Er ist ein Freund der modernen Kunst und als solcher war er lange Zeit im Erzbistum Köln als Künstlerseelsorger aktiv: Friedhelm Hofmann. Als am 25. Juni 2004 die Kunde von der Ernennung des „kölsche Jung“ zum 88. Bischof von Würzburg von Rom nach Würzburg dringt, da spricht es sich schnell herum, dass der Rheinländer durch und durch Kulturmensch ist. Auch, dass der promovierte Kunsthistoriker nicht nur per Du ist mit Schauspielerin Marie-Luise Marjan alias Mutter Beimer aus der TV-Serie Lindenstraße, sondern auch den weltweit gefragtesten Vertreter der zeitgenössischen Kunst, Gerhard Richter, zu seinem engsten Freundeskreis zählt.
An drei Orten unterwegsDa wundert es kaum, dass die Redaktion des Sonntagsblatts den Kölner mit schwäbischen Wurzeln nicht zweimal bitten muss, der Kirchenzeitung an drei für das Bistum wichtigen kulturellen Orten Rede und Antwort zu stehen: Kiliansdom, Neumünster mit der Kiliansgruft und Würzburger Marienheiligtum Käppele. Neben dem Sonntagsblatt ist auch das Kirchenfernsehen der Diözese mit dabei, das den Rundgang im Vorgriff auf den 70. Geburtstag von Bischof Friedhelm am 12. Mai in bewegten Bildern festhalten will. 16. März 2012, 14 Uhr. Es ist der erste Frühlingstag mit Temperaturen um die 18 Grad. Rheinisch frohgelaunt biegt Bischof Friedhelm mit Sekretär Raban Hirschmann um die Ecke. Über ihnen der schöne Renaissanceerker des Bischofshauses. Kurze herzliche Begrüßung und und schon geht’s zum Dom. Als man die Schönbornkapelle passiert hat, bleibt Bischof Friedhelm unvermittelt stehen. Hat er kurz zuvor wegen seines engen Terminkalenders noch um Eile gebeten, muss jetzt ein „Grüß Gott“ und ein „Wie geht es denn“ für einen älteren Priesterkollegen zeitlich noch drin sein.
Erste Station: der Dom
Wenig später im Dom: Die Geräuschkulisse der Stadt ist verstummt, kein Klingeln der Straßenbahn dringt ins Kirchenschiff. Nur das störende Brummen eines Radios ist vom Altarraum her zu hören. „Könnt Ihr bitte mal das Radio leise stellen.“ Die lautstarke Ansage des Sonntagsblatts hat Erfolg. Schon bald sind Interviewter und Interviewer vom Kunstlicht angeleuchtet. Der Rundgang zu den drei Orten kann beginnen. Angesichts des Gewirrs an Stangen, Gerüsten, Treppen und Zwischenböden, kaum zu glauben, dass der Kiliansdom am ersten Adventssonntag wieder öffnen soll, stellt der Bistumsredakteur fest. „Wir werden auf jeden Fall am ersten Adventssonntag den Dom feierlich wieder eröffnen“, zerstreut Bischof Friedhelm Befürchtungen, die Arbeiten könnten im Verzug seien. Auch die mitunter geäußerte Meinung, der Dom sei nach der Innensanierung kaum wiederzuerkennen, versteht er nicht. Alles sei genau zwischen Diözese und dem Staatlichen Bauamt abgesprochen. Der Dom werde von Grund auf gesäubert, eine Heizungsanlage eingebaut, die Lichtfrage endgültig geklärt. „Der Dom wird sich im Äußeren kaum verändern.“ „Kirche als Baustelle“
„Kirche als Baustelle“ im übertragenen Sinne und welche Anstregungen Kirche unternehmen müsse, um das Volk Gottes mit in die Zukunft zu nehmen, dazu meint der Bischof: „Dieses große Gerüst zeigt, wie viele Etagen alleine das Innenschiff des Domes benötigt. Es gibt den alten lateinischen Spruch ,Ecclesia semper reformanda’ (Die Kirche ist immer zu erneuern). Das war durch die vergangenen Jahrhunderte so, das ist auch heute so und insofern müssen wir uns miteinander, das ganze Volk Gottes, Gedanken machen, welche Schritte in die Zukunft zu tun sind“, sagt der Bischof. So sei man miteinander unterwegs und spräche über Sorgen, Nöte, Anliegen. Das Dokument „Gaudium et spes“ (Freude und Hoffnung) des Zweiten Vatikanischen Konzils sei eine der entscheidenden Äußerungen. Diese Forderung helfe auch nahe bei den Menschen zu sein und mit den Menschen zu fragen: „Was will Gott von uns?“ Auf die Frage, was das Volk Gottes dabei tun könne, um am Gebäude Kirche mitzugestalten, antwortet der Bischof: „Wir brauchen eine Vertiefung des Glaubens.“ Jeder Einzelne könne das für sich realisieren. Und je mehr wir in den Glauben hineinwüchsen, umso mehr wir begeistert würden von den Schätzen des Glaubens, würden wir auch die Kirche völlig reformieren und von Innen her im Sinne Gottes erneuern. „Darum geht es“, sagt der Bischof. In schwindelnder Höhe
Wenig später, auf dicken Bretterbohlen in 22 Meter Höhe unter der Vierungskuppel: 75 Treppenstufen hat das Würzburger Kirchenoberhaupt gerade erklommen, keine Spur von Anstrengung ist ihm anzumerken. Nur ein „Gott sei Dank, geschafft“, murmelt er. Ein lichtdurchfluteter, vermeintlich eigener Kirchenraum entschädigt alle für das Treppensteigen. Dem Eindruck von Weite und Helligkeit des Raums und der Schönheit der im Sonnenlicht gleißend-weißen Stuckaturen kann sich Bischof Friedhelm nicht entziehen: „Das ist das rechte Querschiff, das wir gerade besuchen, und wenn man von einer Seite zur anderen schaut, ist das schon ein eigener Dom“, stellt er fest. Als Baustelle wirke der Würzburger Dom noch größer als er in Wirklichkeit sei. „Er gehörte ja schon damals zu den fünf größten romanischen Kirchen in Deutschland. Ich glaube, dass in einer solchen Perspektive die Größe noch mal eine andere Bedeutung gewinnt.“ Auf die nicht ganz ernst gemeinte Frage, ob die Diözese für ihn nicht hier eine eigene Wohnetage einrichten möge, um im Dom stets präsent zu sein, kontert er: „Ich glaube, dass die Mitgläubigen da nicht ganz einverstanden wären.“ Er sei auch so präsent. Das Bischofshaus sei ja nur ein Steinwurf vom Dom entfernt. „Da kann jeder hinkommen.“ Das Evangelium bezeugen
Beim Anblick des heiligen Lukas mit dem Stier, der im nördlichen Vierungszwickel überlebensgroß als stark plastisches Stuckrelief in Erscheinung tritt, erklärt der Bischof, warum es so wichtig sei, das Evangelium zu bezeugen und zu verkündigen: Evangelium heiße auf Griechisch „Frohe Botschaft“, erläutert er. Gerade in unserer Zeit, die in einem solchen Umbruch stehe, sei es notwendig, die frohe Botschaft zu verkünden. Das Bild mit der Gottesmutter, das Lukas demonstrativ in den Händen hält, deutet er als Zeichen, dass der Evangelist (er soll Arzt und Künstler gewesen sein) auf den Menschen geschaut hat, dass er den Menschen Gott habe nahebringen wollen. „Ich habe noch nie so schön den heiligen Lukas hier im Dom sehen können.“ Angesprochen auf sein Lieblingswort in der Bibel, meint dernoch 69-Jährige: „Das bezieht sich aber auf die Vollendung, auf die Eschatologie, und da heißt es: ,Er wird jede Träne von euren Augen abwischen.’“ In der Kiliansgruft
Ortswechsel: Vor dem Kiliansschrein in der West-Krypta von Neumünster mit den Gebeinen der irischen Mönche Kilian, Kolonat und Totnan: Bischof Friedhelm bezeichnet die Märtyrer des siebten Jahrhunderts als die eigentlichen Begründer des Christentums in Unterfranken – weil sie den Glauben vertieft und verfestigt hätten. Von Köln kommend habe er 2004 die Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar gegen Kilian, Kolonat und Totnan einwechseln müssen. „Das ist mir aber nicht schwer gefallen, weil unten im Dom die Heiligen Drei Könige in der Anbetungsszene zu sehen sind und ich dachte, das ist doch wunderbar, da wird die Schar der Heiligen vermehrt.“ Den Glauben bekennen
Von den drei Frankenmärtyrern sind es nur wenige Schritte zur Gedenkstätte des im Mai vergangenen Jahres seliggesprochenen Pfarrers Georg Häfner. Für was steht er, der für seinen Glauben im Konzentrationslager gestorben ist? „Er steht für ein Glaubenszeugnis in schwierigster Zeit“, betont der Bischof. Er ist einer der Priester gewesen, die wegen der Verweigerung des Hitlergrußes angezeigt und ins KZ Dachau gekommen seien. Dort habe er fürchterlich gelitten. „Auch wenn Georg Häfner als Pfarrer in Oberschwarzach ein kantiger Mann war, so hatte er doch diesen tiefen Glauben, aus dem er die Kraft schöpfte, in einer solchen Martyriumszeit durchzuhalten. Und das gibt uns Mut und spornt auch uns an, den Schwierigkeiten unserer Zeit nicht aus dem Wege zu gehen, sondern nach vorne zu schauen und den Glauben mutig zu bekennen.“ Um den seligen Georg Häfner noch weiter im Bewusstein der Gläubigen im Bistum Würzburg zu verankern, wolle man in der Domkrypta eine Gedenkstätte für Georg Häfner einrichten – „ihn aus der Verborgenheit mehr in das Licht der Öffentlichkeit rücken“, formuliert es der Bischof. Ganz sicher werde Häfner auch Eingang in den Religionsunterricht finden. „Er ist ja eine der Gestalten des 20. Jahrhunderts, die uns noch nahe sind. Ich denke, für unsere Kinder und Jugendlichen ist es gerade wichtig, auch auf Menschen zu stoßen, an denen sie sich ein Beispiel nehmen können.“ Als „Herzkammer des Bistums“ bezeichnet der Bischof das Neumünster – weil es die Gebeine von Kilian, Kolonat und Totnan berge, ebenso die Gedächtnisstätte von Georg Häfner. „Aber auch weil sich in dieser Kirche die seelische Anbindung der Gläubigen nachweisen lässt.“ Hier gehe man auch gerne hin um zu beten. Und der Dom? „Der Dom ist das große Haus Gottes. Der gibt uns schon so ein bisschen Vorgeschmack auf den Himmel, auf den wir uns freuen sollen.“ Alt und Modern
Wenig später im Kirchenraum von Neumünster. Vor wenigen Jahren ist dieser von Grund auf saniert und mit Werken zeitgenössischer Sakralkunst ausgestattet worden. Die Kirche zeige sich als gute Kombination von historischer Kunst aus verschiedenen Jahrhunderten und zeitgenössischer Kunst, die sich in ein Gesamtkonzept einfüge, sagt der Bischof. Als seine Lieblingskunstwerke bezeichnet er die zwei großformatigen Bilder des Malers Hann Trier an den Außensseiten des Hochchors; im Bereich alter Kunst nennt er die imposante Kuppel mit dem barocken Deckengemälde: „Für mich ist hier der Himmel offen. Wir sehen die Schar der Heiligen, die zum Teil eben auch unser Land repräsentieren, sich nach oben hin in dieses kleine Oktogon der Himmel öffnet und das Licht einströmt. Das ist für mich ein Sinnbild unserer Lebenssituation. Wir stehen mit beiden Beinen auf der Erde, aber wir schauen durchaus durch die vordergründigen Mauern in die Zukunft.“ Auf dem Weg zum Ostchor mit den Werken Hann Triers fällt der Blick unweigerlich auf das Apsisgewölbe. „Wir sehen zuoberst das apokalyptische Lamm mit einem Sonnenkranz umgeben. Dann die himmlischen Heerscharen“, erklärt der Bischof. „Und unterhalb des Lammes mit dem siebenfach versiegelten Buch erkennen wir die apokalyptische Frau. Und das ist das Besondere. Das Tageslicht strömt von außen in diese Darstellung hinein und gibt dem ganzen Bild eine besondere Leuchtkraft, auch selbst an Tagen, an denen die Sonne nicht so scheint. Die apokalyptische Frau steht für die Kirche in der Zeit in der Bedrängnis in ihrer Wüstenwanderung und darüber das Lamm, das alleine in der Lage ist, den Lebenssinn der Weltgeschichte zu entschlüsseln.“ Spuren hinterlassen
Nur wenige Schritte sind es von hier zu einem der Lieblingsbilder des Bischofs. „Auf dieser Seite hat der Düsseldorfer Maler Hann Trier (1915 bis 1999) Feuer und Erde dargestellt, auf der anderen Seite Luft und Wasser“, kommt er beim Anblick der Darstellung der vier Elemente ins Schwärmen. „Man mag sich zunächst fragen, was solche abstrakten Bilder in einer Kirche sollen. Sie verweisen eben auf die Schöpfung, auf die vier Elemente, die wir zu diesem Leben brauchen. Und wenn man die Schöpfung begreift als ein Werk Gottes und diesen Schwung in dem Bild erkennt, das barocke Lebensgefühl, das ausstrahlt, dann kann man auch verstehen, dass solche Bilder sich sehr wohl in den Kanon dieser barock gestalteten Kirche einfügen.“ Jede Zeit sollte sich in ihrem Glauben einbringen, antwortet Bischof Friedhelm auf die Frage, für wie wichtig er moderne Kunst auch in alten Kirchen erachte. Auch unsere Zeit könne mit vielen Werken aufwarten, die den Glauben, wenn vielleicht auch nicht mehr so vordergründig, aber doch aus dem Wesen der Kunst heraus, transportierten. „Es ist wichtig, dass unsere Spuren auch für die nachkommenden Generationen nachweisbar sind.“ Maria vom Käppele ruft!
Ortswechsel: „Oh ja, ich bin auch schon des öfteren hier rauf gestiegen, mit Besuchern, aber auch alleine, weil ich denke, dass dieser Kreuzweg zu den schönsten gehört, die wir in Deutschland haben, und dass die gesamte Anlage den Menschen innerlich frei macht“, sagt Bischof Friedhelm, als er eine halbe Stunde später auf dem untersten von insgesamt fünf Plateaus steht und sein Blick hinauf zum Nikolausberg wandert. Hier trohnt am Ende des 256-stufigen Kreuzwegs das barocke „Wunderwerk“ des genialen Baumeisters Balthasar Neumann. „Wenn wir jetzt hinaufsteigen, dann spürt man, wie manche Last abfällt und wie man auch durch das Betrachten der Kreuzwegstationen auf das Wesentliche des Lebens hingerichtet wird“, freut sich der Bischof auf den Aufstieg. Steinerne Fußspur Mariens
„Eine ganz große Rolle“ spiele die Muttergottes in seinem Leben, erläutert Bischof Friedhelm beim Hinaufsteigen: Maria sei diejenige, die mit ihrer Lebenshingabe die Menschwerdung Gottes erst ermöglicht habe. Mit ihrem Ja, mit ihrem „fiat“ (es geschehe) habe sie sich vorbehaltlos auf den Willen Gottes eingelassen. Sie habe es im Leben nicht einfach gehabt. Sie habe den Karfreitag miterleben müssen, den Tod Jesu. „Und sich da immer wieder an die Gnade Gottes zu halten, ist ja die Herausforderung, mit der heute viele Menschen zu kämpfen haben“, erläutert der Bischof. Beim linken Treppenaufgang zum dritten Plateau legen wir beim sagenumwobenen Fußabdruck einen Zwischenstopp ein. Der Legende nach soll dieser von Maria stammen, als sie mit dem Jesusknaben einmal über den Nikolausberg ging. Fußspuren dieser Art fände man auch in der Himmelfahrtskirche in Jersualem. Dort seien es die Abdrücke von beiden Füßen Jesu, erklärt der promovierte Kunsthistoriker. „Man sagt, hier ist Christus in den Himmel aufgefahren. Wenn man aber einmal in die Historie dieser Fußabdrücke zurückschaut: Auch schon der römische Kaiser hat seine Fußabdrücke in einer zementartigen Masse hinterlassen. Die wurden durch das Land getragen und wenn die Fußabdrücke zu sehen waren, dann war der Kaiser selber da, er war gegenwärtig. Man musste die Fußspuren so verehren wie den Kaiser.“ So sei Maria hier auf dem Kreuzweg hinauf zum Käppele auch gegenwärtig. Auch wenn es nicht erwiesen sei. „Man kann sich daran aber erfreuen.“ Im Marienheiligtum
Schon bald ist der Eingang ins Marienheiligtum erreicht. Unter der Kuppel mit den Malereien von Matthäus Günther drängt sich die Frage auf, ob der Bischof als Kölner mit dieser Überfülle des bayerischen Rokoko überhaupt zurechtkommt: In der Tat sei es eine Herausforderung, wenn man die Strenge der Romanik und die Weite der Gotik von Kindesbeinen an kennengelernt habe. Er empfinde es aber als einen wunderbaren Kontrast. Es gehört eben alles in die Geschichte der Kirche hinein. „Jeder Stil hat seinen Sitz im Leben“, betont der Bischof. Anschließend führt ihn der Weg schnurstracks in die Seitenkapelle zum Gnadenbild, das 1640 auf dem Nikolausberg aufgestellt worden war: „Es ist ein Pieta-Bild, ein Bild, das eben die Schmerzensreiche Maria mit ihrem göttlichen Sohn betrachtet“, erklärt er leise, Rücksicht nehmend auf die sechs Personen, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Gnadenkapelle zum Gebet versammelt haben. „Maria hält ihren toten, erwachsenen Sohn auf dem Schoß, so wie sie das kleine Kind getragen und behütet hat und sie muss ihn loslassen“, erklärt er weiter. Aber die Auferstehung folge. Und damit werde der Schmerz in Freude verwandelt. „Beides findet sich in diesem Bild“, sagt Bischof Friedhelm. Als bekrönte Frau sei sie hier dargestellt, weil sie die Königin des Himmels sei. Das habe sie aber nicht davon entbunden, als die Schmerzensreiche auf Erden zu leben. „Und die Menschen finden in der Schmerzensreichen ein Pendant ihres eigenen Leidens, ihrer eigenen Not und wissen, dass sie ihre Sorgen und Nöte der Muttergottes anvertrauen können.“ Maria vertrauen
Noch vor dem Antritt als Bischof von Würzburg habe er diesen Ort aufgesucht, erzählt der Bischof. „Ich kam damals herauf und sah auf die wunderbare Stadt. Es kamen Leute auf mich zu und fragten ,Sind Sie der neue Bischof? Wir haben gerade für Sie gebetet.’ Das zeigte mir noch einmal, dass eben der Bischof mit den Gläubigen zusammen das Volk Gottes bildet.“ Nach dem Besuch des Bischofs beim zweiten Gnadenbild der Kirche, es stammt von der Vogelsburg bei Volkach und wurde 1954 hier aufgestellt, entzündet der gebürtige Kölner eine Kerze. Beim anschließenden Besuch des Mirakelgangs mit den zahlreichen Votivtafeln (Dankbildern für die Erhörung eines Gebets) und Votivgaben aus Wachs wie Arme, Beine und Herzen, stellt der Bischof fest: „Jedes Bild hat eine eigene Lebensgeschichte und erzählt von den Wundern, die den Menschen zuteil wurden. Jedes Bild, jeder Gegenstand, erinnert uns an eine klare historische Begebenheit und gibt uns Mut, uns Maria anzuvertrauen.“‚ Bevor der Rundgang zu den drei wichtigen Orten in der Bischofsstadt gegen 16.30 Uhr endet, lässt Bischof Friedhelm seinen Blick über die Stadt schweifen: „Der Main – wie ein Lebensstrom, die Stadt mit wunderbaren Kirchen und anderen großen Gebäuden geschmückt. Dahinter die Weinberge. Die großen sozialen Einrichtungen der Stadt sind sichtbar. Das neue Zentrum der Universität. Es ist ein Gedicht, auf diese Stadt herabzuschauen“, kommt der Rheinländer ins Schwärmen. „Die Kirchtürme im Stadtbild sind wie Zacken einer großen Krone.“ Auf die Frage, ob er in den knapp acht Jahren als Bischof von Würzburg Wurzeln in Franken geschlagen habe, antwortet er mit einer kleinen Geschichte: „Als ich 65 Jahre alt wurde, kamen Winzer und schenkten mir neun Weinstöcke. Sie pflanzten sie in meinen Garten und ich fragte, warum sie gerade mir das schenken. Und dann sagten sie ,Damit Sie sich in Würzburg verwurzeln’. Und immer wenn ich diese Weinstöcke jetzt blühen sehe oder sie Frucht bringen, dann denke ich: Das ist ein Stück Sinnbild meines Lebens in Würzburg.“ Am Bistum mag er vor allem die lange Geschichte. Auch die besondere Lage der Stadt inmitten Deutschlands begeistere ihn. Ganz besonders aber schätze er den Menschenschlag. „Die Menschen sind so freundlich.“ Wein habe schon immer die Menschen geprägt. Das scheine auch hier so zu sein. Im Vergleich zum Rheinland gebe es in Unterfranken eine verhaltenere Fröhlichkeit, „die den Menschen aber Mensch sein lässt“. Der Unterfranke sei auch verlässlicher. „Diese Verlässlichkeit ist ein großes Gut.“ Den Dialog voranbringen
Bevor wir uns verabschieden, wollen wir von Bischof Friedhelm noch wissen, was er in den verbleibenden fünf Jahren als amtierender Bischof noch erreichen will? „Einmal den Dialogprozess gut zum Abschluss bringen, dass der Glaube wieder weitere Wurzeln schlägt und dass wir zum Schluss eine Gemeinschaft von Kirche darstellen, die auch vielleicht anderen Menschen hilft, neu zum Glauben zurückzufinden.“ Den Rücken will der Bischof den Menschen zwischen Main und Rhön, zwischen Steigerwald und Untermain nach seiner Emeritierung voraussichtlich im Mai 2017 nicht zukehren. „Ich werde nicht wieder nach Köln gehen. Ich habe hier Wurzeln geschlagen. Ich hoffe, dass der liebe Gott mir noch einige Jahre schenkt, die ich dann hier verbringen werde.“