Zu dem Symposium hatte neben dem Liturgiereferat des Bistums der Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg eingeladen; so waren auch zahlreiche Studentinnen und Studenten gekommen. Manche erlebten zunächst die Schönheit der Liturgie aus ungewohnter Perspektive: Sie waren Ministranten bei einem festlichen Pontifikalamt mit Kardinal Danneels als Hauptzelebranten. Mit dem „Zeitzeugen“ des Konzils – er studierte an der Päpstlichen Universität Gregoriana – konzelebrierten unter anderem Bischof Friedhelm, der auch die Predigt hielt, und Weihbischof em. Helmut Bauer.
In der Feier kam eine breite Vielfalt musikalischer Möglichkeiten in der nachkonziliaren Liturgie zum Ausdruck: Motette, Wechselgesang, Gregorianik, Gemeindelieder ... Ausführende waren die Würzburger Dommusik unter Leitung von Domkapellmeister Professor Martin Berger, Kantorin Judith Schnell und an der Orgel Professor Stefan Schmidt. In dem anschließenden Festvortrag machte Kardinal Danneels deutlich, dass die Liturgie „in dialektischer Beziehung zum Leben“ steht: „Der Sonntag ist nicht der Montag und umgekehrt.“ Sie sei „in erster Linie das Werk Gottes an uns“, der Handelnde sei der auferstandene Christus. Die Gemeinde nehme gestaltend teil, „ist aber keine Schöpfungsinstanz“: So könne die Liturgie „nie ein selbstgestalteter Mischmasch der Gemeinde sein: Wir sind … die Diener und Wächter der Mysterien“. Die „tätige Teilnahme“ des Gläubigen müsse aus einer kontemplativen Haltung erfolgen. Ausführlich ging der Kardinal auf die Frage der Verständlichkeit der Liturgie ein. Er machte deutlich, dass es auch bei Verwendung der Volkssprache weiter „einen harten Kern“ der Liturgie gibt, das Mysterium, der sich nur von denjenigen verstehen lässt, „die an sie glauben und sie lieben“. Wichtig seien die Rituale – Wiederholungen –, um Gemeinschaft zu stiften. Der Liturgie müsse Zeit gegeben werden, damit sie ihren ganzen Reichtum entfalten kann. Viele Feiern seien zu kurz, der notwendigen Stille werde in der Praxis keine Chance gegeben. Der Kardinal unterstrich die Bedeutung der Schulung, der Kenntnisse von Tradition und Geschichte: Die Liturgie sei nicht dazu da, die verschiedenen Stufen der Katechese zu ersetzen und die Einführung thematischer Sonntage habe keine Zukunft, denn die Liturgie dürfe sich nicht Einflüssen von außerhalb unterwerfen. Eindringlich rief der Kardinal dazu auf, in die Liturgie „voller Liebe einzutreten“. Aus dieser Quelle des kirchlichen Lebens könne dann der Sinn für den Glauben oder die Liebe entstehen, der die Handlungen inspiriert. Am zweiten Tag des Symposiums wurde die Situation im Bistum Würzburg in den Blick genommen. Zunächst stellte der Liturgiewissenschaftler Professor Martin Stuflesser die Rezeptionsgeschichte der Liturgiekonstitution als neues Forschungsfeld vor. Er wies auf die Vorbereitungen der Liturgiereform durch die Liturgische Bewegung hin und hob hervor, dass es in der Kirchengeschichte immer wieder Liturgiereformen gegeben habe. Ziel der Reform des Zweiten Vatikanums sei die volle tätige, bewusste Teilnahme an der Feier der Liturgie gewesen. Gegen vorherrschende Schwarz-Weiß-Urteile rief der Referent zu einer differenzierten Sicht der Liturgiereform auf. Eine differenzierte Sicht gelte auch, wenn in wissenschaftlichen Arbeiten die Wirkungsgeschichte im Bistum Würzburg untersucht wird. Als Thema für Einzelstudien nannte der Redner unter anderem die Berichterstattung im „Sonntagsblatt“. Auf die Rezeptionsgeschichte im Bistum Würzburg ging Liturgiereferent Dr. Stephan Steger ein. Er stellte fest, dass die Impulse zunächst von der universalkirchlichen Ebene gekommen seien. Die Diözese wurde über die Deutsche Bischofskonferenz erreicht. Danach habe sie sich als durchaus experimentierfreudig erwiesen. In einer zweiten Phase sei es um die pastorale Umsetzung und die Erarbeitung von Bildungskonzepten für die neu entstandenen Dienste wie die Kommunionhelfer gegangen. Schließlich habe eine Zeit der Reflexion begonnen – mit einer Neuausrichtung im Fall der Wort-Gottes-Feier. Wie sich die Liturgiereform musikalisch auswirkte, zeigte Dr. Steger unter anderem mit Hilfe einer Projektschola unter Leitung von Domkapellmeister Berger, die Stücke von Otmar Faulstich vortrug. Auf die Entwicklung bei den gottesdienstlichen Räumen hin zu Kirchen, die dem veränderten Gemeindeverständnis entsprechen, ging Bau- und Kunstreferent Domkapitular Dr. Jürgen Lenssen ein. Er zeigte auf, dass das Bistum bereits in der Nachkriegszeit unter Dombaumeister Hans Schädel ein Vorreiter im modernen Kirchbau war (Beispiel: Rundkirche Sankt Peter und Paul, Wombach); schilderte die Diskussion um den Aufbau und Ausgestaltung des Doms, und wies auf die in den nächsten Jahren vorgesehenen Neubauten in Waldfenster und Waigolshausen hin. Zum Abschluss des Symposiums setzte der Musikwissenschaftler Professor Godehard Joppich einen letzten „fulminanten Schwerpunkt“, so Liturgiereferent Dr. Steger: Er führte die Zuhörer zurück in die Entstehung und durch die Geschichte der Gregorianik. Dabei wies er nach, wie wichtig das richtige Verständnis der uralten Noten, der Neumen, ist, um den Text zu verstehen und – seit dem Konzil geschehen – deutsche Übersetzungen zu entwickeln. Wie Kardinal Danneels vermittelte er etwas von der Begeisterung, die die Liturgiereform weckte – und damit die Liebe zu einer würdig gefeierten Liturgie.