Mömlingen/Njombe. Der Wirtschaftsprofessor und Nobelpreisträger Muhammad Yunus war Vorbild mit seiner Grameen-Bank: Mit Mikrokrediten öffnete er den Ärmsten in Bangladesh einen Weg aus der materiellen Not in die Selbstbestimmung. Die katholische Jugendorganisation Uvikanjo im tansanischen Bistum Njombe griff die Idee auf und erhielt für ihr Mikrokredit-Projekt TEUMA tatkräftige Hilfe aus Deutschland: Zwei Jahre lang arbeitete der Bankkaufmann Andreas Schmitt (26) aus Mömlingen (Dekanat Obernburg) im Auftrag der KJG Würzburg vor Ort in Afrika.
Seit fast zwei Jahren ist Schmitt bereits wieder zurück. Er wohnt wie vorher in seinem Elternhaus und ist erneut bei seiner angestammten Bank beschäftigt, obwohl es bei seinem Weggang keine Jobgarantie gegeben hatte. „Ich bin einfach ins kalte Wasser gesprungen“, erzählt der junge Mann, der inzwischen in zwei Welten verwurzelt ist; hat er doch seine eigene Familie aus Afrika mitgebracht. Er ist mit der Grundschullehrerin Jennipha (27) verheiratet. Sie stammt aus Lupanga, einer der beiden Partnerpfarreien von Mömlingen, und hat in Tansanias Regierungssitz Dar es Salam gearbeitet. Vor acht Monaten wurde Tochter Sophie geboren. Das Kind ist im November von Pfarrer Clement Mgohele, dem Direktor des TEUMA-Projekts, getauft worden. Die Abkürzung TEUMA steht übersetzt für „Projekt zur Erlangung der Selbstständigkeit“.
Vor zehn Jahren begonnen
Mit Pfarrer Clement, Jugendpfarrer des Bistums Njombe (nördlich der Würzburger Partnerdiözese Mbinga), hatte alles angefangen. 1999 wurde die Idee für TEUMA aus der Mitte der katholischen Jugend heraus geboren. Schon 2001 wurden die ersten Mikrokredite (begrenzt auf umgerechnet 400 Euro) ausbezahlt. Doch es war nicht einfach, geeignete Fachkräfte zu finden. Beim Besuch einer zwölfköpfigen KJG-Delegation aus der Diözese Würzburg im Bistum Njombe 2003 wurde Pfarrer Clement erstmals auf den Finanzfachmann aus Mömlingen aufmerksam und ließ in der Folgezeit nicht locker mit seinen Anfragen: Ob Andreas es sich vorstellen könne, sein Wissen und seine Erfahrung in Afrika einzubringen? Schmitt bat um Bedenkzeit und sagte schließlich zu. In welch eiskaltes Wasser er im Juni 2005 springen würde, ahnte er beim Abflug in Frankfurt noch nicht.
Crashkurs gegen Sprachbarrieren
Der Privatunterricht in Swaheli bei einem in Frankfurt lebenden Tansanier hatte kaum etwas gebracht, und so stand zunächst ein vierwöchiger Crashkurs vor Ort auf dem Programm. Nach gelöstem Verständigungsproblem ging es an die eigentliche Arbeit – meist bis spät abends im Büro auf dem Domgelände der Stadt Njombe. „Auf was habe ich mich da nur eingelassen!“, habe er sich anfangs gefragt, erklärt Schmitt rückblickend. Aber er sei nicht verzagt gewesen, als er Stück für Stück entdeckte, was alles zu seinen Aufgaben gehörte. Schon nach drei Wochen Einarbeitungszeit musste Schmitt das TEUMA-Büro eine Zeit lang allein leiten, nebenher auch das der Uvikanjo samt Schreinerei und Laden. Auch die Verantwortung für den Traktor der Jugendorganisation lag bei ihm. Doch so lernte er sehr schnell die Tragweite seiner Arbeit kennen und begriff, dass ein Jahr in Njombe viel zu wenig sein würde.
Zahlreiche Mikrokredite vergeben
Rund tausend Menschen hat das TEUMA-Projekt bisher einen Mikrokredit verschafft, rund die Hälfte davon während der Zeit, in der Schmitt in Afrika tätig war. Ein Großteil der Kreditnehmer ist noch sehr jung, und nicht wenige davon sind in den von der Diözese Würzburg unterstützten Lehrwerkstätten ausgebildet worden, unter anderem als Schreiner, Mechaniker oder Schneider. Für den Start in die Selbstständigkeit brachten die Menschen ihre eigenen Ideen ein, erzählt Schmitt. Manche eröffneten ein kleines Geschäft in ihrem Dorf, andere betrieben mit einem Lastwagen, der mit dem geliehenen Geld angeschafft werden konnte, einen Gemüse-Handel in der Hauptstadt. „Geld für Schulgebühren oder Hochzeiten haben wir grundsätzlich abgelehnt“, sagt Schmitt. Er hatte das Projekt im ersten Jahr seiner Auslandstätigkeit gründlich überarbeitet und auf eine sichere rechtliche Basis gestellt. Dank der Einbindung der Familienclans in die Verantwortung wurden die Fälle von Diebstahl und Missbrauch recht selten. „Ganze Dörfer profitieren inzwischen vom Geldfluss“, zieht der Mömlinger Bilanz. Im vergangenen Jahr habe TEUMA sogar einen kleinen Gewinn erwirtschaftet. Doch von den weit über 20 Dörfern im Bistum Njombe sind gerade einmal neun von dem Mikrokredit-Projekt erreicht worden. Darum müssen weitere Büros vor Ort in den Dörfern eingerichtet werden, um den Kontakt zu den Kreditnehmern zu intensivieren. Bislang fahren die TEUMA-Verantwortlichen einmal im Monat in jede Mitgliedspfarrei, um Kredite auszubezahlen und um Rückzahlungen und Spareinlagen entgegenzunehmen. In diesem Jahr wird Jennipha Schmitt für drei Monate nach Tansania reisen – auch damit die kleine Sophie ihre afrikanischen Wurzeln kennen lernen kann. Andreas Schmitt wird rund fünf Wochen in Afrika bleiben. Mehr Jahresurlaub hat er nicht.