Klasse M8 dies mit dem ersten Platz beim Cornelsen Förderpreis „Zukunft Schule“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Jetzt ist die Klasse M9 mit einer Schülerfirma angetreten, um die Erdatmosphäre zu schützen und zugleich afrikanischen Kindern zu helfen.
„Nicht erschrecken, wenn das Telefon klingelt und Schüler um einen Besuchstermin bitten. Der Grund für den Besuch ist eher harmlos, die Jugendlichen wollen nur Ihr Geld“, heißt es launig auf der Schulhomepage. Neben Handy, Computer und Internet besitzt Werbung heute mit den größten Einfluss auf die menschliche Existenz. Mit der Gründung einer Werbeagentur begibt sich die Klasse M9 ins Auge des Zyklons. Geworben wird aber nicht für den üblichen Konsumkitsch, sondern für etwas Sinnvolles: für die Aktion „Atmosfair“ und um Schulgeld für bedürftige Kinder in Afrika. „Sie können also gleich zweimal die Welt fair-ändern“ heißt es in schon perfektem Werbedeutsch auf der Internetseite der Schule.
Atmosfair ist eine Gruppe, die um einen Ausgleich für bei Flugreisen entstehende Klimagase bemüht ist. Für jeden Flug berechnet die Gruppe die entstehende Menge an Klimagasen. Dafür geht dann der jeweilige Spendenbetrag an Projekte, die vergleichbare Emissionen verhindern: Mit Dieselaggregaten betriebene Küchen in Indien etwa werden durch Solarküchen ersetzt, in Entwicklungsländern entstehen Arbeitsplätze in Wasserkraft-, Biomasse- und Energiesparprojekten.
Das „zweite Standbein“ der PR-Agentur ist ein Projekt des jungen Priesters Raphael Ndunguru (Bild) aus der Würzburger Partnerdiözese Mbinga/Tansania, der in Würzburg studiert hat. Jetzt versucht er in Afrika Kindern, die sonst nie eine Schule besuchen könnten, eine Bildungschance zu geben. Nur 60 Euro im Jahr reichen für die Schul- und Materialkosten eines Kindes in Tansania.
Damit die Würzburger Schüler ihre Überzeugungsarbeit erfolgreich leisten können, haben sie eine Kurzausbildung absolviert. So gab es etwa einen Rhetorikkurs. „Es ist immer schwierig, mit Fremden zu sprechen und dann noch Geld zu wollen“, sagt Klassenlehrerin Lilo Halbleib. „Manchmal wurden die Schüler ziemlich dumm angeredet und waren sehr frustriert – aber das ist eine gute Lebensschule“.
„Atmosfair“, ein Verein, zu dessen Vorstellung der Geschäftsführer selbst in der Schule war, ist nicht unbedeutend. Auch der Deutsche Fußballbund (DFB) hat die Fußballweltmeisterschaft 2006 klimaneutral gestaltet. Die Kontakte zu Afrika stellte die Lehrerin selbst her – auf Vorschlag ihrer Klasse. Schon durch das „Coltan-Projekt“, mit dem ihre M8 Bundessieger wurde, war der Bezug da. Damals ging es um den Rohstoff Coltan, aus dem Tantal gewonnen wird, ein Bestandteil von Handys. Zu Raphael Ndunguru hat Halbleib persönliche Kontakte.
Die Schüler besuchten immer zu zweit Privatleute, Arztpraxen und Reisebüros. Auch an Firmen, deren Mitarbeiter häufiger fliegen müssen, wollen sie künftig herantreten. Nicht immer stoßen sie dabei auf offene Ohren. „Der Arzt hatte offensichtlich keine Zeit und Lust, uns anzuhören“, berichten Kathrin und Veronika. „Er redete sich raus, war höflich getarnt, aber nicht interessiert.“ Ähnlich erging es Alex und Anton in einem Reisebüro: „Der Mann war an unserer Sache überhaupt nicht interessiert – er hat mit uns gesprochen und gleichzeitig telefoniert.“ Besser liefen da mitunter Besuche bei Privatleuten. „Uns hat jeder interessiert zugehört“, freuen sich Artjem und Michael. Die ersten Erfolge gibt es bereits. Zwei Schulpatenschaften in Afrika sind finanziert.
Dabei waren besonders die Jungen der Klasse anfangs gar nicht so begeistert von der Aktion. Schließlich laufen alle Besuche in ihrer Freizeit ab. Doch inzwischen haben sie die Mädchen überrundet und alle haben ihre drei Mindestbesuche absolviert. Zwei Jungen aus Rottenbauer haben sogar sehr viel mehr Besuche vorzuweisen und schon 85 Euro gesammelt. Die Mädchen haben noch genug Zeit, aufzuholen: Die Aktion läuft noch über ein Jahr. Und schließlich gibt’s für das Engagement auch eine positive Bemerkung im Zeugnis, und ein Ausflug oder ein Besuch auf der Bowling-Bahn sind allemal drin. „Längerfristig hoffe ich, dass durch das Projekt auch berufliches Interesse an Entwicklungshilfeprojekten oder dem Freiwilligen Sozialen Jahr entsteht“, sagt Lilo Halbleib. Auch Berufe wie Altenpfleger/in oder Erzieher/in rückten nach derartigen Projekten in den Vordergrund.
„Klar kommt manchmal auch Unlust auf“, erzählt die Lehrerin. Aber das Leben bestehe nicht nur aus „fun“. „Und die große Zufriedenheit am Ende eines Projektes rechtfertigt das.“ Wenn die aufwendige Aktion im Juli 2007 zu Ende geht, wollen sie und ihre Klasse sich aber erstmal eine Auszeit gönnen und neue Kräfte sammeln. Verdient haben sie’s bei soviel Engagement.
Spendenkonto der Schülerfirma bei der Sparkasse Mainfranken Würzburg:
Kontonummer 44 516 953,
Bankleitzahl 790 500 00,
Stichwort „Afrika“.
Der Einzahlungsbeleg gilt als Spendenquittung.
Bei Atmosfair können Spender unter Hinweis auf die Schülerfirma direkt buchen oder einen Besuchstermin mit den Schülern vereinbaren (Schulsekretariat, 09 31/60 09 70).
Infos im Internet unter „www.hs-heuchelhof.de“, „www.atmosfair.de“.