Genau genommen beherbergt das Käppele auf dem Würzburger Nikolausberg gleich drei Gnadenbilder. Bis heute am stärksten verehrt wird jedoch nach wie vor die Pietà in der Gnadenkapelle. Seit altersher spüren die Menschen aus der Stadt und dem Umland eine tiefe Verbundenheit mit der Muttergottes auf dem Käppele und wenden sich in Sorge und Not an sie.
Ein einfacher Fischersohn war es wohl, der während des Dreißigjährigen Krieges etwa um das Jahr 1640 ein geschnitztes Vesperbild in den Weinbergen und Weideflächen des Nikolausberges aufstellte. Anfangs pilgerten vor allem Winzer und Bauern zu der kleinen Pietà, auch von einigen wundersamen Heilungen wird berichtet. Es entstand eine kleine Kapelle, doch der Pilgerstrom wuchs weiter, so dass man 1686 um die Erlaubnis bat, die Kapelle zu erweitern. Dies wurde zunächst abgelehnt, da Fürstbischof Johann Gottfried von Guttenberg keinen neuen „Heiltumsort“ aufblühen lassen wollte. Merkwürdige Lichterscheinungen und geheimnisvolles Glockenläuten fachten das Interesse jedoch derart an, dass der Bischof der Erweiterung zustimmte. Die Wallfahrt wuchs und wuchs. 1747 wurden die Kapuziner zur Betreuung der Pilgerscharen auf den Nikolausberg gerufen; nur ein Jahr später erfolgte die Grundsteinlegung für einen monumentalen Kirchenneubau nach Plänen des Barockarchitekten von Balthasar Neumann. Das alte Käppele wurde dabei zur Gnadenkapelle umfunktioniert. Als Pendant entstand auf der rechten Seite ein Kloster. Die opulente Innenausstattung der Kirche stammt von wahren Größen ihres Fachs, unter ihnen der Freskomaler Matthäus Günther und der Stuckateur und Bildhauer Johann Michael Feichtmayr. Nicht umsonst bezeichnen Kenner die Kirche deshalb als „Juwel des Rokoko“. Die von Neumann noch belassene Gnadenkapelle wurde 1778 erneuert. Bis heute ist der Aufstieg über den Stationsweg mit den Figuren von Johann Peter Wagner der schönste Weg aufs Käppele. Auf Knien legen die Gläubigen ihn heute (fast) nicht mehr zurück, im Herzen der Menschen ist der Ort aber noch ganz fest verankert. Das beobachtet auch Bruder Markus Thüer, seit 2009 Guardian des Kapuzinerklosters auf dem Nikolausberg. „Sehr viele Menschen kommen den ganzen Tag über zu uns hinauf, um ein Kerzchen anzuzünden. Wenn man ein Anliegen hat, geht man rauf zum Käppele – das ist bei den Würzburgern so drin!“
Gleich drei Gnadenbilder
Obwohl oder vielleicht gerade weil man sich den Gang zum Käppele extra vornehmen muss, ist die Verbundenheit sehr groß. Dies gilt auch für das eher bescheiden anmutende Gnadenbild. Die schmerzhafte Mutter mit dem Leichnam ihres göttlichen Sohnes auf dem Schoß steht in einem klassizistischen Baldachinaltar im Herzen der Gnadenkapelle und stammt vermutlich aus der Zeit um 1640. Die Pietà ist aber nicht das einzige Ziel der zahlreichen Pilger und Beter. Denn es gibt noch zwei weitere Gnadenbilder auf dem Käppele: Seit 1797 steht an der rechten Seitenwand der Gnadenkapelle eine spätgotische Madonna (um 1460), die ursprünglich bei den Karmeliten auf der Vogelsburg beheimatet war. Um sie vor umherziehenden Heerhaufen zu retten, brachte man sie in den Domkreuzgang. Zettel und Votivtafeln
Da sich die Domherren jedoch durch die lautstarke Verehrung bei ihrem Chorgebet beeinträchtigt fühlten, kam die Figur schließlich aufs Käppele. Im Mirakelgang hinter der Gnadenkapelle erwartet den Besucher außerdem die so genannte Schwarze Madonna, eine Kopie der Muttergottes von Altötting. Hier sind auch zahllose Votivgaben ausgestellt, die beredtes Zeugnis vom Vertrauen und erfahrener Hilfe ablegen. Und dies gilt nicht nur für vergangene Jahrhunderte, sondern auch für das Hier und Heute, wie Bruder Markus berichtet, der immer wieder neue Zettel und Tafeln entdeckt.Die Hauptaufgabe der derzeit sechs Kapuziner ist die Wallfahrtsseelsorge. Neben Guardian Markus Thüer sorgen die Patres Johannes Goth, Rainer M. Seidl, Franz de Paula Sigmund und George Nedumparambil für die Wallfahrer. Neu auf dem Nikolausberg ist Bruder Jeremias Bogards, der für das im Aufbau befindliche „Haus für Berufspastoral“ zuständig ist. In diesem Zusammenhang fand 2010 zum ersten Mal der „Kapuziner TREFF-Punkt Entscheidung“ auf dem Käppele statt. Vier Ordensinteressenten haben sogar phasenweise im Kloster mitgelebt. Dutzende Wallfahrten
„Die Zahl der Wallfahrer und Besucher ist stark jahreszeitlich abhängig“, erläutert Bruder Markus. Hauptsaison ist die Zeit von Mai bis Oktober. An manchen Wochenenden kommen einige Tausend Besucher aufs Käppele. Unter ihnen befinden sich auch etwa 20 größere und rund 60 kleinere Wallfahrergruppen. Die meisten kommen aus dem Würzburger Umland, manche nehmen aber auch weitere Wege aus dem Odenwald oder dem Münsteraner Land auf sich. Neuerdings interessieren sich Bruder Markus zufolge Chöre aus ganz Deutschland verstärkt fürs Käppele. Ungemein beliebt sei die Kirche auch bei Hochzeitspaaren: „50 bis 60 Trauungen sind es jedes Jahr. An manchen Wochenenden geben sich die Paare regelrecht die Klinke in die Hand.“ Eher stiller und konstanter geht es an „normalen“ Tagen zu: Zu den Sonntagsgottesdiensten im Sommer begrüßen die Kapuziner bis zu 250 Leute. Werktags sind es meist „Stammgäste“, die auf den Berg kommen. In den Gottesdiensten geben die Kapuziner den Besuchern stets einen kleinen Impuls für den Tag mit. Auch die vielen aus- und unausgesprochenen Anliegen der Menschen nehmen sie in die Messe mit hinein. „Viele Leute kommen mit schweren Sorgen und können sich deshalb sehr gut mit der Schmerzhaften Muttergottes identifizieren“, weiß Bruder Markus aus Erfahrung. „Sie spüren hier: Maria kann mein Leid nachempfinden.“ Eine wichtige Rolle spielt hier auch die 1754 gegründete Maria-Schmerz-Bruderschaft, die bis heute ihre Bruderschaftsgottesdienste auf dem Käppele feiert. „Heute würde man wohl eher Förderverein sagen“, schmunzelt Bruder Markus, selbst Präses der derzeit etwa 1500 Mitglieder zählenden Bruderschaft. Hauptanliegen ist es, die eigene Verbundenheit mit dem Käppele zu intensivieren, gemeinsamen zu beten und eine alte Tradition in die Zukunft zu tragen. Den Löwenanteil der Besucher machen aber die Touristen aus. Viele, die zum ersten Mal hier herauf kommen, lassen sich von der besonderen Atmosphäre des Ortes gefangen nehmen. Ihnen möchte Bruder Markus Maria als „Vorbild im Glauben“ ans Herz legen: „Sie ist die, die sich ganz und gar auf Gottes Wort eingelassen hat. Mir geschehe nach Deinem Wort – lautete ihre Antwort. Und das hat sie durchgehalten bis unters Kreuz.“ Tipps und Fakten
Gottesdienste: Werktags um 7 Uhr Morgenlob anschließend Konventmesse. Um 9.30 Uhr Messe. Sonntags um 9.30, 11 und 17 Uhr Messe.
Bruderschaftsgottesdienste: An jedem zweiten Sonntag des Monats um 8.45 Uhr Rosenkranzgebet für die Bruderschaft, 9.30 Uhr feierliches Hochamt, anschließend Verehrung der Kreuzreliquie. Am Montag nach jedem Bruderschaftssonntag um 9.30 Uhr Messfeier am Gnadenaltar für alle verstorbenen Mitglieder.
Kontakte: Kapuzinerkloster Käppele, Telefon: 0931/7940 7760. E-Mail: „wuerzburg@kapuziner.org”. Internet: „www. kaeppele-wuerzburg.de“.