Die Botschaft von Sabine Hofmann ist einfach und eindringlich: „Je mehr Ersthelfer es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand uns und unseren Familien helfen kann.“ Sabine Hofmann leitet beim Malteser Hilfsdienst in Würzburg Kurse für betriebliche Ersthelfer. Bei ihren Kursen treffen sich Bauarbeiter, Köche, Büro-Angestellte und Ehrenamtliche. Auch die Diözese Würzburg schickt die meisten ihrer ehren- und hauptamtlichen Ersthelfer zu den Maltesern. Rund 1060 Haupt- und Ehrenamtliche sind im Bistum Würzburg insgesamt als Ersthelfer registriert.
Zu den Teilnehmern gehörte 2024 auch Generalvikar Dr. Jürgen Vorndran: „Erste Hilfe rettet Leben. Hier kommt es auf jede und jeden an“, sagt er und freut er sich über den freiwilligen Einsatz vieler Haupt- und Ehrenamtlichen. Auch für das persönliche Umfeld sei der Kurs bei den Maltesern wichtig. Und: „Hilfe braucht Wissen, um in einer Stresssituation das Richtige tun zu können. Das wird hier sehr gut vermittelt.“
Bereits in Jugendverbänden selbstverständlich
Auch Katharina Leniger ist die Ausbildung wichtig. Die 33-Jährige leitet seit September 2024 das Referat Geistliches Leben. Gleich nach ihrem Berufsstart bei der Diözese Würzburg meldete sie sich zu einem Erste-Hilfe-Kurs an. Die Inhalte sind ihr nicht neu: „Ich war schon an der Uni Ersthelferin“, berichtet sie. Auch bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in Jugendverbänden habe die Erste-Hilfe-Ausbildung dazu gehört: „Das hat für mich viel mit gesellschaftlicher Verantwortung zu tun“, sagt die Theologin, und: „Wenn man viel übt, ist man auch eher bereit, im Ernstfall zu helfen.“
Zum Erste-Hilfe-Kurs bei den Maltesern ist Katharina Leniger mit ihrer Kollegin Silke Beetz gekommen, die ebenfalls im Referat Geistliches Leben arbeitet. Sie frischt regelmäßig alle zwei Jahre ihr Wissen auf. „Ich bin froh, dass auch der Arbeitgeber mit drauf schaut und die Ersthelfer-Ausbildung fördert“, sagt Silke Beetz. Mit im Kurs sitzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bildungshauses Himmelspforten, darunter Küchenleiter Gerald Pfennig. „Bei unserem festen Personal passiert weniger, aber es kommt schon mal vor, dass sich ein Praktikant schneidet“, fasst er seine Erfahrungen in Erster Hilfe zusammen. Das Personal fühle sich auch den Gästen des Bildungshauses verpflichtet: „Das sind oft Kleinigkeiten, etwa wenn ein Gast stolpert oder sich heißes Essen über die Kleidung kippt.“
Für Kollegen und Besucher wichtig
Seit mehr als 15 Jahren ist Gerald Pfennig mittlerweile Ersthelfer, trotzdem seien die Kurse alle zwei Jahre immer wieder eine Bereicherung: „Man geht ganz anders in die Situationen, wenn man immer wieder übt“, umschreibt er das Gefühl der Sicherheit.
Nicht nur von Übungen, sondern auch durch Ernstfälle weiß Florian Liebler das Wissen aus den Erste-Hilfe-Kursen zu schätzen: Der 35-Jährige arbeitet hauptberuflich in der Geschäftsstelle des Diözesanrats, ehrenamtlich engagiert er sich in seiner Heimat Sommerhausen bei den First Respondern und ist Atemschutzgeräteträger bei der Feuerwehr. Seit 2018 gebe es die First Responder in Sommer- und Winterhausen. Die Ehrenamtlichen werden parallel zum Rettungsdienst gerufen, wegen der kurzen Wege sind sie oft vor Notarzt und Rettungswagen am Einsatzort.
Übungen mit dem Defibrilator
Rund 80 Einsätze hatten die First Responder im vergangenen Jahr, von internistischen Notfällen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall bis zum Busunfall mit mehreren Verletzten. „Wir wissen oft nicht, was auf uns zukommt, umso wichtiger ist, für alles gut gewappnet zu sein“, fasst er seine Motivation zusammen, immer wieder sein Wissen in Erster Hilfe aufzufrischen. Zudem sei es wichtig, sich mit möglichen Hilfsmitteln vertraut zu machen, also etwa im Alltag zu schauen, wo der Verbandskasten im Betrieb oder wo ein öffentlicher Defibrilator, kurz: Defi, hängen. Die Ausbildung an dem Gerät ist mittlerweile Standard bei den Ersthelfern.
Ausbilderin Sabine Hofmann legt bei den Kursen Wert auf praxisnahe Szenarien. Deshalb fragt sie zu Beginn auch die Berufsgruppen und die Vorerfahrungen ab. Als einen Übungsfall wählt sie spontan: „Der Generalvikar will jemanden am Bahnhof abholen und sieht, wie eine Person zusammenbricht.“ Bei der Auflistung der notwendigen Schritte betont sie, wie wichtig der Selbstschutz ist und dass sich Ersthelfer selbst Hilfe holen müssen: „Wenn jemand einen Herzstillstand hat, braucht er dringend professionelle Hilfe. Ihr ruft immer erst an“, lautet deshalb eine ihrer Botschaften. Im Rollenspiel lässt sie zudem jeden Teilnehmer mindestens einmal mit dem Defi üben.
„80 Prozent der Notfälle passieren im Haushalt, nicht bei der Massenkarambolage auf der Autobahn. Es ist wichtig, dass man solche Kurse macht, um seinen Liebsten helfen zu können“, betont Christian Oeding, Leiter Ausbildung beim Malteser Hilfsdienst. Rund 600 Kurse mit insgesamt 8000 Teilnehmenden pro Jahr stehen in der Bilanz der Würzburger Malteser. Beim überwiegenden Teil übernehmen die Berufsgenossenschaften die Kosten. Zufrieden ist Oeding mit dieser Zahl nicht: „Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass jeder Mensch Erste-Hilfe leisten können sollte. Von daher sind es aus unserer Sicht immer zu wenige, die ausgebildet sind.“
Fünf Prozent Ersthelfer vorgeschrieben
Joachim Gold leitet im Bistum Würzburg das Projekt „Arbeitssicherheit mit System“. „Bei uns gilt wie bei jedem Unternehmen: Sobald mindestens zwei Beschäftigte zusammentreffen, sollte ein Ersthelfer oder eine Ersthelferin dabei sein“, nennt er als Grundsatz. Der Gesetzgeber gebe vor, dass in Verwaltungen fünf Prozent der Beschäftigten Ersthelfer sein müssen. Bei kleineren Einheiten, etwa in den Pfarrbüros müssten es anteilig mehr sein.
Bei den Hauptamtlichen stehe die Diözese gut da: 380 Ersthelfer gebe es aktuell. Bei rund 2100 Beschäftigten also gut 18 Prozent. Doch die Verteilung ist unterschiedlich: In vielen Bereichen wie den Bildungshäusern oder größeren Einheiten wie dem Kilianeum oder dem Medienhaus sehe es sehr gut aus, in anderen Bereichen würde sich Gold mehr Engagement wünschen. Im Ehrenamt sei die Situation sehr unterschiedlich: In Teilbereichen wie dem Hochseilgarten auf dem Volkersberg ist die Erste-Hilfe-Auffrischung alle zwei Jahre Voraussetzung dazu, als Trainer arbeiten zu können. Auch für Jugendleiter gehöre Erste Hilfe fest zur Ausbildung. Insgesamt hat Gold allerdings nur 680 Ehrenamtliche auf seiner Liste. Bei einer fünfstelligen Zahl von Ehrenamtlichen im Bistum sei noch Luft nach oben: „Man kann nie genug Ersthelfer haben, auch bei der Wallfahrt, im Gottesdienst oder beim Pfarrfest“, lautet Golds Empfehlung an Gemeindeteams und Kirchenstiftungen.
Gold sieht allerdings nicht nur die gesetzlichen Vorgaben: „Unser Ziel ist, möglichst viele Ersthelfer auf der Fläche zu haben“, sagt er, und: „Wir wollen, dass die Mitarbeitenden das nicht als Verpflichtung ansehen, sondern als Chance, anderen Menschen helfen zu können.“ Zudem gebe es praktische Vorteile: Ministranten ab 16 Jahren können zum Beispiel über die Kirche kostenlos einen Erste-Hilfe-Kurs absolvieren, den sie dann auch für den Führerschein nutzen können. Gemeinsame Erste-Hilfe-Kurse seien zudem ein sinnstiftendes Gruppen-Event, ob für Kirchenchor oder Kirchenverwaltung. Am Ende gehe es schließlich fast immer darum, Menschen im persönlichen Umfeld bei Notfällen helfen zu können. Aus eigener Erfahrung weiß Gold: „Wir müssen als Ersthelfer das therapiefreie Intervall füllen, bis professionelle Hilfe eintrifft.“
Joachim Gold
leitet in der Diözese Würzburg das Projekt „Arbeitssicherheit mit System“. Mehr Infos gibt es im MIT unter „Referat Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“ oder per Mail an die Adresse zd-ersthelfer@bistum-wuerzburg.de.
(Von Ralf Ruppert und Kerstin Schmeiser-Weiß)
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