Im Grunde ist die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit, Glaube, Spiritualität für junge Menschen zwischen 14 und 16 Jahren ein Dauerthema; nicht umsonst fällt die Firmung in die Zeit der Pubertät, also eine Zeit des Umbruchs und Übergangs, in der Selbstzweifel und starke Gefühle an der Tagesordnung sind. Die Jugendlichen hinterfragen alte Gewissheiten, lernen sich selbst neu kennen, machen sich auf die Suche nach ihrem Platz in der Welt und beziehen eigenständige Positionen. Und genau darin liegt auch die große Chance von Firmvorbereitung und Firmung.
Junge Leute begleiten, bestärken, ermutigen
Stefanie Uphues, Referentin für Katechese im Bistum Münster, beschreibt deren Aufgabe damit, „junge Menschen in dieser Zeit der Lebenswende zu begleiten, sie rituell zu bestärken und zu ermutigen, Verantwortung für die Gestaltung ihres Lebens und der Gesellschaft wahrzunehmen“. Bei der Firmvorbereitung gehe es nicht so sehr um die Vermittlung von Glaubenswissen, sondern darum, Bewusstsein zu wecken und „Erlebnisse zu schaffen, in denen jeder Einzelne spürt: Ich bin nicht allein. Gott ist da, er steckt mitten im Leben, mitten in meinem Alltag, und zwar von Anfang an“, schreibt sie im Heft „Firmung“ der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V. (AKF) Besonders geeignet für die Suche nach Antworten auf Fragen wie „Wer bin ich? Wer will ich sein?“ sind kreative Zugänge. Denn sie sprechen den ganzen Menschen an und haben mit dem Hier und Jetzt zu tun.
Pastoralreferentin Julia Stöhr aus dem Bistum Würzburg hat in ihren Firmkursen deshalb stets dazu animiert, den eigenen Lebensweg mit Kleber, Stiften, Zeitschriften, Stickern und Collagematerial zu gestalten. Alternativ können die Jugendlichen aber auch einen Videoclip schneiden oder sich in einer Fotostory an wichtige Momente ihres Lebens erinnern. „Dabei geht es nicht um objektive Schnittstellen wie Kindergartenbeginn, Einschulung oder Schulwechsel, die jeder auf irgendeine Weise erlebt hat“, sagt sie, sondern um „ganz persönliche Highlights oder Sternstunden, um gute Begegnungen und Erlebnisse, die sich tief in Dein Herz eingeschrieben haben, aber eben auch jene anderen Augenblicke, die einen dunklen Schatten geworfen haben, wie ein Tal oder eine Sackgasse wirken – Enttäuschungen, Scheitern, Einsamkeit, vielleicht sogar Trennung oder Tod.“
Sinnsuche
Die dabei entstehenden Lebenswege können zu einem Ausgangspunkt für Gespräche mit Gleichaltrigen, den Firmbegleitern oder den Eltern sein. Wichtig dabei: Sie sollten sich nicht als Lehrende oder Besserwisser verstehen, sondern als Begleiter auf Augenhöhe.
Die „Sinnsucher“ aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart regen in ihrem Firmkurs dazu an, sich in fünf Modulen mit den Fragen „Wovon träumst Du?“, „Was macht Dich stark?“, „Worauf hörst Du?“, „Woher geliebt?“ und „Wohin gehts?“ zu beschäftigen. Die kreative Umsetzung soll dabei helfen, sich mit sich selbst, der eigenen Berufung und der Kirche auseinanderzusetzen, um einen klareren Blick zu bekommen, schreiben die Macher. Unter dem Stichwort „Wovon träumst Du?“ werden die Jugendlichen aufgefordert, in einer stillen Stunde durch die Lieblingssongs auf ihrem Handy zu scrollen und sich dabei zu fragen, welcher Song „mich und meine Art und Weise die Welt zu sehen am besten beschreibt“.
„Was macht Dich stark?“
Firmling Hans hat „Young, wild and free“ ausgewählt, weil hier „Lebensmut und der Wunsch, die schönen Seiten des Lebens bewusst zu genießen, im Mittelpuinkt stehen. In der folgenden Woche sollte er unter dem Stichwort „Erfüllte Träume“ Bilder aus seiner Handy-Galerie zusammenstellen. Der 15-Jährige ist überrascht, was da zusammenkommt und erkennt, dass sich „manche Träume auch in meinem Alltag erfüllen“ – wie etwa die Pizza mit seinen Kumpels in der Mittagspause, ein farbintensiver Sonnenuntergang beim Gassigang mit dem Hund oder ein sonniger Skitag mit Pulverschnee. Die Einheit „Was macht Dich stark?“ fragt nach den eigenen Charismen. Kreativ umgesetzt wird das, indem die Jugendlichen von jeder Person drei Fotos erstellen – nämlich ein Selfie, eine Selbstinszenierung und einen Blick von außen. Dabei beschäftigen sie sich automatisch mit ihren Fähigkeiten und Grenzen, sie nehmen wahr, was sie selbst besonders gut können und was sie für andere wertvoll macht.
Ein und dieselbe Eigenschaft kann dabei ganz unterschiedlich rüberkommen: Während Hans sich selbst als coolen Abhänger auf der Sonnenlounge inszeniert, stellen die anderen ihn als treuen Kumpel dar, der in sich ruht und auf den man sich verlassen kann. In eine ähnliche Richtung zielt die Wochenaufgabe, bei der die jungen Leute jedes Kompliment oder Lob, das sie bekommen, notieren sollen. Dabei machen die Begleiter klar: „Charismen sind nicht Unperfektheiten, sondern sie sind gottgewollt und damit zutiefst menschlich.“
Erfahrungen ermöglichen
„Erfahrungen ermöglichen – mit sich, der Gruppe, dem Glauben und Gott“ ist das Kernanliegen bei der Firmvorbereitung in der Abtei Münsterschwarzach. Neben Gruppenerfahrungen wie einem gemeinsamen Wochenende stehen auch Erfahrungen mit Gebet, Meditation und Kontemplation auf dem Programm. Dass die alten Formen auch junge Leute ansprechen, beweist Lucas, der das Gebet als „Ritual zum Start in den Tag“ erlebt. „Mit dem Gebet vor Schulbeginn beruhige und fokussiere ich mich“, berichtet der junge Mann. Und zu Hause helfe ihm das Gebet vor allem, „mich mit Gott zu verbinden, zum Beispiel, wenn ich traurig bin und Halt brauche. Durch das Beten habe ich das Gefühl, nicht allein zu sein. Es ist für mich ein Ritus, um Frieden zu finden, es beruhigt und stärkt mich.“
Wege und Erfahrungen wie diese beweisen: Richtig angepackt, kann Firmvorbereitung gelingen und ist nicht nur ein Gewinn für den Firmling selbst, sondern auch für Begleiter und Eltern. Wenn sie denn bereit sind mit einzusteigen, eigene Gefühle zuzulassen, Gesprächsanlässe selbst zu „Unzeiten“ beim Schopf packen und offen sind für das, was kommt. Dann hat Gott eine Chance im Leben und in der Welt.
Anja Legge
Tipps: Das Buch Firmbibel – Starke Geschichten für deinen Alltag von Stephan Sigg zeigt in Kurzgeschichten, dass die Bibel auch heutigen Jugendlichen etwas zu sagen hat; zudem gibt es kostenfrei Arbeitsvorschläge und Vermittlungsideen zum Buch. Das Magazin Firmung. Ein Ja Zum Glauben der AKF in Kooperation mit der Zeitschrift Family richtet sich an Eltern von Firmlingen und beschäftigt sich mit zentralen Fragen rund um die Firmung.