Aus kleinen Anfängen ist Großes entstanden: Nach 60 Jahren ist die Katholische Büchereifachstelle heute das Herzstück eines dichten Netzes von rund 240 öffentlichen katholischen Büchereien im Bistum. Der langjährige Medienreferent Prälat Berthold Lutz hat die Fachstelle 1956 gegründet. Bis heute unterstützt sie Bibliotheken – von der Einrichtung bis zur Medienbeschaffung – und sorgt für die Aus- und Fortbildung der rund 2150 ehrenamtlichen Mitarbeiter.
Zum katholischen Büchereiangebot gehört die nur wenige Räume umfassende, klassische Pfarrbücherei – heute oft eine der letzten Begegnungsstätten auf dem Dorf –, genauso wie die große Vertragsbücherei, bei der Kommune und Diözese gemeinsamer Träger sind. Die Stadtbücherei Miltenberg mit 26 ehrenamtlichen Mitarbeitern und Vorlesestunden für Kinder, Online-Katalog, Fernleihe und der Möglichkeit, über das Internetportal „Leo Nord“ elektronische Medien herunterzuladen, zählt zu den großen.
Auch bei der 2013 eröffneten Bücherei im Wasserschloss in Rottendorf (Dekanat Würzburg rechs des Mains) arbeiten Diözese und Gemeinde zusammen. Im früheren Pfarrhaus ist ein schicker Treffpunkt für Leseratten jeden Alters entstanden. Er hat sechsmal in der Woche geöffnet und bietet ein Lesecafé mit romantischem Ausblick auf einen Seerosenteich.
Durch die enge Anbindung an die Fachstelle kann man flexibel auf Entwicklungen reagieren. So haben die Mitarbeiter in Rottendorf auch eine „Asylothek“ eingerichtet, die für Zuwanderer Bücher in leichter Sprache anbietet. Diese richtet sich aber auch an Interessierte mit deutscher Muttersprache. „Die Mitarbeiter der Fachstelle haben stets ein offenes Ohr, wenn es Fragen zu neuen Büchern und Empfehlungen gibt“, bestätigt Leiterin Karin Gruber.
52000 Besucher
In der Fachstelle, die seit 1964 ihren Sitz am Kardinal-Döpfner-Platz 5 hat, kann man seit neuem in einem Ausstellungs- raum in neuen Büchern blättern, um sie sogleich für die eigene Bücherei zu bestellen. Außerdem helfen die Mitarbeiter bei der Darbietung der Bücher und der Einrichtung der eigenen Bücherei. Nicht zuletzt gibt es Tipps zu Fördermöglichkeiten.
In sechzig Jahren ist es dem Team gelungen, selbst in kleinen Orten ein vielfältiges Bildungsangebot aufzubauen. 2015 nutzten rund 52000 Besucher die katholischen Büchereien im Bistum. 3387 Veranstaltungen fanden statt.
260 Neue Büchereien
Dabei hatten gerade einmal zwölf Pfarrbüchereien die NS-Diktatur überlebt. Mit einem Darlehen begann danach die Arbeit in den Räumen des Arena-Verlags in der Zeller Straße. „Wir hatten buchstäblich nichts, nicht einmal einen Bleistift, erinnerte sich die langjährige Geschäftsführerin Rita Hammerich, Mitstreiterin von Gründervater Lutz. Von Bischof Döpfner 1953 für literarische Aufgaben freigestellt, baute der als Jugendbuchautor erfolgreiche Schriftsteller und Medienexperte die Büchereiarbeit auf. Zwischen 1957 und 1959 wurden 260 Büchereien gegründet.
Eine von ihnen war der „Bücherzoo“ am Würzburger Johanniterplatz, eine außergewöhnliche Bücherei, die damals als unvermeidbarer Zwischenstopp beim Einkaufsbummel galt. Zwischen Bücherregalen hing ein Käfig mit einem Papagei, standen Aquarien mit Fischen und ein Terrarium. Ein Angebot für Kinder wie dort gab es in der Stadtbücherei damals noch nicht. Gleichzeitig richtete die Diözese die „Buch-Etage“ in der Theaterstraße 20 mit Sachliteratur und Büchern für Erwachsene ein. In der „Liborius-Wagner-Bücherei“ am Kürschnerhof wurden beide 1975 zusammengelegt.
Christian Ammon