Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

    Lernen Sie das Sonntagsblatt kennen – kostenlos und unverbindlich

      Mehr

      Von Indianer bis Burgfräulein

      Wiesentheid. Eine braune Hose und ein waldgrünes Oberteil hat Simon schon angezogen. Dass er dieses Jahr zu Fasching als Robin Hood geht, erkennt man auf den ersten Blick. Nur die Kopfbedeckung fehlt noch. „Da haben wir auch noch was Passendes“, sagt Christa Schraut. Sie geht zielstrebig zwischen Kleiderstangen voller bunter Kostüme hindurch und zieht aus einem Stapel von Perücken, Hüten und Mützen einen grünen Filzhut hervor. „Tadaa!“, ruft sie und setzt ihn Simon auf. Im Kostümverleih der Kolpingsfamilie in Wiesentheid (Dekanat Kitzingen) wird jeder fündig.
      Mit knapp 3000 Kostümen platzen die drei Räume in der Industriestraße der 4800 Einwohner zählenden Marktgemeinde fast aus allen Nähten. „Jedes Jahr kommen die Kostüme von den Schautänzen und Faschingsgruppen aus unserem Ort neu hinzu“, erklärt Sigrid Stöcker, Mitarbeiterin im Kostümverleih. „Uns von Kostümen zu trennen fällt uns dagegen sehr schwer“, fügt Christa Schraut lachend hinzu. Bevor die Frauen Kleidungsstücke wegwerfen, weil eine Naht aufgegangen oder ein Knopf abgefallen ist, greifen sie schon mal selbst zu Nadel und Faden und reparieren.   

      Vom Dachboden in Extra-Räume

      In diesem Jahr feiert der Kostümverleih bereits sein 20-jähriges Jubiläum. Alles fing damit an, dass die vielen Kostüme, die für die Schautänze meist in Eigenregie genäht wurden, auf dem Dachboden des Pfarrheims verschwanden. Christa Schraut fand das schade: „Wenn man mal weiß, wie viel Zeit, Enthusiasmus und Geld in so einem Kostüm steckt, dann ist es traurig, wenn es nie wieder gebraucht wird.“ Und weil die gelernte Hutmacherin mit dieser Meinung nicht alleine war, holte sie gemeinsam mit einigen Frauen am Fest der Epiphanie die Kostüme vom Dachboden in den Spiegelsaal des Pfarrheims – und die Idee des Kostümverleihs war geboren.    „Damals hatten wir noch nicht die Masse an Kostümen. Heute würde das Geschleppe nicht mehr funktionieren“, sagt Schraut. Als die Firma Göpfert in ein neues Gebäude umzog, stellten sie dem Kostümverleih die Räume zur Verfügung. Seitdem sind Christa Schraut und ihre sieben Kolleginnen ganzjährig für die Kunden da – ehrenamtlich. Einmal im Monat öffnen sie den Kostümverleih für eine Stunde. Vier oder fünf Mitarbeiterinnen sind immer da. In der Faschingssaison können die Kunden sogar dreimal in der Woche kommen. „Aber unter der Hand werden die Türen auch mal häufiger geöffnet“, sagt Sigrid Stöcker. Denn Anlässe, in eine andere Rolle zu schlüpfen, gibt es genug: Mottopartys, Musicalaufführungen in Schulen, historische Umzüge oder Geburtstagsfeiern. „Bei uns ist für jeden etwas dabei.“   Und das hat sich herumgesprochen. Längst kommen die Kunden nicht mehr nur aus Wiesentheid und Umgebung. „Heuer ist ein Ehepaar extra aus dem Schwarzwald angereist, um ein Starlight-Express-Kostüm auszuleihen“, erzählt Sigrid Stöcker. „Da bin ich aber ins Schwitzen gekommen, als ich gehört habe, dass die zwei Stunden hierher fahren“, fügt Christa Schraut hinzu. Eine so weite Anreise kommt dann doch eher selten vor.  

      Patenschaft für SOS-Kind in Afrika

      Für acht Euro darf sich der Kunde ein Kostüm samt Kopfbedeckung, Schuhen und Accessoires zusammenstellen und eine Woche behalten. Mit den Einnahmen werden der eigene Verein „KoKaGe Wiesentheid“ unterstützt sowie Reparaturen und neue Kostüme bezahlt. Doch das ist den Frauen nicht genug. Sie haben eine Patenschaft für die kleine Frieda übernommen, die im SOS-Kinderdorf in Namibia (südliches Afrika) lebt. „Da würden wir gerne mal zusammen hinreisen und sie besuchen“, sagt Christa Schraut. Aber natürlich nicht in der Faschingssaison, oder? Ann-Christin Ladermann