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    Interview mit einer Psychologin über Kriegstraumata bei alten Menschen und wie man ihnen helfen kann

    Wenn Kriegsbilder alte Ängste neu aufleben lassen

    Mütter und Kinder auf der Flucht, zerschossene Häuser, Bombenangriffe, banges Warten im Bunker – Fotos und Fernsehbilder über die Not der Ukrainer nach dem Kriegsausbruch bringen den Schrecken des Krieges ganz nah in unsere Wohnzimmer. Alte Menschen kennen diese Bilder aus ihrer Kindheit. Mancher hat sie gut verdrängt, nun holen sie ihn wieder ein. Christine Sowinski, Diplom-Psychologin beim Kuratorium Deutsche Altershilfe, erläutert im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), wie Angehörige und Pflegekräfte ihnen helfen können, wenn alte Traumata aufleben.

    Wie kann man alten Menschen helfen, die aktuellen Kriegsbilder zu verarbeiten?

    Ältere Menschen äußern meist selbst, wie sie mit dem Thema umgehen wollen. Entweder sie sagen: „Schalt das aus, ich kann das nicht mehr hören.“ Oder sie möchten darüber sprechen. Manche Menschen leiden stumm. Dann ist es hilfreich, sie nicht bewusst zu konfrontieren, wenn sie das erschreckt. Das Erschrecken erkennt man zum Beispiel an der Körperspannung, an einer abwehrenden Haltung.

    Was können Familie und Pflegekräfte konkret tun, wenn sie merken, wie Hochbetagte durch die Kriegsbilder in der Ukraine leiden?

    Das kommt darauf an, wie die Menschen reagieren. Ein hilfreicher Ratschlag in der Begleitung, der beispielsweise in der Pflegeausbildung vermittelt wird, ist: „Der Patient führt“. Man sollte beobachten, was der Mensch möchte. Oft hilft es, darüber zu sprechen. Die heute über 80-jährigen Menschen haben als Kind den Krieg erlebt und überlebt. Sie können sich erinnert fühlen, können aber auch über Kompetenzen verfügen, die jüngere Menschen meist nicht haben, da sie solche Situationen noch nicht erlebt haben.

    Besteht nicht die Gefahr einer Retraumatisierung, wenn sie unter dem Eindruck der aktuellen Berichterstattung über das Erlebte erzählen? Wie können Familienangehörige oder Pflegekräfte dann gegenwirken?

    Bei Traumatisierungen besteht immer die Gefahr der Retraumatisierung beziehungsweise die Gefahr, dass sehr unangenehme Erinnerungen hochkommen. Das lässt sich meist nicht verhindern, da auch alltägliche Situationen an den Krieg oder an andere traumatische Ereignisse erinnern können. Das können Keller, Uniformen, Lieder, Lärm von Flugzeugen oder Sirenen sein. Grundsätzlich ist es bei Erinnerungen an Katastrophen oder Traumata das Beste zu signalisieren: „Ich bin bei Dir. Ich höre Dir zu. Dein Gefühl ist in Ordnung und darf sein.“ Hilfreich ist auch, Körperkontakt zu haben, die Hand dabei zu halten.

    Kann die Kriegsberichterstattung auch eine Brücke sein, über das eigene Erlebte (endlich) zu sprechen? Und wann sollte man kein Gespräch anregen?

    Ja, das ist richtig, die Berichte können eine Brücke zu einem Gespräch sein. Hilfreich ist es, an die Lebenserfahrungen der Menschen anzuknüpfen. Zum Beispiel kann man sie fragen: „Was würden Sie in der Situation in Kiew machen? Würden Sie fliehen? Sollte man in den Bunker gehen? Was ist da zu beachten? Wie muss man sich organisieren?“ Dadurch kommen die Menschen vom passiven Leiden zu ihren Kompetenzen. Wenn der Betroffene aber mit Abwehr reagiert, sollte kein Gespräch angeregt werden.

    Sollte man aus Ihrer Erfahrung demente Menschen besonders schützen, indem beispielsweise TV-Nachrichten und Zeitungen mit Kriegsberichterstattung von ihnen ferngehalten werden? Leiden demente Menschen, die oft mehr in der Vergangenheit als in der Gegenwart leben, vielleicht besonders unter ­Bildern vom Krieg?

    Das kommt darauf an, wie die Menschen reagieren. Ein hilfreicher Satz aus der Pflegewissenschaft in der Begleitung von Menschen mit Demenz ist: Ein ausgedrücktes Gefühl verliert an negativer Kraft. Wenn Menschen mit Demenz Emotionen zeigen und weinen, dann kann das befreiend sein. Ihnen geht es hinterher besser.

    Interview: Angelika Prauß/KNA

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