Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr
    Ein Friedhof für Heimatverbunde und jene, die Franken ins Herz geschlossen haben

    Weinbergsruhe

    Wenn es um die eigene Beerdigung geht, sorgen viele Menschen zu Lebzeiten vor. Nicht nur die Entlastung der engsten Angehörigen spielt eine Rolle, immer häufiger wird die letzte Ruhestätte auch zum Ausdruck der eigenen Biografie.

    Immer mehr Menschen entscheiden sich für eine Feuerbestattung. Die letzte Ruhestätte ist damit nicht länger an den örtlichen Friedhof gebunden. Beliebt sind Waldfriedhöfe, von Friedweinbergen hingegen haben vermutlich die wenigsten gehört. Dabei liegt einer der wenigen deutschlandweit im Bistum Würzburg, in Nordheim an der Volkacher Mainschleife.

    Regelmäßig finden dort kirchliche Beisetzungen statt. Malte Krapf ist als Pastoralreferent für Nordheim zuständig. Er sagt: „In den Pfarrgemeinden hier hat es nie Kontroversen um den Friedweinberg gegeben. Bedenken gibt es allenfalls, ob wir es personell stemmen können, auch Auswärtigen hier ein letztes Geleit zu geben“. Denn viele langjährige Urlauber möchten unter Rebstöcken bestattet werden. Am Platz wird es nicht scheitern. Die Bürgermeisterin des Weinortes, Sybille Säger, verrät: „Wir haben auf dem Friedweinberg mehr freie Plätze als Einwohner in Nordheim.“

    Nur wenige Bestattungsunternehmen weisen auf die Möglichkeit von Beisetzungen in Friedweinbergen hin. Eines davon liegt in Berlin, das eher für schlechtes Bier als für guten Wein bekannt ist. Bestatterin Asta Maria Krohn erklärt das Interesse an Friedweinbergen so: „Berlin besteht ja inzwischen aus vielen Zugezogenen. Wenn also jemand verstirbt, der aus einer Weinregion stammt und Weinliebhaber gewesen ist, könnte ich ihn in seiner Heimat auf einem Friedweinberg bestatten lassen“. Was aus Berliner Sicht exotisch wirkt, liegt für Menschen aus Weinregionen nahe. Als Vorreiter für den neuen Trend gilt das rheinland-pfälzische Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Idee zum Friedweinberg kam vor knapp zehn Jahren von Bürgern aus dem Ort selbst.

    Zum Jubiläum eingeweiht

    Zurück nach Nordheim. Dort erzählt Bürgermeisterin Säger, wie wenig später Nordheim zu seinem Friedweinberg kam: „Die Idee zu einem Friedweinberg hatte es im Gemeinderat schon länger gegeben. Im Rahmen unseres 1100-jährigen Gemeindejubiläums 2018 haben wir die Entscheidung getroffen und im Jubiläumsjahr den Friedweinberg eingeweiht – so wurde bei einem besonderen Ortsjubiläum ein besonderer Ort eröffnet – für die Zukunft.“ Auf einem früheren Weinberg direkt am Friedhof wurden 186 neue Weinstöcke gepflanzt. Um so einen Weinstock herum können bis zu acht Urnen beigesetzt werden. Familienweinstöcke sind ab vier Urnenstellen möglich. Säger erinnert sich: „In Nordheim wurde das sehr offen kommuniziert und die Bürger waren begeistert davon“. Besonders attraktiv sei der Friedweinberg für Angehörige, die die Gräber ihrer Verstorbenen nicht selbst pflegen können. Genauso wie für Menschen, die inmitten vertrauter Kulturlandschaft eine naturnahe Ruhestätte wünschen.

    Ökologisch verlockend

    „Im Friedweinberg stehen Rebstöcke mit wenig bis gar keinem Fruchtansatz. Die paar Trauben, die doch wachsen, werden bereits im Fruchtansatz entfernt, da aus pietätsgründen keine Lebensmittel dort wachsen dürfen und schon gar kein Wein daraus entstehen darf“, erklärt die Nordheimer Bürgermeisterin. Die Pflanzen würden nicht gespritzt, und biologisch abbaubare Urnen seien ohnenhin vorgeschrieben. Friedweinberge sind ökologisch und kulturell verlockend und so schauen sich durchaus mal Vertreter anderer Kommunen in Nordheim um, auch ein Hospizverein aus Miltenberg zeigt Interesse am Konzept.

    Symbolik

    Neben Kultur und Ökologie sieht Pastoralreferent Krapf die spirituelle Dimension: „Der Weinstock ist ein wichtiges biblisches Symbol. Das Jesuswort aus dem Johannesevangelium ‚Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben‘ deutet auf die Gemeinschaft mit Christus hin, in die die Toten natürlich eingeschlossen sind.“ Pflanzen generell symbolisieren das Leben und der Weinstock, wie kaum eine andere Pflanze, seit Jahrtausenden die Freude daran. Wie passend: Gleich neben dem Friedweinberg befindet sich die neue Nordheimer Kindertagesstätte.

    Stephan Steger, Liturgiereferent des Bistums Würzburg, kennt den Friedweinberg in Nordheim. „Für ihn gelten die allgemeinen diözesanen Bestattungsregeln. Eine christliche Bestattung ist dort jederzeit möglich“, versichert der Theologe. Dass rund um die Weinstöcke nur Urnengräber vorgesehen sind, stelle kein Problem dar. Steger erläutert die Position der katholischen Kirche: „Bereits seit den 1960er Jahren sind Feuerbestattungen auch für Mitglieder der katholischen Kirche möglich“. An der Mainschleife fremdeln Katholiken schon länger nicht mehr mit Feuerbestattungen. Malte Krapf bestätigt, dass im Pastoralen Raum an der Mainschleife zwei Drittel aller Begräbnisse Urnenbeisetzungen sind, nur geringfügig weniger als im bundesweiten Mittel der Gesamtbevölkerung.

    Mit dem Friedweinberg hat die Gemeinde Nordheim einer regionalen Bestattungskultur Wege geebnet. „Wir leben vom Wein und mit dem Wein“, sagt die Bürgermeisterin Sybille Säger. Offenbar gilt dies auch über den Tod hinaus.

    Jens-Eberhard Jahn