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      Wie geht es dem Fairen Handel im Bistum? − Eine Bestandsaufnahme

      Weltläden in Zeiten von Krisen

      Die Wirtschaft kränkelt. Inflationsbedingt wird es für viele Menschen schwieriger, ihr Leben zu ­finanzieren. Nicht nur der klassische Einzelhandel spürt die Konsequenzen. Auch Weltläden sind be­troffen – zumindest zum Teil. Anlässlich der „Fairen Woche“, die bis zum 29. September geht, berich­ten Läden aus dem Bistum.

      Dass man sich möglichst zurückhalten möchte, spüre er in Bezug auf seinen Weltladen nicht, sagt Franz-Josef Selig aus Haßfurt. „Unsere Kunden kaufen aus Überzeugung, wirtschaftliche Veränderungen machen sich in unserem Umsatz nur wenig bemerkbar“, so der Vorstand des Haßfurter Vereins „Partnerschaft Dritte Welt“. Der Umsatz sei konstant. Das ist erfreulich. Aber bei weitem nicht überall in Unterfranken der Fall. „Unser Umsatz ging während der Pandemie zurück, er hat sich seitdem erholt, ist aber noch immer nicht ganz auf dem Niveau von 2019“, sagt Norbert Dietzel vom Weltladen in Bad Neustadt. Vor allem die Laufkundschaft sei viel zurückhaltender geworden.

      Weltläden sind mehr als Handel

      Fair einzukaufen, ist mehr als eine noble Geste. Darauf weisen Weltläden das ganze Jahr über, aber ganz besonders bei der „Fairen Woche“ hin. Der Verkauf ist nur eine Säule der vielfältigen Arbeit, die in Weltläden geleistet wird, erläutert Norbert Dietzel. Durch Bildung sollen Veränderungen im Verbraucherverhalten erreicht werden. Ein Dilemma sei, dass Fairer Handel darauf abzielt, Menschen im Globalen Süden bessere Einkünfte zu bescheren. Das könne nur durch höhere Preise erreicht werden: „Was bedeutet, dass unsere Produkte nicht für alle Menschen hierzulande erschwinglich sind.“

      Anders als riesige Supermärkte bieten Weltläden nicht die gesamte Bandbreite an Lebensmitteln aus Fairem Handel an. Doch selbst in kleineren Läden wie jenem in Bad Neustadt verkaufen 30 Ehrenamtliche Kaffee, Reis, Öl, Honig, Zucker, Nüsse, Wein, Gewürze, Tee, Kakao, Schokolade und Säfte. Die Kunden, die das Sortiment kennen, kommen immer wieder. Zufallskunden hingegen verirrten sich seltener in den Weltladen, bedauert Dietzel. Er vermutet, dass dies an der krisenbedingt wachsenden Zahl an Leerständen in Bad Neustadt liege. Die Innenstadt, wo auch der Weltladen be­heimatet ist, verliere an Attrak­tivität.

      Auch im Würzburger Weltladen bleiben die Krisen ein Dauerthema. „Sorgen macht mir vor allem, dass die Entwicklung womöglich weitergeht und dann unsere Produzentinnen und Produzenten in den Ländern des Südens darunter leiden werden“, sagt Geschäftsführerin Maria Sauter. Die meisten Produzenten seien nicht sozial abgesichert: „Der Wegfall der Einkünfte aus dem Fairen Handel wäre für sie teilweise lebensbedrohend.“ Dem Würzburger Weltladen selbst wurde durch die Corona-Krise ein leichter Umsatzrückgang beschert. Auch aktuell sei ein leichter Rückgang spürbar.

      Stammkunden bleiben treu

      Die meisten Stammkunden aus Würzburg bleiben treu, obwohl die Preise der Produkte gestiegen sind. „Unsere Kundinnen und Kunden tolerieren die gestiegenen Preise, da sie ja wissen, dass es für unsere Produzenten nötig ist, genügend Lohn zu erhalten, um menschenwürdig leben zu können“, sagt Maria Sauter. Wie das Laden-Team feststellt, werden vor allem sehr teure Kunsthandwerksprodukte nicht mehr so oft gekauft. Und so liegt die Hoffnung auf der Vorweihnachtszeit.

      Ziel der „Agenda 2030“ wird verfehlt

      Die jüngsten Krisen gingen auch am Weltladen in Bad Kissingen nicht vorbei. „Obwohl wir nur ehrenamtliche Mitarbeiter haben, wird unser Jahresüberschuss, den wir in Form von Spenden weitergeben, in diesem Jahr voraussichtlich geringer ausfallen“, sagt Bianca Key vom Laden-Team. Viele Produkte seien im Einkauf erheblich teurer geworden: „Die gestiegenen Einkaufspreise wirken sich auf unsere Verkaufspreise aus.“ Die Erhöhung der Strom- und Gaspreise werden den Überschuss am Jahresende wohl zusätzlich drücken: „Bereits jetzt bemerken wir einen Umsatzrückgang.“

      Geht es nach der „Agenda 2030“ der internationalen Staatengemeinschaft, soll bereits in sieben Jahren extreme Armut weltweit der Vergangenheit angehören. Dieses Ziel scheint nicht realistisch. Laut Berit Schurse vom Weltladen in Aschaffenburg haben Produzenten in den Ländern des Südens noch immer unter den Corona-Folgen zu leiden. Wenn es um weltweite Gerechtigkeit geht, so Schurse, sorgt zudem die Erderwärmung für neue Rückschläge. Gerade in der Landwirtschaft zeigten sich die Folgen „teilweise schon dramatisch“.

      „Auch um unserer selbst willen ist es dringend notwendig, globale Ungleichheiten zu beseitigen und für mehr Klimagerechtigkeit zu sorgen“, appelliert die hauptamtliche Referentin. Unsere Nahrungsmittel kämen zu einem großen Teil aus den Ländern des Südens: „Die Kaffee-, Kakao- und Bananen-Produktion ist längst durch die Klimakrise bedroht, da sich vermehrt Schädlinge ausbreiten.“

      Überraschend unbekannt

      Zu ihrem großen Erstaunen ist der Faire Handel in Lohr manchen Bürgern noch immer unbekannt, sagt Evelyn Günther vom Lohrer Weltladen „Pa­moja“. Dabei gebe es sie jetzt schon seit 21 Jahren. Menschen vom Fairen Handel zu überzeugen, sei keine einfache Aufgabe. Auch das Team in Lohr am Main stellt fest, dass die Kunden zurückhaltender einkaufen. „Viele Urlauber und auch junge Leute besuchen unseren Laden, sie sind aber größtenteils mehr an kleineren Geschenken in­teressiert.“

      In Karlstein am Main hat Annette Frenz ein großes Interesse an der Ausbreitung der Idee „Fairer Handel“. Zu vermitteln, dass es wichtig ist, fair einzukaufen, sei in den aktuellen Krisenzeiten tatsächlich schwieriger geworden, bestätigt die Vorsitzende des Eine-Welt-Vereins Karlstein. Der Karlsteiner Weltladen musste während der Corona-Krise einen Einbruch des Umsatzes von rund zehn Prozent verkraften. „Den haben wir auch bis heute nicht wieder aufgeholt“, so Annette Frenz. Die im Weltladen angebotenen Produkte wurden auch in Karlstein jüngst teurer. Vom Preisanstieg seien vor allem Kunsthandwerk und Lebensmittel betroffen.

      Pat Christ

      Faire Woche 2023

      Die Faire Woche 2023 geht bis zum 29. September. Dieses Jahr liegt der Schwerpunkt auf dem Thema Klimagerechtigkeit. Das Motto lautet „Fair. Und kein Grad mehr“. Organisiert wird die Aktionswoche vom „Forum Fairer Handel“ in Kooperation mit dem „Weltladen-Dachverband“ und „Fairtrade Deutschland“. Die Schirmherrschaft übernimmt Svenja Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Zur Aktions­woche finden deutschlandweit Veranstaltungen statt. Wer Interesse hat, kann sich auf der Internetseite www.faire-woche.de/kalender unter Eingabe einer Postleitzahl Veranstaltungen in der Nähe suchen.    red