Zum Schutz unserer Mitmenschen vor der Corona-Pandemie, sollen wir verzichten. Wir führen kaum noch ein öffentliches Leben, können nicht ins Kino oder in unser Lieblingsrestaurant, zum Sport oder zu Kulturveranstaltungen.
Kritik an diesem Lockdown der Regierung ist legitim. Jede Einschränkung von Freiheit muss auf den Prüfstand. Wer aber laut Kritik äußert, sollte sich aktuell fragen: Wie bin ich selbst betroffen? Man darf nicht vergessen, dass es gerade Menschen gibt, deren wirtschaftliche Existenz in Trümmern liegt. Friseure, Gastronomen, Künstler und viele mehr üben seit Monaten ihr Gewerbe kaum aus. An den finanziellen Herausforderungen zerbrechen Unternehmen und Familien. Jedes Mal, wenn ich mich über die aktuelle Situation aufrege, muss ich mich fragen: Habe ich gerade echte Probleme oder vermisse ich nur Annehmlichkeiten? Gibt es nicht Menschen, denen es schlechter geht? Was würden diese Leute mir sagen, wenn sie hören, dass ich meckere, weil ich nicht zum Friseur gehen kann oder ein Bier mit Freunden vermisse, die ich per Videoanruf jeden Tag erreichen kann, während sie gerade Privatinsolvenz anmelden mussten?
Und will man sich wirklich für diese Menschen einsetzen, ohne die zu gefährden, deren Leben durch Covid19 beendet werden könnte – wie bei weltweit über 2,1 Millionen Menschen schon geschehen – wenn wir einen weniger strengen Lockdown wollen, dann hilft es nicht, wenn wir mit halbherzigem Infektionsschutz durch die Straßen laufen und „Diktatur“ rufen. Auch hilft es niemandem, wenn wir privat schwach werden, weil wir das normale Leben vermissen. Wir müssen uns als Bürger beweisen und wenn wir etwas ändern wollen, dann können wir das mit Petitionen, Online-Kampagnen oder direktem Kontakt zu Politikern des eigenen Wahlkreises tun. Wahrscheinlich ist das von größerem Nutzen, als schlecht gedichtete Lieder über den bösen Lockdown skandierend durch die Stadt zu ziehen, wie etwa die Demonstranten von „Eltern stehen auf Würzburg“ es tun.
Raphael Schlimbach