Auf der Weltsynode in Rom werden erstmals Frauen ein Stimmrecht haben. Die deutschen Bischöfe wollen dabei für ihre Reformanliegen werben: mehr Rechte für Frauen in der Kirche, mehr Mitbestimmung der Kirchenbasis, mehr Anerkennung für sexuelle Minderheiten. Doch das Problem ist: Nicht alle deutschen Bischöfe wollen das. Und viele Bischöfe aus anderen Ländern auch nicht.
Was Papst Franziskus will, ist unklar. Einerseits will er eine „offene Kirche für alle“. Andererseits kritisiert er den deutschen Reformprozess Synodaler Weg als zu elitär und ruft zum Kampf gegen die „sogenannte Gender-Kultur“ auf. Sein Botschafter in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, hat die Bischöfe zu Beginn ihres Treffens in Wiesbaden entsprechend ermahnt, am binären Menschenbild der Bibel festzuhalten: Gott habe den Menschen als Mann und Frau erschaffen. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern dürfe nicht zugunsten einer individualistischen Wahlfreiheit geleugnet werden.
Anderes beschlossen
Bei ihrem Synodalen Weg hat die Deutsche Bischofskonferenz dagegen zusammen mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) etwas ganz anderes beschlossen: Das im März mit großer Mehrheit verabschiedete Papier „Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt“ wendet sich gegen eine „Abwertung trans- und intergeschlechtlicher Menschen insbesondere durch die Unterstellung einer ‚Gender-Ideologie‘“. Der Papst solle dafür Sorge tragen, dass Betroffene „in unserer Kirche unbeschadet, ohne Anfeindungen und ohne Diskriminierung“ leben können.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat gegen dieses Papier gestimmt. In seiner Predigt beim Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz in der Kirche Sankt Bonifatius in Wiesbaden machte er deutlich, warum die Kirche seit 2000 Jahren in Maria, der Mutter Jesu, ein Vorbild für alle Christinnen und Christen sieht: Allein Gottes Wille und Wunsch war für sie maßgebend. Laut biblischem Zeugnis sagte Maria dem Engel Gottes: „Ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe, wie du es gesagt hast.“
Freiheitsverständnis
Kein Bischof wird dem widersprechen. Aber viele deutsche Amtsbrüder von Woelki möchten, dass die Kirche sich zugleich für das moderne Verständnis von Freiheit als Autonomie des Subjekts öffnet. Nicht zuletzt auch deshalb, weil zu oft kirchliche Amtsträger unter Berufung auf Gottes Willen Menschen manipuliert und missbraucht haben. Seelsorger sollen „die Freiheit, und das heißt gerade auch die Gewissensfreiheit des anderen, sehr ernst nehmen“, heißt es in der Arbeitshilfe gegen geistlichen Missbrauch, die in Wiesbaden präsentiert wurde. Für Betroffene soll es unabhängige Beraterinnen und Berater in Anlaufstellen geben. Täter sollen zur Rechenschaft gezogen werden.
„Ich weiss genau ...“
Woran kann man geistlichen Missbrauch erkennen? Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sieht die Grenze dort erreicht, wo jemand sagt: „Ich weiß genau, was für dich richtig ist.“ Seelsorger und geistliche Begleiter dürften niemanden in die Abhängigkeit führen: „Ich darf meine Stimme und Idee nicht mit der Stimme Gottes verwechseln.“
Die Uneinigkeit innerhalb der Bischofskonferenz bezüglich des Synodalen Wegs wurde in Wiesbaden nicht überwunden. „Ich glaube nicht, dass da jemand jetzt seine persönliche Einschätzung und seine im Gewissen getroffenenen Entscheidungen verändert hätte“, sagte der Vorsitzende, der Limburger Bischof Georg Bätzing, zum Abschluss des viertägigen Treffens. Aber bei der Weltsynode gebe es auch Teilnehmer aus anderen Ländern, die aufs Reformtempo drücken. Bätzing zeigte sich daher zuversichtlich: „Ich erwarte viel.“
Drei Jahre nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Suizidbeihilfe forderten die Bischöfe erneut eine Stärkung der Suizidprävention in Deutschland. Damit assistierter Suizid nicht zur gesellschaftlichen Normalität werde, brauche es ein Schutzkonzept und eine gesetzliche Regelung.
Bätzing reagierte vor Journalisten zudem kritisch auf Pläne der Bundesregierung, Abtreibung zum verbindlichen Teil des Medizinstudiums zu machen. „Es ist der Gewissensentscheidung von Ärzten anvertraut, ob sie sich in diesem Feld engagieren oder nicht“, sagte Bätzing. „Ärzte haben Leben zu schützen.“
Zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz wurde der Fuldaer Bischof Michael Gerber gewählt. Er folgt in diesem Amt auf den früheren Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode.
Bernward Loheide (KNA)/red