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Wer die Wahl hat ...
Ja, am 27. September sind Bundestagswahlen, Höhepunkt eines sogenannten Superwahljahres. Doch betrachtet man die jeweiligen Wahlbeteiligungen, gewinnt man den Eindruck, viele Wähler seien heuer vom Winterschlaf übergangslos in Wahlmüdigkeit verfallen. Das machte sich bei den Europawahlen bemerkbar und setzte sich bei den Wahlen in den Bundesländern fort. Dabei erhofften sich Politiker wie Medien, die auch jetzt noch ihre Konsumenten selbst mit unsinnigsten und unwichtigsten Details füttern, quasi einen Obama-Effekt. Warum steckte das Wahlfieber, dem ganz Amerika verfallen war, nicht auch die Deutschen an? Zugegeben, Obama kann man ein Charisma nicht absprechen. Wenn auch seine Strahlkraft im politischen Alltagsgeschäft und angesichts der immensen Zukunftsprobleme verloren hat, so ist ihm ein Talent geblieben, das ihn sympathisch macht. Er ist kein Blender und bekennt sich dazu, Fehler zu machen und kein Übermensch zu sein, der alles weiß und für alles eine Lösung besitzt. Das macht ihn überzeugend und glaubwürdig. Und er gibt sich prinzipientreu, steht zu seinen Zielen, einsichtig genug, sie nicht ohne Risiken verfolgen und sie vielleicht aufgrund notwendiger Korrekturen und Kompromisse nicht, wie gewünscht, erreichen zu können. Dabei bleibt er ein Mensch mit Fehlern und Schwächen. Er besitzt jedoch den Mut zu kämpfen und sogar eventuell zu scheitern, auch wenn seine Absichten noch so edel und selbstlos gewesen sein mögen. Welchem Politiker, welcher Politikerin in Deutschland ist das zuzutrauen? Kaum jemand aus der Politikerkaste ringt sich dazu durch, den Wählern die Wahrheit zu sagen und sich mit ihnen bei auch schmerzlichen Reformen zugunsten einer lebensfähigen Zukunft zu solidarisieren. Leerer Phrasen und der ritualisierten gegenseitigen Schuldzuweisung im Wahlk(r)ampf ist das Wahlvolk mehrheitlich längst überdrüssig. Etwas mehr Obama-Geist, der mit „Yes, wie can“ alle Amerikaner, nicht sich und seine Partei meinte, könnte unseren Politikern nicht schaden. Sonst wäre die Wahl eine echte Qual. Und wer quält sich schon gern zur Wahlurne.