Bei Proben zum Theaterstück „Der Glöckner von Notre Dame“ zeigt der Regisseur Kai Christian Moritz den Schauspielern des Chambinzky Theaters, wie man bellt. Oder wie witzig es aussehen kann, wenn die Hose klemmt. Und wie sich die Darsteller auf der Bühne entgegenkommen können. „Du kannst dich ruhig schon mal in seine Richtung drehen“, sagt er der Esmeralda-Darstellerin. Damit soll es dem Quasimodo-Schauspieler leichter fallen, sie im richtigen Moment zu packen und auf seinen Rücken zu hieven. Das Sommertheater soll leichte Unterhaltung sein, auch wenn die behandelten Themen ernst sind, sagt Moritz. Er ist der Überzeugung: „Wo viel Schrecken ist, muss auch gelacht werden dürfen.“ Deshalb überlegt er mit seinem Team, wie sie kleine, komische Momente einbauen können, immer mit dem Hintergedanken, das Publikum anzusprechen und wenn möglich, in das Spiel zu integrieren.
Bei der Geschichte von Victor Hugo geht es unter anderem um Fremdheit und um Anfeindungen. Es geht um Schönheit und Hässlichkeit und wie wir damit umgehen, wenn sie uns begegnen. Außerdem behandelt das Stück männliche Gewalt gegenüber Frauen – ein besonderer Fokus, weil die Gewalt in dieser Geschichte von einem Geistlichen ausgeht.
„Schön, dass Sie wieder da sind“
Moritz engagiert sich im Sprecherteam des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz, war Kantor und Gottesdiensthelfer in der Dompfarrei. Zehn Jahre war er als Schauspieler beim Mainfrankentheater beschäftigt. Jetzt wirkt er als Regisseur.
Auf dem Klosterareal ist Moritz ein geschätzter Gast. Er sagt, dass Generaloberin Monika Edinger ihn und sein Team freudestrahlend empfangen hat, als sie vor ein paar Tagen zu proben begannen. „Schön, dass Sie wieder da sind“, soll sie gesagt haben. Es ist ein offenes, zwangloses Miteinander der Schwestern und Schauspieler.
2022 begann der Öffnungsprozess des Klosterareals der Erlöserschwestern in Würzburg. Zunächst mit Orgelkonzerten und Chorauftritten. Vorangetrieben wurde die Öffnung auch von dem Kulturwissenschaftler und VeranstaltungsmanagerDr. Matthias Wagner. Seither lotet der Katholik in Zusammenarbeit mit den Ordensschwestern Möglichkeiten und Grenzen aus. Welche Angebote kann die Kongregation machen, die ein Alleinstellungsmerkmal enthalten? Wie wird die Finanzierbarkeit sichergestellt? Und wie kann dieser sakrale Ort authentisch bespielt werden?
„Hier haben 70 Menschen ihre Heimat – ihre spirituelle und räumliche Heimat“, betont Wagner. Gebetszeiten sollen eingehalten und liturgische Räume wie die Mutterhauskirche respektiert werden. Deshalb baut Wagner auf nachhaltige, verlässliche Kooperationen. Zum Beispiel mit dem Mozartfest (Seite 57) oder dem Chambinzky Theater, das ab dem 19. Juli wieder die Freilichtbühne im Zobelhof bespielt.
Mit Kai Christian Moritz scheinen sie einen solchen Partner gefunden zu haben: „Es ist im positiven Sinne ein heiliger Ort, ein geschützter Ort, der eine gewisse Sensibilität verlangt“, sagt der Regisseur über das Klosterareal der Erlöserschwestern. Es gebe zwar keine konkreten Vorgaben seitens der Ordensgemeinschaft, aber: „Wir spielen ja quasi in ihrem Wohnzimmer.“ Und dieser Intimität möchte er Rechnung tragen.
Ein Ziel der Öffnung des Areals der Erlöserschwestern sei, einen Ort der Lebensqualität zu schaffen, sagt Veranstaltungsmanager Wagner. „Hier sollen die Menschen mit Gott, der Schöpfung, sich selbst und anderen in Berührung kommen.“ So kommen auch die Schwestern in Berührung mit Kulturschaffenden und umgekehrt. Beim „Schwester Plus Eins“-Programm wird nur für sie und Begleitpersonen gespielt. Und während der Proben erkundigen sich die Ordensschwestern nach dem aktuellen Stand und Vorstellungsterminen.
Neue Kulturangebote geplant
Das Chambinzky Theater freut sich über eine langfristige Kooperation mit den Erlöserschwestern und plant schon voraus. Dr. Matthias Wagner ist in Gesprächen mit der Musikhochschule, der Stadt Würzburg und dem Tonkünstlerverband, um neue Kulturangebote vor Ort zu schaffen.
Das Würzburger katholische Sonntagsblatt wird über Entwicklungen und Neuigkeiten berichten. Und um mit einem Zitat aus dem aktuellen Stück des Chambinzky Theaters zu schließen: „Und was die Druckerpresse betrifft – es gibt Dinge, die kann niemand aufhalten. Nicht einmal die Königin von Frankreich.“
Von Angelina Horosun
„Der Glöckner von Notre Dame“ wird vom 19. Juli bis zum 24. August jeweils von Mittwoch bis Sonntag ab 19.30 Uhr im Zobelhof in Würzburg aufgeführt. Tickets ab 35 Euro. Weitere Informationen unter www.chambinzky.com/spielplan.