Er bat um Vergebung für die Schuld von Christen in 2000 Jahren Kirchengeschichte. Da war die Rede von Intoleranz, Spaltungen, Feindschaft und Diskriminierung von Minderheiten. Der Papst beklagte das Leid der Juden, die Verletzungen der Würde von Frauen und sexuellen Missbrauch im kirchlichen Raum. An diesem 12. März 2000 wirkte die Kirche klein – weil ihr Oberhaupt diese Geste wünschte.
Johannes Paul II., dessen Geburtstag sich am 18. Mai zum 100. Mal jährt, bewies damals Gespür für die Forderungen der Zeit. In anderen Fällen fehlte ihm dieses Gespür. Eher unberührt war der von 1978 bis 2005 amtierende Papst von der innerkirchlichen Kälte, die damals viele wahrnahmen: unbotmäßige Theologen, die disziplinarisch in die Schranken gewiesen wurden; Priester, die heiraten wollten und wie Feinde der Kirche behandelt wurden; Ortskirchen, die durch polarisierende Bischofsernennungen brüskiert wurden; und Betroffene sexuellen Missbrauchs, die die Kirche als abweisenden Block erlebten.
In scharfem Gegensatz dazu stehen die Zeichen des Friedens und der Offenheit, die Johannes Paul II. in die Welt schickte. Die Vergebungsbitten des Jahres 2000 gehören dazu. Im Umfeld des Papstes gab es seltsamerweise Gegenwind. Von „Bedenken sogar hoher Kirchenkreise“ sprach damals die Katholische Nachrichten-Agentur. Manche Theologen befürchteten, die Lehre von der Heiligkeit der Kirche könnte durch das Schuldeingeständnis in Gefahr geraten. Der Papst hatte diese Furcht nicht. Vorbildlich.
Die jüngste Vergangenheit hat gezeigt, wie wichtig es für die Kirche ist, angesichts eigener Schuld Worte zu finden. Vor 20 Jahren ging der Papst selbst voran und legte einen Grundstein, auf dem sich aufbauen lässt.
Ulrich Bausewein