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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Wenn es drauf ankommt, halten alle zusammen

    ÜCHTELHAUSEN. „Isch entschuldige misch nisch. Isch werd misch nisch bei ihr entschuldigen“, ist das Erste, was ich zu hören bekomme, als ich das Gelände des Hochseilgartens Üchtelhausen (Dekanat Schweinfurt-Nord) betrete. 25 Kinder aus dem Rheinland zwischen acht und 14 Jahren und ihre sechs Betreuer werde ich heute bei ihrem Event auf dem Gelände der Jugendhilfe Maria Schutz, einer Einrichtung der Kreis-Caritas Schweinfurt, begleiten. Die Kinder rennen wild durcheinander, schubsen sich. Und auch so mancher Kraftausdruck ist zu hören. Ob sich die Trainer bei diesem Chaos mit ihren Einweisungen auch durchsetzen können ...?
    Justin, ein offensichtlicher Unruheherd, ist gerade mal acht Jahre alt und dennoch frech wie Oskar. Marvin und Helmut, beide 13, erzäh­len, dass sie nicht mitklettern dürfen, weil sie „Scheiß gebaut haben“. Andreas Waltenmeier, Leiter des Hochseilgartens, bittet die Kinder um Ruhe und stellt ihnen ihre Trainerinnen Sabine Koch und Pat­ricia Dengler vor. Er selbst wird auch mitmachen, wie er sagt. Schnell ist erklärt, wie man die Gurte anlegt. „Ihr müsst jetzt aufeinander aufpassen. Sorgt dafür, dass es nicht nur euch, sondern auch den anderen gut geht“, macht Trainerin Sabine deutlich. Auf spielerische Weise sollen die Kinder bei ihrer ersten Übung Diszip­lin und Teamfähigkeit erlernen.  Eine Holzwand, etwa vier auf zwei Meter, wird für sie bei diesem Spiel zur imaginären Felswand. 

    Vorsicht, Kannibalen

    Um bei der Klettertour auch den Ehrgeiz der Kinder zu wecken, sollen sie sich ein kleines Szenario vorstellen: Justin, der aufgeregte kleine Junge, hat sich den Fuß gebrochen und muss deswegen still auf einem Stuhl sitzen bleiben. Alle Kinder, einschließlich des Ver­letzten, müssen aber die steile Felswand überwinden. Außerdem müssen sie sich sputen, da ihnen Kannibalen auf den Fersen sind. Der Ehrgeiz der Gruppe ist plötzlich da. Jetzt halten alle zusammen und sie schaffen es tatsächlich, innerhalb weniger Minuten einen jeden hinüber zu ziehen oder zu heben.  

    Als ein kleineres Mädchen zu weinen beginnt, halten alle inne, um sie zu beruhigen. Es ist erstaunlich, wie liebevoll die größten Rabauken ihr Mut zusprechen. Nach diesem Etappenerfolg gibt es erst einmal eine Brotzeit. Die Trainer erzählen währenddessen, dass es ihnen ganz besonders auf die Individualbetreuung der Teilnehmer ankommt. Deshalb darf auch nur eine Gruppe pro Termin teilnehmen, da ihrer Meinung nach der Hochseilgartenbesuch keine Massenveranstaltung werden soll.

    Pädagogische Betreuung

    Dass die Pädagogen sich die Kinder schon ganz genau angesehen haben, merkt man, als es an die Einteilung zu den Klettergruppen geht. Die Unruhestifter werden von einander getrennt und auf die drei Gruppen aufgeteilt, so dass es nicht mehr zu Reibereien zwischen ihnen kommt. Kein Wunder, dass die Kinder ein bisschen Angst bekommen, als sie nun das große Klettergelände betreten. Von nahem sehen die etwa 13 Meter hohen Stämme noch gewaltiger aus als von weitem. Die Kons­trukte aus Seilen, Gartenschlauchstücken, Draht und Holzplanken zwischen dem hochaufragenden Gerüst wirken wie bi­zarre Takelagen und Masten eines alten Segelschiffs. Jetzt kommt das Wichtigste: das Sichern. Jeder, der auf den Geräten klettert, muss mit speziellen Seilen und Karabinern gesichert werden. Befestigt sind diese am Gurt. Unten steht einer, der das Seil straff hält. So kann sich der Kletternde bei Balanceakten daran festhalten und stürzt im Notfall nicht ab. Diese Aufgabe bekommen zunächst Helmut und Marvin, quasi als Bestrafung für ihr schlechtes Benehmen. Die beiden schauen ziemlich „bedröppelt“, denn jetzt würden sie doch auch gerne dort oben auf der „broken bridge“ und auf dem „catwalk“ balancieren oder klettern. Die „broken bridge“ ist wie eine Hängebrücke konstruiert, nur gänzlich ohne Geländer und mit klaffenden Spalten, wo die Bohlen fehlen. Der „catwalk“ ist ein nicht enden wollender langer Balken, auf dem man nur mit Hilfe eines Halteseils entlang spazieren soll – „wie eine Katze“, erklärt Trainerin Sabine. 

    „Irgendwie spannend“

    Die ersten Mutigen wagen den Aufstieg, doch allzu sicher fühlen sie sich nicht. Zunächst müssen sie über Leitern und Sprossen am Stamm die Startplattform in neun  Metern Höhe erklimmen. Dies gelingt noch, doch auf die schwankenden Seile oder Balken zu steigen und dort zu balancieren, kos­tet mehr Überwindung als erwartet. Die „broken bridge“ etwa erweist sich als weitaus wackeliger, wenn man erst oben steht. Die mit Gartenschlauch umwickelten Stahlseile wirken wenig vertrauenerwe­ckend. Vivien (14) traut sich unter viel Zuspruch schlussendlich doch hinüberzusteigen und wird abgeseilt. Unten angekommen, schie­ßen ihr Tränen in die Augen. „Ich hatte so Angst beim Runterlassen, dass ich falle. Bin ich froh wieder unten zu sein. Irgendwie war es auch spannend. Ich bin stolz, dass ich es geschafft habe“, sprudelt es aus ihr heraus. Nach einer halben Stunde will sie schon wieder hoch. Helmut und Marvin dürfen nach zuverlässigem Sichern als Belohnung doch noch klettern. „Ich hatte wirklich das Gefühl, dass ich so richtig verantwortlich für denjenigen bin, der oben ist“, sagt Helmut, während er sich vorbereitet. „Man merkt sofort, wie wichtig es ist, aufmerksam und konzentriert zu sein. Ich würde niemals herumalbern und riskieren, jemanden fallen zu lassen, es geht hier ja um Leben und Tod.“ Und Marvin fügt hinzu: „Ich hatte auch ein bisschen Angst, gerade als meine Betreuerin oben war, die ist ja schwerer als ich und ich wollte nicht, dass sie runterfällt, weil ich doch leichter bin. Aber Dominik hat mich ja dann festgehalten. Wenn es drauf ankommt, müssen eben alle zusammenhalten.“ 

    Eindrucksvolles Ergebnis

    Dieser Satz beeindruckt mich besonders, da sich die Kinder ja wenige Stunden zuvor noch heftig gezofft hatten. Für mich spricht Marvin das aus, was ich als Außenstehende auch schon bemerkt hatte:  Das Konzept des Hoch­­seilgartens ist so angelegt, dass Teilnehmer der Kletterpartie durch spaßige und spannende Erlebnisse und durch kör­perliche Herausforderungen Fortschritte im sozialen Ver­halten machen können, ebenso in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Die Gruppe demonstrierte, wie das Durchleben von Angst und Stress am Schluss ganz nebenbei zum Erfolgserlebnis für die Gemeinschaft wurde. Am Ende des Tages stritten die Kinder kaum noch, im Gegenteil. Ein spontanes: „Haste klasse gemacht“ oder „Voll gut, wie du dich da noch gehalten hast“ war öfters zu hören. Einige, die anfangs Bedenken hatten, schwangen sich zu ungeahnten Hö­hen auf. Nach diesem Ausflug schien jeder stolz auf sich und die anderen zu sein. So auch die Betreuerin Beate Gehrmann: „Ja, das ist schon toll zu sehen, wie gut sie sich plötzlich vertragen können.“ 

    Infos rund um den

    Hochseilgarten

    Der Hochseilgarten in Üchtelhausen bei Schweinfurt ist ganzjährig geöffnet und kann von Gruppen oder Familien nach Anmeldung die ganze Woche über besucht werden.Mitmachen kann jeder zwischen vier und 75 Jahren.Infos und Kontakt: Hochseilgarten Üchtelhausen, An der Haak 11, 97506 Grafenrheinfeld, Telefon 09723/9104-0, Fax 09723/9104-40; I.