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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Theologie

    Vor allem wohl, dass der Tag wieder bewusst als Geschenk erfahren wird, als ein „Gegenpol“ zur Unkultur des Freizeit- und Wirtschaftswahns – und er auch so behandelt wird: als „Urfeiertag“, als ein Tag des Un-Alltäglichen, wünscht Dr. Guido Fuchs. Der Sonntag ist, ähnlich wie der jüdische Sabbat, ein menschenfreundlicher Tag, weil er die letzte Unabhängigkeit gegenüber Leistung und Stress, Konsum und Profit bedeutet.
    Wahrlich keine günstige Ausgangssituation für die junge Christengemeinde: Die Auferstehung ihres Herrn fand nach den Berichten der Evangelien an einem „Ersten Tag der Woche“ statt, der in der römischen Welt nach der Sonne benannt war. In der damaligen Welt ein Arbeitstag – und damit alles andere als geeignet, dass man sich an ihm zur Feier des Brotbrechens im Gedenken an die Auferstehung versammelte. Die Christen waren also zunächst weitgehend gezwungen, die Eucharistie am Abend zu feiern – am Vorabend oder am Abend des Sonntags selbst – oder am frühen Morgen, jedenfalls außerhalb der Arbeitszeit.

     

    Eine körperliche Belastung

    Die „Feier des Sonntags“ an einem „Werktag“ bedeutete für die Christen in den ersten Jahrhunderten auch körperlich eine Belastung; kein Wunder, wenn bei einer langen Predigt schon mal ein Zuhörer einschlief und sogar aus dem Fenster stürzte (Apg 20,7-9). Eine besondere Erschwernis bildeten Verfolgungszeiten; wenn man dazu noch bedenkt, dass viele Christen der damaligen Zeit aus den unteren Schichten kamen, die sich nicht einfach frei nehmen konnten, so ist man versucht zu fragen: Wie hielt man es denn damals mit der Sonntagspflicht?
    Die Antwort ist einfach: Gar nicht – denn es gab sie nicht, zumindest nicht im Sinne einer rechtlichen Verpflichtung. Offensichtlich spielte von Anfang an vor allem das Bewusstsein einer inneren Verpflichtung zur Teilnahme an den Sonntagsgottesdiensten, ja geradezu eines damit verbundenen Lebensglücks eine große Rolle. Bischof Ignatius von Antiochien spricht in seinem Brief an die Magnesier Anfang des 2. Jahrhunderts davon, dass die Christen aus der Beobachtung des Sonntags lebten. Beeindruckend ist auch die Aussage der Märtyrer von Abitine (Nordafrika), die zu Beginn des 4. Jahrhunderts trotz Folter und Todesdrohung ganz ähnlich bekannten: „Wir können ohne den Sonntag nicht leben“.

     

    Staatlich geregelt

    Mit der Entstehung der Großkirche im 4. Jahrhundert verbesserten sich auch die Bedingungen für die Sonntagsfeier. Kaiser Konstantin setzte für bestimmte Berufsgruppen eine Arbeitsruhe am Sonntag fest; in einem späteren Gesetz wurde den Soldaten an diesem Tag Urlaub gewährt, um am Gottesdienst teilnehmen zu können. Vermutlich hatte diese Gesetzgebung zunächst keine ausschließlich christlichen Hintergründe, sondern war das Produkt politischer und sozialer Überlegungen des Kaisers. Die Christen selbst stellten keine besondere Forderung nach Sonntagsheiligung durch Arbeitsruhe; sie überließen die Regelung von Arbeits- und Freizeit dem Staat, sofern dieser ihnen das Recht ungehinderter sonntäglicher Versammlung zum Gottesdienst einräumte. Dennoch änderte sich seitdem die Vorstellung einer Sonntagsheiligung: Sie wird zunehmend gesetzlich geordnet, ihr Vergehen unter Strafe gestellt – und aus der Lust am Sonntag wird eine Last mit dem Sonntag: Sonntagspflicht.
    Heute ähnelt die Situation zunehmend wieder jener, die die Christen einst vorfanden: der Sonntag für viele ein Arbeitstag, der Besuch des Gottesdienstes eine Überzeugungsangelegenheit, die man auch nicht per Gesetz – in diesem Fall des kirchlichen Gesetzbuches – einfordern kann. Dennoch: Was lässt sich aus der Erfahrung der frühen Christenheit mit dem Sonntag für die heutige Zeit lernen?

     

    Als Geschenk erfahren

    Vor allem wohl, dass der Tag wieder bewusst als Geschenk erfahren wird, als ein „Gegenpol“ zur Unkultur des Freizeit- und Wirtschaftswahns – und er auch so behandelt wird: als „Urfeiertag“, als ein Tag des Un-Alltäglichen. Der Sonntag ist, ähnlich wie der jüdische Sabbat, ein menschenfreundlicher Tag, weil er die letzte Unabhängigkeit gegenüber Leistung und Stress, Konsum und Profit bedeutet. Er ist ein Tag für das Leben und damit auch Inbegriff und Zeugnis für die Humanität einer Gesellschaft: „Wenn Christen den Sonntag feiern, widersprechen sie einem oberflächlichen, verzweckten und geheimnisleeren Umgang des Menschen mit sich selbst und seiner Zeit. Sie widersprechen dabei jeder Ideologie: dem totalen Anspruch der Ökonomie und der Wissenschaften, dem Kalkül des Nutzens und der berechnenden Vorteile, der grenzenlosen Machbarkeit und dem Recht des Stärkeren“, sagte der Hildesheimer Altbischof Josef Homeyer einmal.
    Um den Sonntag und die Mitfeier der Gottesdienste an diesem Tag nicht nur als Pflicht zu erfahren, müssen aber auch die Gemeinden mehr tun. Das bedeutet etwa das Wahrnehmen und Berücksichtigen eines veränderten Zeit-Erlebens der Menschen heute. Immer häufiger werden Gottesdienste am Sonntagabend angeboten, zu denen teilweise sehr viele Menschen kommen, die am Samstagabend oder Sonntagmorgen nicht zu bewegen wären.
    Nachdenken muss man sicher auch, was die Gestaltung vor und nach dem Gottesdienst anbelangt, damit die Menschen Lust und Freude haben, zur Gemeinde zu kommen. Ein liebloser Steh-Kaffee im Anschluss an die Messe kann es nicht sein. Schließlich ist wichtig, inwieweit die Menschen spüren, dass sie mit dem, was sie bewegt, auch im Gottesdienst vorkommen. Das routinierte Abspulen von vorgefertigten Texten genügt nicht mehr. „Lust auf: Sonntag“ – das wäre ein gutes Motto. Dem zu entsprechen eine ständige Aufgabe für die Gemeinden.