Der Geschäftsführer hatte das Kloster Kreuzberg bereits am 16. März zugesperrt. Nachdem tags zuvor, einem Sonntag, riesiger Andrang geherrscht hatte – sogar ein Bus fand noch seinen Weg auf den Klosterparkplatz – und nicht jeder Abstand hielt, fiel die Entscheidung zu schließen. Zu riskant war Weghofer und der Deutschen Franziskanerprovinz, die Gesellschafter der Klosterbetriebe ist, in Zeiten von Corona der Weiterbetrieb. Ein Teil der Mitarbeiter in der Verwaltung arbeite noch, erklärt der Geschäftsführer. Den Rest der insgesamt 79 Beschäftigten musste er in Kurzarbeit schicken.
Vorerst kein Bier
Seither ist es am Kreuzberg sehr ruhig. Wo sich sonst Touristen und Einheimische in den Gasträumen und auf Bierbänken im Freien drängen, herrscht gähnende Leere. Gelegentlich kommen einzelne Wanderer vorbei. Auch für sie bleiben die Türen natürlich zu. Und hin und wieder schaue die Polizei auf dem Berg nach dem Rechten, sprich der Einhaltung der Ausgangsbeschränkung, erzählt Weghofer. Ansonsten: Ruhe und Leere. „So kennt man den Kreuzberg nicht.“ Es sei noch ruhiger als im November, sagt der Geschäftsführer. Da hatte das Kloster in der Vergangenheit traditionell einige Wochen seine Pforten für Besucher geschlossen. Heuer wird im November geöffnet sein. Das war allerdings schon vor Corona so geplant.
Die unverhofft ruhige Zeit nutzen sie am Kreuzberg dazu, Arbeiten zu erledigen, die im laufenden Betrieb schwer möglich sind. So werden die Rezeption im Gästebereich umgebaut und der Fußboden an der Schenke neu verfugt. Weghofer gibt zu bedenken: Müsse man zusperren, könne man schlecht gleichzeitig viel Geld ausgeben. Und was ist mit dem bekannten Kreuzbergbier? „Glauben und genießen“, lautet ja das Motto auf dem Heiligen Berg der Franken. Für viele ist das Bier dabei wichtig. Gebraut wird es aktuell nicht. Denn ohne Publikumsverkehr und die Gastronomie liege der Bierverkauf auf Eis, erklärt Weghofer. Da greife eins ins andere.
Bei all dem stellt sich die Frage: Wie lange kann das Kloster Kreuzberg die Schließung wirtschaftlich verkraften? „Wir halten das schon ein bisschen durch“, sagt der Geschäftsführer, der bereits Soforthilfe beantragt hat. Der Kreuzberg sei gut aufgestellt. Außerdem zeigt er sich zuversichtlich, dass das Kloster, sollte es in Not geraten, Hilfe von der Deutschen Franziskanerprovinz aus München erhalten werde. „Es ist halt momentan schwierig.“ Wie und wann es auf dem Heiligen Berg der Franken weitergehe, hänge von den weiteren Maßnahmen der Regierung ab. Wenn wieder geöffnet werden darf, hofft Weghofer „normal in Betrieb gehen“ zu können. Für das Kloster Kreuzberg sieht er dabei einen Vorteil: Der Großteil des Betriebs werde dann im Freien stattfinden. Da könne man die Bierbänke bei Bedarf weiter auseinanderstellen. Zudem baut Weghofer dann auf die Vernunft der Gäste.
Intensive Stille
Und wie steht es derzeit um den Glauben auf dem Heiligen Berg der Franken? Die Kirche ist zu, öffentliche Gottesdienste werden nicht gefeiert, die Kerzenkapelle ist ebenfalls dicht. Es sollten sich ja nicht viele Menschen auf engem Raum aufhalten, erklärt Guardian Pater Georg Andlinger die Schließung von Gotteshaus und Gebetsraum. Er und seine zwei Mitbrüder feiern Gottesdienste in der Hauskapelle. Es herrsche eine „seltsame Atmosphäre wenn keine Menschen hier sind“, berichtet der geistliche Leiter des Klosters. „Das ist sehr ungewöhnlich für uns.“ Es sei auch nicht wirklich mit der Schließung im grauen November vergleichbar. „Normalerweise wäre hier sehr viel Leben“, sagt Pater Georg mit Blick auf den Sonnenschein in letzter Zeit. Und oben am Berg hat der Pater bemerkt: „Die Stille ist noch viel intensiver“. Die Geräusche aus dem Tal hätten stark abgenommen.
Dass die Kirche vorübergehend geschlossen ist, nutzt man am Kreuzberg nun dazu im Chorraum der Kirche mit Hilfe eines Gerüsts schadhafte Stellen – lockeren Putz und Risse – für die Planung einer künftigen Renovierung zu begutachten. Das ist ohne Besucher leichter möglich. Von den Ausgangsbeschränkungen seien er und seine Mitbrüder aber nicht so sehr betroffen, erzählt der Guardian. Mit dem Hund, Bernhardiner Joseph, drehe er weiter seine Runden und lese viel. Wegen der schon vor Corona geplanten Erneuerung des Sakristeidachs, räumen die Brüder dort zudem gerade den Dachboden aus. Es sei erstaunlich, was sich da im Lauf der Jahrhunderte angesammelt habe. Vielleicht gehe es bei ihnen also aktuell ähnlich zu „wie in manch anderem Haushalt auch“, sagt Pater Georg. „Für uns ergibt sich sozusagen zurzeit nur ein Zwangsurlaub.“
Wallfahrten?
Damit meint der Guardian den Wegfall der öffentlichen Gottesdienste und der Betreuung der Wallfahrer. Die Wallfahrtsaison am Kreuzberg eröffnet traditionell der Pilgerzug aus dem hessischen Hilders. Eigentlich wurde der am 6. April erwartet, und die letzte Wallfahrt der Saison aus Haselbach (Dekanat Bad Neustadt) dann am 25. Oktober. Doch im ganzen April kommen heuer keine Wallfahrten. Abgesagt. Und der Mai? Da seien eigentlich jedes Wochenende ein oder zwei Wallfahrten geplant. Aber: „Da wissen wir noch gar nicht, wie es aussieht“, sagt der Pater. Es gelte die Vorgaben des Freistaats Bayern abzuwarten. So lange die Ausgangsbeschränkungen bestünden, lebten sie den Glauben auf dem Kreuzberg als rein klösterliche Gemeinschaft. Würden die Vorgaben gelockert, würden dann die Pfarreien über das Stattfinden ihrer Wallfahrten entscheiden, erklärt Pater Georg. Und fügt an: „Sobald die Beschränkungen aufgehoben sind, sind wir hier wieder voll im Einsatz und bereit die Wallfahrten wieder aufzunehmen.“
Anna-Lena Herbert