Evangelium
In jener Zeit kehrte Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn.
Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesusantwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesusantwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.
Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.
Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.
Lukasevangelium 4,1–13
„Mein Glaube ist hier bekannt“
Über seinen Glauben zu sprechen – das ist für Klemens Koschig kein Problem. Weder vor einigen Jahren, als er Oberbürgermeister der ostdeutschen Stadt Dessau-Roßlau war, noch heute, wenn er in der Stadt unterwegs ist. „Mein Glaube ist hier bekannt. Die Leute wissen, der Koschig ist der erste katholische Bürgermeister Roßlaus seit der Reformation“, sagt er und lacht. Seine Neujahrsansprachen als Bürgermeister endeten immer mit dem Satz, Gott möge die Bürgerinnen und Bürger der Stadt schützen. Und in Glückwunschschreiben zu Geburtstagen wünschte er den Jubilaren Gottes Segen. „Damit habe ich nie ein Problem gehabt oder bin angeeckt“, sagt Koschig. Nur einmal verbat sich eine Frau einen solchen Satz. „Da habe ich ihr erklärt, dass es für mich nichts Schöneres gibt, als jemandem Gottes Segen zu wünschen“, sagt Koschig. „Als die Dame merkte, dass ich sie nicht missionieren will, war das auch für sie in Ordnung.“
Heute ist Koschig Wortgottesdienstbeauftragter in seiner Pfarrei. Meist leitet er den Gottesdienst am Mittwochmorgen – und bereitet sich gründlich darauf vor. Er liest verschiedene Bibelübersetzungen oder theologische Literatur zu den Textstellen. Ihm geht es darum, dass das Wort Gottes im Leben der Menschen wirkt. „Ich muss mir den Glauben und das Wort Gottes immer neu aneignen. Da muss man dranbleiben. Mit dem Herzen glauben und mit dem Mund bekennen, ist eine echte Herausforderung für jeden Christen“, sagt Koschig.
Deutlich wird ihm das immer wieder, wenn er etwa in Kneipen zu Stammtischen geht, an denen eindeutig AfD-Anhänger in der Mehrheit sind. „Da werden manchmal Parolen rausgehauen und da will ich gegenhalten“, sagt Koschig. Er bringt seinen Glauben und die christlichen Werte ins Spiel: dass jede Seele in Gottes Schöpfung gleich viel wert ist, dass jeder die gleiche Würde besitzt. „Das hören die nicht gerne“, sagt Koschig. Aber er hat die Erfahrung gemacht: „Wenn man die Leute daran erinnert, wird die Diskussion wieder etwas sachlicher.“
Kerstin Ostendorf
„Ich bin froh, dass ich die Quelle der Heiligen Schrift habe“
„Um meinen Glauben habe ich nie ein Geheimnis gemacht“, sagt Michael Lennartz. „Auch nicht bei der Arbeit.“ Über 40 Jahre war er als Ausbilder, Trainer und Personalentwickler bei der Sparkasse in Düsseldorf tätig, seit kurzem ist er in Rente. Über seinem Schreibtisch hing stets ein Franziskuskreuz. Von seinen Kolleginnen und Kollegen bekam er darauf gemischte Reaktionen. Einige waren neugierig, andere ablehnend. „Dass man so einem Verein überhaupt noch angehört“, hätten manche zu ihm gesagt, vor allem in der jüngeren Vergangenheit. In solchen Diskussionen sei er dann immer bei sich geblieben, sagt er. „Ich bin froh, dass ich die Quelle der Heiligen Schrift in meinem Leben habe.“ Denn darin finde er viele gute Impulse zum Thema Neuanfang, Vergebung, Zuversicht oder menschliches Miteinander. Manchmal seien Arbeitskollegen auch Jahre später noch auf ihn zugekommen, um ihm für seine Impulse zu danken oder eine Frage zu seinem Glauben zu stellen, erzählt er.
Diesen offenen Umgang mit seinem Glauben verdankt Lennartz vor allem zwei Dingen: Taizé und der geistlichen Bewegung „Charismatische Erneuerung in der katholischen Kirche“. In Taizé habe er als Jugendlicher erfahren, dass Menschen aus aller Welt ihren Glauben teilen und ihn dort zusammen feiern. Die Charismatische Erneuerung war für ihn auf andere Weise prägend. Denn dort haben sich die Mitglieder der Gebetskreise, die an seine katholische Pfarrgemeinde angeschlossen waren, gegenseitig ermutigt, offen und ehrlich über ihren Glauben auszutauschen.
Für Menschen, die lernen wollen, offener über ihren Glauben zu sprechen, hat Lennartz folgende Tipps: „Nur Mut – die christliche Botschaft hat viel zu bieten.“ Wenn man ehrlich und authentisch und vor allem in seinen eigenen Worten über den Glauben spreche, dann seien viele Menschen aufnahmebereiter, als man denkt, sagt er: „Es hilft, die Menschen bei den Themen abzuholen, die sie gerade bewegen.“ Dann können sie erkennen, welche Schätze die Bibel für ihr Leben bereithält: „Gott lädt uns ein, eine persönliche Beziehung zu ihm aufzubauen und zu pflegen.“
Jasmin Lobert
„Warum hat uns das nochniemand gesagt?“
Sebastian Mutke sieht es als Vorteil, dass er zu einer Minderheit gehört. Denn es verbindet ihn mit den muslimischen, den katholischen, den evangelischen und den sorbischen Schülerinnen und Schülern in seiner Klasse. Der 41-Jährige ist Berufsschullehrer für Ethik, Sozialpädagogik und Musik in Bautzen. Und er zählt sich zu den drei Prozent katholischen Christen in Sachsen.
Obwohl er in der Diaspora lebt, sieht Mutke Glaube und Religion überall. „Und ich bringe das dann auch sofort ins Wort“, sagt er. Wie beim Lehrerausflug ins Stadion von Dynamo Dresden. Ein Rasen, den nur Spieler und Trainer betreten dürfen? Große Transparente mit den Berühmtheiten des Fußballvereins? „Das ist hier ja wie in einer Kathedrale“, sagte Mutke – und hatte die Aufmerksamkeit seiner Kolleginnen und Kollegen. Er erzählte ihnen dann, warum ihn der Rasen an den Altarraum in Kirchen und an die Geschichte von Mose am brennenden Dornbusch erinnert: Ein Stadion ist eben kein profaner Ort, sondern in gewisser Weise heiliger Boden.
Seine Kolleginnen und Kollegen hätten mit Verwunderung reagiert, erzählt Mutke: „Warum hat uns das noch niemand gesagt?“ Er erlebt Neugier und Offenheit, wenn er von Glaubensdingen spricht. Aber er gibt auch zu, dass er wohl eine Gabe hat, „Glaubenswissen in eine Sprache zu übersetzen, die mein Gegenüber versteht“.
Er will mitteilen, was ihm selbst im Leben Hoffnung gibt. Zum Beispiel erklärt er den Schülerinnen und Schülern seiner Klasse, was der „Coach Paulus“ schon vor 2000 Jahren erkannt hat. Nämlich, dass jede und jeder für die Gemeinschaft unentbehrlich ist und dass niemand alles alleine können muss. „Du kannst halt nicht alles, das musst du aber auch gar nicht. Denn du bist ja nicht alleine“, sagt Mutke dann. Es ist die Lehre über die verschiedenen Fähigkeiten. Paulus nennt sie Geistesgaben. Gemeinschaft funktioniert eben, wenn alle zusammenarbeiten, so die Botschaft des Apostels an die Christen in Korinth. Auch für junge Leute von heute ist das wichtig. Da ist sich Mutke sicher.
Barbara Dreiling