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    Weltweit lädt die Gemeinschaft Sant’Egidio am 25. Dezember zum Weihnachtsessen ein – auch in Würzburg

    Weihnachten mit den Armen

    Weihnachten verbinden viele mit gutem Essen und gemütlichem Beisammensein in der Familie. Doch das ist längst nicht für alle so. Entweder weil keine Familie existiert, weil das Geld für das Nötigste fehlt oder beides zusammen. Die Gemeinschaft Sant’Egidio nimmt sich während des gesamten Jahres der Armen an und vergisst sie auch an Weihnachten nicht.

    Jedes Jahr lädt die Gemeinschaft Sant‘Egidio zum Weihnachtsessen ein. Um diese Veranstaltungen organisieren zu können, braucht es viele fleißige Hände. Einer, der sich seit Jahren engagiert und zur Gemeinschaft gehört, ist Klaus Reder. Er lehrt Ethnologie und Volkskunde an der Universität Würzburg.

    Verbindliches Miteinander

    Als er zum Studium nach Würzburg zog, suchte er Gottesdienste, in denen er nicht bloß in der Bank sitzen musste, sondern ein wirkliches Miteinander erleben konnte. Außerdem suchte er nach eigener Aussage die Verbindlichkeit einer Freundschaft ohne Ordensstruktur. Gefunden hat er dies in der Gemeinschaft Sant‘Egidio. Dort engagiert er sich seitdem.

    Aufgewachsen in einem kleinen Dorf im Grabfeld, war ihm ein familiäres Umfeld immer wichtig. Doch ebenso wichtig ist es ihm, Feste zur jeweils vorgesehenen Zeit zu feiern. „Es tut weh, wenn Menschen niemanden haben, und es ist eine Herausforderung, niemanden alleine zu lassen“, sagt er. Susanne Bühl gehört ebenfalls der Gemeinschaft an und äußert sich ähnlich. „Für uns ist Weihnachten schön, für Ärmere oft etwas Furchtbares.” Deshalb organisiert die Gemeinschaft jedes Jahr ein Weihnachtsessen am 25. Dezember.

    Vorbild ist das große Weihnachtsmahl von Sant‘Egidio in der römischen Basilika Santa Maria in Trastevere. In Würzburg gab es ähnliche Größenordnungen. „Wir waren bis zu 1500 Menschen in der Posthalle”, sagt Susanne Bühl.

    Familiär und freundschaftlich

    Doch mittlerweile habe man sich auf drei Orte aufgeteilt: die Marienkapelle in der Würzburger Innenstadt, Heilig Kreuz und St. Albert in anderen Stadtteilen. Kleinere Feste seien besser. Viele Teilnehmenden kennen sich außerdem bereits. Das mache es sehr familiär. Außerdem werden die Gäste nicht Gäste genannt, sondern Freunde. Die Freundschaft mit den Armen ist ein Grundprinzip der Gemeinschaft.

    Umso schwieriger war die Zeit während der Pandemie. Ein gemeinsames Essen war nicht möglich. Nach einer Andacht und einer kleinen Bescherung in der Kirche gab es das Weihnachtsessen zum Mitnehmen. In diesem Jahr freuen sich darum die Beteiligten, wieder gemeinsam am Tisch sitzen zu dürfen. Essen To Go gibt es nur noch für diejenigen, die alleine sein möchten.

    Essen und Geschenke

    Neben dem Weihnachtsessen gibt es außerdem für jeden ein persönliches Geschenk. Die Spenden werden in den Tagen zuvor in einer sogenannten Geschenke-Werkstatt gesammelt. Organisiert wird all das über das eigens ab dem 6. Dezember eingerichtete Weihnachts-Telefon. Hier rufen Menschen an, die mithelfen wollen, die Spenden abgeben wollen oder die andere Menschen kennen, die man zum Weihnachtsfest einladen könnte.

    Bei der Geschenke-Werkstatt handelt es sich um eine Turnhalle, in der die Geschenke sortiert, verpackt und einer konkreten Person zugeschrieben werden. Da sich die Menschen untereinander kennen, werden die Geschenke mit Bedacht zugeteilt. Dass es in Krisenzeiten wie diesen schwieriger sei, ausreichend Spenden zu erhalten, kann Klaus Reder nicht bestätigen. Er sei beeindruckt, wie viele Menschen etwas vorbeibringen. „Die Leute sagen ganz bewusst, ich will teilen”, vermutet er.

    Seine Motivation zieht er aus dem Weihnachts-Evangelium. Er wolle seinen Teil dazu beitragen, dass die Ankunft des Herrn für alle Wirklichkeit werde und nicht nur für wenige Auserwählte. Reder will möglichst viele teilhaben lassen an der Weihnachtsfreude. Deshalb feiert er das Weihnachtsfest jedes Jahr nicht nur mit der eigenen Familie, sondern auch mit denen, die keine Familie haben. „Für mich war Weihnachten schon immer so”, erklärt er. Als Kind sei er beim Weihnachtsblasen in Altenheimen dabei gewesen, als Ministrant habe er mitgeholfen, Geschenke an Bedürftige zu verteilen.

    Weihnachten mit der Familie

    Doch auch die eigene Familie, die „Kernfamilie”, wie Klaus Reder sie nennt, hat ihren Platz. Am Vormittag des Heiligen Abends besuchen Klaus Reder und andere Mitglieder der Gemeinschaft alte und kranke Menschen. Der Rest des Tages gehört seiner Familie. Mittags wird etwas gegessen, abends folgen die Christmette und die Bescherung. Ein klassisches Weihnachtsessen gibt es auch. „Selbstgemachtes Schaschlik“, verrät Reder.

    Der erste Weihnachtstag steht dann ganz im Zeichen des Weihnachtsessens der Gemeinschaft Sant‘Egidio. Bereits früh am Tag kümmert sich Klaus Reder mit anderen um die letzten Erledigungen. Anschließend werden die Gäste abgeholt. Das Fest kann beginnen. Am zweiten Feiertag werden noch einmal alte und kranke Menschen besucht. Wenn sich die Feiertage dem Ende zuneigen, lässt Klaus Reder das Fest gemütlich ausklingen. Meistens sei er dann ziemlich müde, aber mindestens ebenso glücklich. Glücklich über ein gelungenes Fest mit der Familie und mit seinen Freunden bei Sant’Egidio.

    Alexandra Thätner

    Sant‘Egidio ist eine Neue Geistliche Gemeinschaft, die 1968 in Rom gegründet wurde. Seit den 80er Jahren gibt es sie in Würzburg. Der Gründer Andrea Riccardi traf sich mit Freunden, um in der Bibel zu lesen. Sie betrachteten die Evangelien mit einem besonderen Blick auf die Armen. Leitmotiv der Gemeinschaft ist der Umgang Jesu mit den Armen. Dieses wollen die Engagierten außerhalb bestehender Strukturen wie etwa Pfarreien ernstnehmen und umsetzen.

    Weltweit zählt die Laienvereinigung rund 70000 ehrenamtlich Engagierte in ihrer Gemeinschaft. Zentrale Elemente der Gemeinschaft sind das Gebet, die „Freundschaft mit den Armen”, der ökumenische und interreligiöse Dialog und der Einsatz für Frieden und Menschenrechte. Das erste Weihnachtsessen fand 1982 in der römischen Basilika Santa Maria in Trastevere statt. Mittlerweile lädt die Gemeinschaft in über 70 Ländern der Welt zum Weihnachtsfest ein. Zu den Gästen gehören alte Menschen, Obdachlose, Kranke, Behinderte, Ausländer und viele mehr. In Deutschland gibt es in etwa 15 Städten solche Feste. Organisiert werden die Veranstaltungen von Freiwilligen, die Finanzierung erfolgt mit Hilfe vieler Spender.