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Als die Oberzeller Schwestern im Juli 1965 das ehemalige Heilbad von den Benediktinern übernahmen, hatten sie ein klares Ziel vor Augen: Ganz im Geiste ihrer Gründerin Antonia Werr wollten sie Mädchen und jungen Frauen, die auf dem Strom des Lebens gescheitert sind, eine rettende Hand reichen, sie stärken, begleiten und für ihr Leben befähigen.
Selbstbewusst führt Anna ihren Besucher über das Gärtnereigelände. Kompetent spricht sie über Beetgrößen und Aussaatzeiten, erläutert das Prinzip der Gründüngung und preist mit einem liebenswürdigen Lächeln die selbst gezogenen Auberginen an. Noch vor zwei Jahren stand die junge Frau seelisch am Abgrund, sie hatte eine verstörende Kindheit hinter und keinerlei Perspektive vor sich. Dass Anna heute wieder Licht am Ende des Tunnels sieht, verdankt sie ihren unermüdlichen Begleitern vom Antonia-Werr-Zentrum (AWZ) in St. Ludwig.
Ein langer Weg
Anna wuchs in einer Familie auf, in der Drogen, Alkohol, Gewalt und Kriminalität an der Tagesordnung waren. Eine erste Unterbringung bei Pflegeeltern scheiterte, es folgten Aufenthalte im Kinderheim und erneut bei Pflegeeltern. Mit Mühe und Not schaffte Anna ihren Hauptschulabschluss und kam schließlich im Rahmen einer berufsvorbereitenden Maßnahme nach St. Ludwig. Anna fühlte sich wohl, blieb und absolviert nun seit eineinhalb Jahren eine Ausbildung zur Fachwerkerin im Gartenbau. Was nach einem Happy End klingt, ist eine Etappe auf einem langen Weg und täglich harte Arbeit – und zwar für Lehrer, Erzieher und Therapeuten ebenso wie für Anna selbst.
Denn Annas Vorgeschichte hat tiefe Wunden in ihrer Seele hinterlassen, die sich in heftigen Aggressionsschüben äußern. Mit schonungsloser Offenheit erzählt sie von ihren Ausrastern, wie sie sich „saustark fühlt“, schreit und um sich schlägt. Wenn der innere Druck nachgelassen hat, bleiben Enttäuschung, Scham und Traurigkeit. „Das letzte was ich will ist, dass ich jemandem Angst mache“, sagt Anna. „Ich möchte mich kontrollieren können und lernen mit meiner Wut umzugehen.“
Dank der mannigfaltigen Unterstützung im AWZ ist Anna diesem Ziel bereits ein großes Stück näher gekommen. „Die Menschen hier sind so herzlich und liebevoll, sie ermutigen und fördern uns und schenken uns ihre Zuneigung und Fürsorge. Vor allem aber glauben sie an uns, und das sogar dann, wenn es wieder Ausraster gibt“, lächelt sie dankbar. Apropos Glaube – nicht nur ihren Glauben an sich selbst hat Anna in St. Ludwig wieder entdeckt, sondern auch den an Gott „Als vor einem halben Jahr mein Bruder starb, war ich oft in der Kirche, habe geweint und meine Trauer herausgeschrieen.“ Zu ihrer stillen Begleiterin wurde in dieser Zeit eine der Schwestern aus dem Konvent: „Sie hat mit mir gebetet, ist mit mir durch die Trauer gegangen und wird jetzt meine Taufpatin“, strahlt Anna.
Eine rettende Hand
Außer Anna leben aktuell rund 70 Mädchen und junge Frauen im Alter von elf bis 21 Jahren in der heilpädagogisch-therapeutischen Einrichtung, die von der Kongregation der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu getragen wird. Als die Oberzeller Schwestern im Juli 1965 das ehemalige Heilbad von den Benediktinern übernahmen, hatten sie ein klares Ziel vor Augen: „Ganz im Geiste ihrer Gründerin Antonia Werr wollten sie Mädchen und jungen Frauen, die auf dem Strom des Lebens gescheitert sind, eine rettende Hand reichen, sie stärken, begleiten und für ihr Leben befähigen“, umreißt Geschäftsführerin und Gesamtleiterin Anja Sauerer den Auftrag des AWZ, der sich bis heute nicht verändert hat. Während das Personal in den Anfängen aus Schwestern bestand, kamen seit 1995 immer mehr „Weltliche“ dazu. Heute leben noch 13 Schwestern in St. Ludwig – „ein unbezahlbarer Luxus“, so Sauerer.
Über 2300 Mädchen und jungen Frauen hat das Team von „Happy Louis“ in den vergangenen 50 Jahren zurück ins Leben geholfen. Das Maßnahmenbündel beginnt mit der Unterbringung in therapeutischen und heilpädagogischen Wohngruppen. Zudem werden die Mädchen sozialpädagogisch betreut und können an heilpädagogischen Angeboten wie Reiten, Klettern oder Tanz teilnehmen. Um auch eine berufliche Perspektive zu schaffen, besuchen sie Aufbau-, Mittelschul- oder Berufschulklassen in der angegliederten Von-Pelkhoven-Schule oder absolvieren eine Berufsausbildung in den Bereichen Hauswirtschaft, Schneiderei oder Gartenbau.
Seelische Traumata
Extrem wichtig ist nach den Worten des stellvertretenden Gesamtleiters und Erziehungsleiters Alfred Hußlein die Zusammenarbeit mit Psychologen geworden. „Psychisch kranke, drogen- oder alkoholabhängige Eltern, Vernachlässigung, Misshandlung und sexueller Missbrauch führen zu schweren seelischen Traumata“, berichtet Hußlein. Die Mädchen haben kein Selbstwertgefühl, sie kennen keinerlei verlässliche Beziehungen, leiden unter Depressionen, verletzen und zerstören sich selbst.
„Unsere Antwort auf Geschichten wie diese heißt Wertschätzung, Liebe und Aufrichtigkeit“, so Anja Sauerer: „St. Ludwig soll ein sicherer Ort für die Mädchen sein, ein Ort, an dem ihre Würde trotz aller Verletzungen respektiert wird, an dem sie Antworten auf ihre Sinnfragen erhalten, verstanden und gefördert werden.“ Dazu gehört auch, dass Rückschläge einkalkuliert werden. „Im Moment des größten Zutrauens, dann wenn sie sich sicher fühlen, flippen die Mädels oft völlig aus, weil sie es dann wagen, uns ihren Schmerz und ihre Wut zuzumuten“, so Sauerer. „Doch das wollen wir mit ihnen aushalten und sie nicht – wie so oft in ihrem Leben – aufgeben und weiterreichen.“
Dass das Konzept aufgeht, zeigt auch die Geschichte von Nicole. Als sie mit 13 Jahren nach St. Ludwig kam, hatte sie bereits eine wahre Odyssee hinter sich. Im Alter von sechs Jahren kam sie zum ersten Mal in ein Heim, die Unterbringung in einer Pflegefamilie scheiterte. In St. Ludwig angekommen, wollte sie nichts wie weg. „Doch die Leute hier waren hartnäckig und irgendwann habe ich gemerkt: Die mögen mich, die geben mir eine zweite und dritte Chance, die lassen mich nicht fallen!“ Mittlerweile ist St. Ludwig für Nicole zur Heimat geworden. Wehmütig und ein wenig ängstlich blickt sie auf ihr bevorstehendes letztes Jahr. „St. Ludwig ist das Beste, was mir passieren konnte. Hier habe ich gelernt, immer wieder aufzustehen, und hier habe ich zum ersten Mal Pläne für mein Leben gemacht.“
Zukunftspläne kann auch Jenny wieder schmieden. Nachdem sie mit zwölf Jahren vergewaltigt worden war, änderte sich alles: Jenny verweigerte den Schulbesuch, igelte sich ein, spielte mit Selbstmordgedanken. Nach wiederholten Aufenthalten in der Psychiatrie hat sie sich für eine Unterbringung im AWZ entschieden und endlich wieder „in die Spur gefunden“: „Ich komme heute ohne Medikamente aus und ritze mich nicht mehr“, sagt sie stolz. Mit der Ausbildung zur Maßschneiderin kommt sie auch ihrem Traumberuf Mode-Designerin ein ganzes Stück näher – „und das habe ich den Menschen in St. Ludwig zu verdanken!“
Anja Legge
Es wird gefeiert
25.Oktober, 14.30 Uhr, Benefizlesung mit Pater Anselm Grün „Wurzeln – neuen Halt im Leben finden“; anschließend Kaffee und Begegnung; Kartenvorverkauf unter Telefon 09385/8-0, an der Pforte von St. Ludwig und in der Buchhandlung Münsterschwarzach.
21. November, 19 Uhr, Gottesdienst für die verstorbenen Förderkreismitglieder; ab 20 Uhr adventlicher Basar.
22. November, 11 bis 17 Uhr, adventlicher Basar, Kaffee und Kuchen.
29. November, 17 Uhr ,Konzert mit „Songcraft“ in der Kirche St. Ludwig; Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.
6. Dezember, 10 Uhr, Gottesdienst, ab 11 Uhr Nikolausbrunch im Theatersaal. Um Anmeldung unter Telefon 09385/8-0 wird gebeten.