Seit der Gründung des Bistums Würzburg im Jahr 742 sind die drei irischen Wandermönche Kilian, Kolonat und Totnan nicht mehr aus der Bistumsgeschichte wegzudenken. Doch nicht nur die Franken verehrten ihre Frankenapostel glühend, auch aus Kilians Heimat kamen zahlreiche Pilger nach Würzburg. Zu ihrer geistlichen und leiblichen Versorgung stiftete der Würzburger Bischof Embricho 1135 ein Jakobus geweihtes „Schottenkloster“, das von irischen Benediktinern besiedelt wurde. Nach der Weihe einer ersten Kapelle wurde 1146 die Abteikirche vollendet. Während der nördliche Turm einstürzte und im gotischen Stil wiederaufgebaut wurde, steht der romanische Südturm noch heute. 1397 wurde die Abtei jedoch durch aufständische Bürger geplündert und verfiel. Zwischen 1506 und 1516 sorgte Abt Trithemius, berühmter Schriftsteller und Historiker seiner Zeit, für ein kurzes Aufblühen, bis der Bauernkrieg den erneuten Niedergang brachte. Fürstbischof Julius Echter ließ das Kloster neu besiedeln, doch bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts war die Kirche wieder in desolatem Zustand. Nach der Renovierung der romanischen Basilika wurde das Kloster schließlich 1803 aufgehoben: Das Langhaus wurde Militärmagazin, ins Kloster kam eine Munitionsfabrik und ein Militärlazarett. 1945 wurde die Klosteranlage zerstört.
Belebender Neuanfang
Doch mit dem endgültigen Niedergang kam auch ein belebender Neubeginn, als 1946 die Salesianer Don Boscos in die Ruinenlandschaft einzogen. Der Ordensgemeinschaft, die 1859 von dem italienischen Priester Giovanni Bosco gegründet wurde, gehören heute etwa 17500 Mitglieder an. Durch ihren tatkräftigen Einsatz wollen sie dazu beitragen, dass das Leben junger Menschen gelingt. Spiritualität und Pädagogik der Salesianer sind von ihrem Namenspatron Franz von Sales geprägt: Seine Menschlichkeit, sein fröhlicher Optimismus und seine geistige Weite flossen in Don Boscos „Pädagogik der Vorsorge“ ein, die sich durch Güte, Liebe, Religion und den Glauben an den guten Kern in jedem jungen Menschen auszeichnet.
In Deutschland leben derzeit rund 400 Salesianer in 40 Niederlassungen; gemeinsam mit über 1500 Angestellten begegnen sie in Jugendhilfeeinrichtungen, Schulen und Ausbildungszentren den vielfältigen Nöten der Jugend. Die erste deutsche Niederlassung entstand 1916 in Würzburg und war zunächst gegen Miete im Augustinerkloster untergebracht. 1919 zog das Lehrlingsheim dann in den vom Katholischen Arbeiterverein gekauften Burkardushof im Mainviertel. Nachdem das Anwesen 1945 in Schutt und Asche gelegt worden war, erhielten die Salesianer als Wiedergutmachung die Ruinen des ehemaligen Schottenklosters. Bereits im April 1946 zogen 26 Jugendliche in den stark beschädigten Fürstenbau ein und bauten an Stelle des ehemaligen Konventbaus ihr neues Wohnheim auf. 1956 konnte auch die Kirche wiedergeweiht werden – auf den Namen Don Boscos. Eine neue Ära begann gegen Ende der 70er Jahre, als dem Diözesan-Caritas-Verband die Errichtung einer Sonderberufsschule für Lernbehinderte im Dualsystem genehmigt wurde. Einen starken Partner fand man in den Salesianern, die nicht nur die dafür notwendigen Räume zur Verfügung stellten, sondern auch für die Unterbringung der Schüler im Internat sorgten. 1980 begann man so unter Leitung von Pater Andreas Neumeier mit dem Bau eines Berufsbildungswerks im großen Stil, das 1987 bezogen werden konnte.
Überregionale Einrichtung
Heute ist das Berufsbildungswerk unter Trägerschaft der Salesianer Don Boscos und des Diözesan-Caritas-Verbands eine überregionale Bildungseinrichtung zur beruflichen und gesellschaftlichen Rehabilitation für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf. Ziel ist es, jungen Menschen mit Lernbehinderung durch eine qualifizierte Berufsausbildung die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Aktuell werden etwa
Doch die Salesianer stellen nicht nur Gelder und Räumlichkeiten zur Verfügung, sondern leisten auch persönlich einen unverzichtbaren Beitrag: So will Direktor Albert Link als Religionslehrer an der Don-Bosco-Berufsschule den Jugendlichen das Gefühl vermitteln, dass sie ernst genommen werden. „Achtung statt Ächtung“ lautet sein Programm. „Viele, die über Jahre hinweg hören mussten, dass sie nichts zustande bringen, blühen hier richtig auf“, weiß er aus Erfahrung. Auch sein Mitbruder Michael Krämer, Diplom-Sozialpädagoge, Internatsbetreuer und Diakon, weiß genau worum es geht: „Wir haben zwar nicht den Nürnberger Trichter, aber wir können Schuhlöffel sein und immer wieder ermuntern, Mut machen, unterstützen.“ Bruder Moritz Oswald, Schreinermeister und Ausbilder, hat seine eigene Formel gefunden: So bildet der Schweizer mit vier Kollegen die 27 Lehrlinge nicht nur nach den neuesten handwerklichen Standards aus, sondern versteht es auch, sie persönlich anzusprechen: Ganz in der Tradition Don Boscos lockert der zaubernde Salesianer angespannte Situationen durch kleine Kunststücke auf.
Darüber hinaus sind die Salesianer auch in der Pfarrseelsorge tätig: Pater Manfred Hofmann in Würzburg-Lengfeld und Pater Johannes Neuner in Kirchheim. Neben Konvents-Senior und Mitbegründer des Berufsbildungswerks, Pater Andreas Neumeier, gehören noch drei externe Mitbrüder zur Gemeinschaft: Seelsorger Klaus Dewes, Berufsschullehrer Georg Wagner und Pater Amir aus Indien, der derzeit in Würzburg promoviert. Traditionsgemäß sorgen sich die Salesianer schließlich auch um das Wohl der Pilger. Denn trotz der Neuweihe auf Don Bosco ist die Kirche immer noch eine Jakobskirche, die jährlich von etwa 150 Pilgern aufgesucht wird.
Dienstpläne bestimmen Alltag
Die engagierte Kloster-Gemeinschaft ist so vor allem durch ihre vielfältigen Aufgaben bestimmt. Gebetszeiten, in denen alle sechs Ordensmänner beisammen sind, gibt es kaum. Die Dienstpläne führen zwangsläufig dazu, dass die Mitbrüder sich oft die Klinke in die Hand geben. Und dennoch: Die „Patchwork-Gemeinschaft“ – wie Pater Albert es scherzhaft nennt – versucht stets die Waage zu finden zwischen täglichem Dienst und unverzichtbarer Gemeinschaft in Gott – getreu dem Motto: „Christus unseres Lebens Inhalt – Don Bosco unseres Lebens Form.“