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    Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Harald Weis, Lengfeld

    Vertraut meiner Stimme

    Betrachtung zum Sonntagsevangelium von Harald Weis, Lengfeld
    Evangelium
    In jener Zeit sprach Jesus: Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle, und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen. Ich und der Vater sind eins.
    Johannes 10,27–30
     
    Es ist bemerkenswert: Jesus setzt in der Frage, ob jemand zu ihm hält oder nicht, auf seine Stimme – nicht auf kluge Worte, nicht auf moralische Appelle, nicht auf fundierte Lehrinhalte. Und in der Tat, die alltägliche Erfahrung lehrt uns, dass Menschen mit ihrer Stimme faszinieren können, oder auch enttäuschen. Aber Stimmen wirken nicht nur durch eine mehr oder weniger geglückte Klangharmonie. Sie übermitteln auch spürbar etwas von der inneren Einstellung des Sprechers, der Sprecherin. Wie etwas stimmlich überbracht wird, sagt oft mehr als der in Worte gefasste Inhalt. „Du bist mir ein Freund!“ kann je nach stimmlichem Ausdruck bedeuten: Du bist mir ein wirklicher Freund! Oder: Du bist mir ein feiner Freund, also gar kein Freund.
    Wenn nun in unserem Evangelientext die Stimme Jesu eine so gewichtige Rolle spielt, dann wirft das die Frage auf, wie er mit seiner Stimme ankam, und das nicht einfach im Sinne eines äußeren stimmlichen Wohlklangs. Vielmehr: Lag in seiner Stimme etwas von dem, was sein Wesen ausmachte? Wenn es heißt „meine Schafe hören auf meine Stimme“, dann könnte das ja auch eine autoritär befehlende Stimme sein, auf die hin die Schafe gehorsam reagieren. Aber wäre das die Stimme Jesu, die etwas von seinem Innersten offenbarte? Das Bild, das das die Evangelien von Jesus vermitteln, zeigt ihn als einen zutiefst sich in den anderen einfühlenden Menschen und als einen, der in Wort und Tat nicht als Herren-Mensch, sondern als wahrer Mit-Mensch begegnet: In seiner Menschlichkeit beurteilt Jesus Bestimmungen danach, ob sie dem Menschen dienlich sind, grenzt er andere nicht herrisch aus, sondern nimmt sie an und bestätigt sie in ihrer Würde, auch wenn sie Schuld auf sich geladen haben. Seine Stimme hat sicher etwas von dieser einfühlenden, den Menschen annehmenden Grundeinstellung spüren lassen.
    Deutlich zeigt sich dies in der bekannten Begegnung zwischen dem Auferstandenen und Maria aus Magdala (Joh 20,11-18). Jesus wird hier von Maria erst erkannt, als er sie mit der ihm eigenen Weise, ihren Namen zu sprechen, mit „Maria“ anredet und sich damit auch stimmlich eine tiefe Beziehung im Kennen und Erkanntwerden offenbart. Dazu passt, dass unser Evangelientext mit den Worten fortfährt: „Ich kenne sie (die Schafe), und sie folgen mir“. Dieses Kennen meint im biblischen Sprachgebrauch nicht einfach ein äußeres Wiedererkennen, sondern will tiefer gedeutet sein: Kennen, erkennen als liebende Annahme des anderen. Hier ergibt sich eine Ge-folgschaft im Sinne einer Beziehung, die den anderen, die andere anerkennt. Diese Gemeinschaft ist nicht das Resultat einer bestimmenden Anordnung von oben, auch nicht von in Pflicht nehmender Lehrsätze, sondern einer menschlich berührenden – auch in der Stimme erfahrbaren – Begegnung. Dass die Nach-Folge Jesu wesentlich von dem bestimmt ist, was Menschen so brauchen, um menschlich leben zu können, signalisieren auch die weiteren Worte Jesu in unserem Text. Es ist da die Rede von Leben, genauer ewigem Leben, und von der Hand, die festen Halt gibt, gerade wenn Gefahr droht, entrissen zu werden. Und in der Tat: Wir Menschen sehnen uns nach Leben, nach gesundem Leben, nach einem vollendetem Leben. Und wir brauchen Halt! Denn es zerrt so manches an uns – erlittenes Unrecht, all die Grausamkeiten in der Welt, schlimme Naturkatastrophen ... All dies lässt an einer endgültigen Geborgenheit in einer sicheren Hand zweifeln, zuweilen gar am Leben verzweifeln, und weckt auch Zweifel an einem ewigen Leben. Die Worte Jesu wollen solche Zweifel nehmen: Es gibt die sichere Hand, es gibt das ewige Leben, vertraut auf meine Worte, traut meiner Stimme. Jesus selbst hat am Kreuz Leid erfahren, dieses aber nicht zu einer Verzweiflung an Gott werden lassen. Seine schreiende Stimme: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!“ wurde zur den Psalm 22 betenden und dem Vater vertrauenden Stimme: „Du, meine Stärke, eil mir zu Hilfe!“ Aber auch diese klagende Stimme Jesu sollen wir hören. Wie heißt es in einem geistlichen Lied? „Eines Tages kam einer, der hatte einen Zauber in seiner Stimme, eine Wärme in seinen Worten, einen Charme in seiner Botschaft.“ Doch dieser Charme in der Stimme ist deshalb so sympathisch, weil sich die Stimme Jesu am Kreuz wirklich als menschlich mit (=sym)-leidend (=pathisch) erwiesen hat, und Jesus gerade so dem Menschen zutiefst nahe war – aber in ihm auch Gott. Denn Jesu Stimme bezeugt: „Ich und der Vater sind eins.“
     
    Lic. theol. Harald Weis war Studienleiter bei „Theologie im Fernkurs“.