Aschaffenburger Geschäftsleute zählen seit Jahren ganz selbstverständlich zu den Besuchern des Cafés Grenzenlos in der Frohsinnstraße 10, wo täglich – von Montag bis Freitag und sonntags von 10 bis 16 Uhr – rund 140 warme Mahlzeiten ausgegeben werden. Die mehr als zehn verschiedenen Gerichte auf der regelmäßig wechselnden Speisekarte kosten zwischen 60 Cent und zwei Euro und in Notsituationen überhaupt nichts; sonntags gibt es auch Frühstück. Wer kann, stockt den Betrag nach eigenem Ermessen auf und wirft seine Spende in eine eigens dafür aufgestellte Sparbüchse.
Seit seiner Inbetriebnahme im März 1999 ist das Caf in der Innenstadt immer sehr gut besucht, erzählt Peter Klein. Der Diplom-Sozialarbeiter, der den Arbeitslosentreff des Diakonischen Werks Untermain leitet, ist ein Gründungsmitglied des Vereins „Grenzenlos“ ebenso wie der Diplom-Kaufmann und Gastwirt Harry Kimmich. Von diesem stammt in der Hauptsache die Idee zur Gründung diese ungewöhnliche Cafés, das von etlichen Aschaffenburger Gastronomen unterstützt wird. Viele Firmen nutzen inzwischen die Möglichkeit, ein Sponsoring in Höhe von jeweils 250 Euro zu übernehmen. Als Gegenleistung bekommen die Gönner werbewirksame Veröffentlichungen im Internet und in der Presse.
Kein normales Kaufhaus
Keimzelle des Kaufhauses Grenzenlos, des zweiten großen Projekts des Vereins, war die Kleiderkammer des Diakonischen Werks in der Frohsinnstraße 10, die schon kurz nach ihrer Gründung aus allen Nähten platzte. Einige Jahre war das „etwas andere“ Kaufhaus in der Aschaffenburger Herstallstraße angesiedelt, doch auch dort wurde der Platz knapp, so großen Erfolg hatte das Konzept vom ausschließlichen Verkauf gespendeter Waren. Wie das Café Grenzenlos lebt das Kaufhaus nur von Sach- und Geldspenden.
Der heutige Standort des Kaufhauses in der Kleberstraße am Hauptbahnhof hat einen großen Vorteil: Er liegt gleich neben dem Arbeitslosentreff des Diakonischen Werks, mit dessen Arbeit das Kaufhaus eng verzahnt ist. Zwei streng getrennte Kassen sorgen aber dafür, dass die Zuständigkeiten gewahrt bleiben: Für die Kleider- und Haushaltswarenabteilung mit Bücherei zeichnet der Arbeitslosentreff verantwortlich, für die Lebensmittelabteilung der Verein Grenzenlos.
Das Kaufhaus sieht auf den ersten Blick aus wie ein ganz normales, kleines Unternehmen, so gut ist alles organisiert. Jeden Morgen macht der vereinseigene Kleintransporter die Runde bei all den Lebensmittelhändlern und Bäckern, die Waren kostenlos abgeben: vom Apfelkuchen über Milchprodukte bis hin zum Zucker. Einer der insgesamt 40 Mitarbeiter – die meisten davon sind Ehrenamtliche und viele selbst bedürftig – sortiert Salat und Gemüse aus, damit alles appetitlich aussieht, wenn montags bis donnerstags von 13 bis 16 Uhr und freitags von 13 bis 17.30 Uhr die Kunden kommen.
„Schwitzen statt Sitzen“
In der Kleiderabteilung sind die Sachen ordentlich nach Größen und Farben geordnet. Es riecht frisch und einladend, und wer möchte, kann zum Probieren in eine Umkleidekabine gehen. Die moderne Ausstattung ist zum Teil von Aschaffenburger Geschäften gespendet, zum Teil wurde sie von Leuten aus dem Arbeitslosentreff gezimmert. Die tägliche Kleinarbeit des Sortierens, Reparierens und Präsentierens erledigt ein Stab gut aufeinander eingespielter Frauen und Männer. Zu den Mitarbeitern im Kaufhaus – sie haben zumeist befristete Arbeitsverträge – zählen übrigens auch Straffällige, die zu „Schwitzen statt Sitzen“ verurteilt worden sind, oder Sozialhilfeempfänger, die im Zug des städtischen Projekts „Hilfe zur Arbeit“ eine Gegenleistung für die „Stütze“ erbringen müssen.
Rund 100 Menschen kaufen täglich in der Kleiderkammer ein, zwischen 180 und 280 in der Lebensmittelabteilung. Während Textilien, Haushaltswaren und Bücher an alle Kunden abgegeben werden (zu zwei verschiedenen Preisen für Arme und Reiche), gibt es Lebensmittel nur gegen Vorlage eines so genannten „Grenzenlos-Passes für Bedürftige“. 30 Cent kostet ein Warenkorb, den jeder nach seinen eigenen Wünschen bestücken darf. Familien mit Kindern bekommen entsprechend mehr. Die Lebensmittel völlig kostenlos abzugeben, hält Klein für nicht sinnvoll: „Was gar nichts kostet, zählt oft nichts.“
Mit 15000 Euro beziffert Klein die monatlichen Kosten (Wareneinkauf, Miete, Energie) der Grenzenlos-Hilfsprojekte für Menschen in Not: für Sozialhilfeempfänger, Rentner, allein erziehende Mütter oder Väter, Obdachlose und Langzeit-Arbeitslose. Um diese Kosten decken zu können, ist der konfessionell und politisch völlig ungebundene Verein ständig auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Denn außer von der Bundesagentur für Arbeit erhält Grenzenlos keine öffentlichen Gelder.
Rund 1000 Menschen in und um Aschaffenburg besitzen bereits einen Grenzenlos-Pass. Dieser kann in der Ludwigstraße 5, beim Arbeitslosentreff oder bei der Sozialberatung Grenzenlos, beantragt werden, deren Räume vor dem Kaufhaus liegen. Auf Anfrage wird dort auch kostenlose juristische und medizinische Beratung vermittelt. Geöffnet montags, mittwochs und freitags von 10 bis 12 Uhr und dienstags von 16 bis 18 Uhr.
Wer möchte helfen?
Wer bei den Grenzenlos-Hilfsprojekten für Menschen in Not mithelfen möchte, kann Mitglied werden (sechs Euro Jahresbeitrag – nach oben „grenzenlos“) oder Geld auf folgende Spendenkonten überweisen: Sparkasse Aschaffenburg-Alzenau Kontonummer 240 112599, BLZ 79550000 oder Volksbank Aschaffenburg Kontonummer 50300, BLZ 79590000.
Nähere Auskunft gibt es im Internet unter „www.grenzenlos-ab.de“. Das Café ist zu erreichen unter der Telefonnummer: 06021/362266; das Kaufhaus: 06021/218197; die Sozialberatung 06021/459272.