanrats der Katholiken in der Diözese. Wie haben sie das Laienengagement bei Ihren Besuchen vor Ort erlebt?
Sehr lebendig. Dadurch, dass insbesondere Óbidos mit einer relativ kleinen Anzahl Priester auskommen muss, ist das kirchliche Leben stark von Laien geprägt. Wenn Padre José nur dreimal im Jahr jede Comunidade (Gemeinschaft, Anm. d. Red.) besuchen kann, dann muss das kirchliche Leben durch Laien aufrechterhalten werden. Hier ist für mich die Breite des Engagements beeindruckend. Aufgaben werden nicht konzentriert – wir kennen ja die Situation, dass sich die Aufgaben schnell vermehren – sondern auf viele Schultern verteilt.
Das entlastet den Einzelnen und gibt der Gemeinschaft den notwendigen Raum. Das Engagement im Diözesanrat ist auch von anderen zeitlichen Anforderungen gekennzeichnet. Der Vorstand des Würzburger Diözesanrates hat jeden Monat eine Sitzung. Auch die Mitglieder, die nicht aus Würzburg kommen, haben wohl eine maximale Anreisezeit von einer oder eineinhalb Stunden. In unseren Partnerdiözesen sieht das etwas anders aus. Eine Anreise von einem Tag ist da keine Seltenheit.
In diesem Jahr war eine Delegation unseres Diözesanrats bei der Konstituierenden Sitzung des Diözesanrats in Óbidos und war von der dort geleisteten Arbeit beeindruckt. Ein Gegenbesuch fand zu unserer Herbstvollversammlung statt. Interessanterweise wurde unter anderem von unseren Gästen sehr diplomatisch angemerkt, dass in unserem Diözesanrat ernsthafte Diskussion und „große Lebenserfahrung“ zusammen kommen. Sollte heißen, in Würzburg sind die Mitglieder deutlich grauhaariger als in Óbidos. In diesem Zusammenhang ist uns allen ein kulturell bedingter Unterschied aufgefallen. In beiden Laiengremien wird konzentriert gearbeitet. Wir machen eine Kaffeepause, in Óbidos wird die Arbeit immer wieder mal durch Tanz und Gesang unterbrochen. Und die Ergebnisse sind bestimmt nicht schlechter als die, die wir in einer typisch europäischen Sitzungsatmosphäre erzielen.
Interview: Sophia Michalzik