Begonnen hat alles mit einem „Abschiedsgeschenk“ der früheren Provinzoberin Edelgardis Kunkel. Schwester Renata durfte sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Schuldienst beim „Volkersberger Kurs“ in Bad Honnef zur Archivarin im kirchlichen Dienst weiterbilden. Eigentlich habe sie nur lernen wollen, „das eigene Durcheinander“ nach 30 Jahren als Schulleiterin zu ordnen, erzählt die in Aschaffenburg geborene und verwurzelte Ordensfrau, die nun zum vierten Mal Großtante geworden ist. Es sollte viel mehr aus der Weiterbildung werden.
Aufbau des Archivs
Das unter der Regie des Kleinostheimer Architekten Joseph Nordt 2000 generalsanierte Gebäude hat die selben Fassadenfarben wie der neue „Toskana“-Bau der Aschaffenburger Maria-Ward-Schule: warmes Burgunderrot und sonniges Ockergelb. Im Garten stehen Orangenbäume, auf deren Früchte sich Schwester Renata jetzt schon freut. Inzwischen ist eine Kommission berufen, deren Aufgabe es ist, die Feierlichkeiten zum 400-jährigen Bestehen des von der Engländerin Mary Ward gegründeten Ordens vorzubereiten, die von 2009 bis 2011 dauern sollen. Schwester Renata wird in der Kommission mitwirken. Und sie wird zusammen mit der Germanisitin und Theologin Schwester Ursula Dirmeier aus Bamberg am Aufbau des Maria-Ward-Forschungszentrums mitwirken, in dem künftig alles Wissen über die Wurzeln und Entstehung der heutigen Congreatio Jesu und der anderen auf Maria Ward zurückgehenden weltweiten Orden abrufbar sein soll.
Schwester Ursula sei in allen großen Archiven daheim, im Geheimarchiv des Vatikans genauso wie im Münchner Staatsarchiv oder in Wien, sagt Schwester Renata. Es sei eine „Riesenaufgabe“, all die historischen Dokumente „umzubetten“, zu „entgräten“, zum Beispiel von Metallklammern. Alles müsse raus aus den Plastikfolien, müsse mit speziellen Bleistiften beschriftet werden. Das Material – Papier, Mappen, Boxen – sei bereits von einer Hösbacher Spezialfirma angeliefert worden.
Etliche wertvolle alte Schriften, wie die mit Zitronensaft auf Speisen-Einwickelpapier geschriebenen Briefe der inhaftierten Maria Ward an die Schwestern im Paradeiserhaus in München-Nymphenburg, und andere Raritäten aus Augsburg oder Burghausen werden wohl in Süddeutschland bleiben müssen. Doch für das Archiv in Rom werden zumindest Kopien gefertigt, eingescannt und in einem „Findbook“ vernetzt. Für Schwester Renata, die mit Digitalkamera und Laptop in Australien unterwegs war, sind die neuen elektronischen Medien ein selbstverständliches Handwerkszeug.
Für Gerechtigkeit unterwegs
Archivar im kirchlichen Dienst
Die Ausbildung zum Archivar im kirchlichen Dienst beim „Volkersberger Kurs“ in Bad Honnef am Rhein umfasst vier übers Jahr verteilte einwöchige Seminarblocks in den Fächern Schriftgutverwaltung, Archivkunde und Bestandserhaltung, Aktenkunde und Paläografie (Lehre von alten Schriften), Kirchenrecht, Kirchengeschichte und Ordensgeschichte sowie Aufbau der Kirche. Schwester Renata Rohleder aus Aschaffenburg ist nicht die einzige Maria-Ward-Schwester, die sich nach ihrer Pensionierung als Schulleiterin zur Archivarin im kirchlichen Dienst hat ausbilden lassen. Auch Schwester Ulrike Dimmler in Bamberg und Schwester Katharina Harlander in Passau leiteten eine Schule der „Englischen Fräulein“, wie der Orden früher genannt wurde, und sind nun zuständig für die Ordensarchive vor Ort. Beide werden von Deutschland aus eng mit Schwester Renata Rohleder und Schwester Ursula Dirmeier kooperieren, wenn diese das Maria-Ward-Zentralarchiv in Rom aufbauen und mit deutschen Archiven vernetzen. Zusammengearbeitet wird dabei auch mit Schwester Manuela Wiesheu, die das Archiv in München-Nymphenburg leitet, und mit der Schwester Clementine Nagel, Archivarin in Augsburg.