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      Günter Metz aus Langenleiten stellt seit fast 70 Jahren Krippen aus Lindenholz her.

      Rhöner Original schnitzt Originale

      Die Figuren von Günter Metz werden als Sammlerstücke gehandelt und gehen in die ganze Welt. Auf dem Kreuzberg baut der Künstler jedes Jahr die Krippe mehrfach um.

      Mehr als 50 Schnitzeisen liegen auf der Werkbank vor Günter Metz. Schmale und breite, gerade und schräge, gebogene und V-förmige. Für jedes Ohr, jede Falte im Mantel, jeden Finger greift der 82-jährige Holzbildhauer zu einem anderen Messer. Mehrere Stunden am Tag schnitzt er seine begehrten Krippenfiguren. Ruhestand ist auch nach fast 70 Jahren im Beruf keine Option: „Wenn ich aufhören muss, sterbe ich“, sagt der Rhöner, der am liebsten Rhöner Originale in seinen Krippen darstellt. Wer genau hinschaut, sieht immer wieder bekannte Gesichter in den Krippen von Günter Metz: In der Kirche von Kleinostheim zum Beispiel steht ein König, der den jungen Clemens Bieber darstellt, langjähriger Pfarrer von Kleinostheim, mittlerweile Domkapitular und Caritas-Diözesanvorsitzender.

      Entwürfe auf Grundlage von Fotos

      Ob den Gemeindeschäfer, seinen Enkel Kilian oder die Großmutter seiner Frau Anni: Günter Metz kopiert gerne markante Gesichter. In bestellten Krippen hätten Angehörige unter anderem ihre Eltern verewigen lassen. „Da fließen manchmal Tränen bei der Übergabe“, berichtet der 82-Jährige. Zum Teil habe er Figuren kopieren müssen, damit jedes Kind ein Abbild des Vaters oder der Mutter bekam. „Alle meine Figuren sind eigene Entwürfe“, betont Günter Metz. Bei lebenden Vorbildern würden ihm Fotos reichen, Modell sitzen müsse niemand in seiner Werkstatt in Langenleiten. „Ein guter Bildhauer kann nach Fotos arbeiten“, lautet sein Credo, und von einem seiner Ausbilder in München zitiert er gerne den Satz: „Wer keine Ohren und Finger schnitzen kann, taugt nichts als Bildhauer.“

      Zu seinen bekanntesten Werken im Bistum Würzburg zählen die Krippe auf dem Kreuzberg, die Elisabeth-Statue in der Klosterkirche und die Franziskus-Figur an der dortigen Kapelle. Günter Metz lässt es sich nicht nehmen, die Krippe in der Klosterkirche persönlich auf- und umzubauen: Los geht es am Zweiten Advent mit der Darstellung der Herbergssuche, bei der ein Wirt die schwangere Maria abweist. An Heiligabend werden die Figuren getauscht und es kommt das Jesuskind in der Krippe dazu, im neuen Jahr ziehen die Könige ein.

      Die üblichen Figuren in seinen Krippen sind rund 23 Zentimeter hoch. Die Rohlinge werden grob maschinell vorgearbeitet, alles weitere ist Handarbeit. Mindestens zwei volle Tage braucht er für eine Figur. Zum Schluss malt seine Frau Anni (81), gelernte Kirchenmalerin, jede Figur an. „Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt Metz. Deshalb lasse er auch niemanden sonst an seine Figuren. Über Preise spricht Günter Metz eher ungern: Mindestens 250 Euro koste eine Figur.

      Rund 12.000 Euro kostet eine komplette Krippe, wie sie im Ausstellungsraum in der Langenleitener Lindenstraße in der Rhön steht. Die Adresse passt perfekt, denn: So gut wie alle seine Figuren sind aus Lindenholz. Das müsse mindestens acht Jahre trocknen. „Ich verarbeite nur Holz, das natürlich trocknet“, stellt Metz klar. Die bosnische Linde sei die beste, aber er verarbeite auch Linde aus Deutschland. Einzelstücke habe er zudem aus Eiche und Zirbelkiefer geschnitzt.

      2,60 Meter hohe Figur nach Dänemark

      Seine größte Figur sei 2,60 Meter hoch gewesen, berichtet Metz. Sie ging nach Dänemark. Für die einzige Kilianspfarrei in der Schweiz habe er eine 2,40 Meter hohe Heiligenfigur geschnitzt. Und wie kommt er zu seinen Aufträgen aus der ganzen Welt? „Ich habe noch nie Werbung gemacht“, sagt der 82-Jährige lachend. Trotzdem müssen Kunden viel Geduld mitbringen: Wer heute eine Figur bestellt, kann frühestens in einem Jahr mit der Lieferung rechnen, früher betrug die Wartezeit sogar zwei Jahre.

      Handwerklich arbeite er bis heute so, wie er es von 1956 bis 59 in der Holzbildhauerschule Bischofsheim gelernt hat. „Manches kann man vorfräsen, aber die Charakteristik der Figur muss ich mit der Hand herausarbeiten.“ Nach der Ausbildung in der Rhön ging Metz 1959 nach München. Unter anderem habe er während der Oberammergauer Passionsspiele im Jahr 1960 die Schnitzkunst in einer Schauwerkstatt öffentlich vorgeführt. „Ich hätte in der Münchner Residenz arbeiten können, das wäre eine Lebensstellung gewesen.“

      „Ich bin Naturalist geblieben“

      Allerdings zog es Metz 1963 zurück in die Rhöner Heimat. Er heiratete seine Frau Anni, die ebenfalls aus Langenleiten stammt. Beide kennen sich seit ihrer Kindheit. Günter Metz zog ins Elternhaus seiner Frau in der Lindenstraße, baute eine Werkstatt an und erweiterte das Anwesen nach und nach. Hinter dem Haus haben auch sein Sohn Klaus Metz (54), studierter Bildhauer, und Schwiegertochter Heike Metz, ebenfalls bildende Künstlerin, ihr Atelier. Seinen Sohn bildete Günter Metz selbst aus, er blieb in den knapp 60 Jahren seit seiner eigenen Meisterprüfung 1965 der einzige Auszubildende. Klaus Metz gewann etliche Preise und studierte später an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. „Ich bin immer Naturalist geblieben, mein Sohn arbeitet heute ganz anders als ich“, sagt Günter Metz, während er die Werkstatt von Klaus Metz zeigt.

      Begonnen habe er in den 1960er Jahren vor allem mit dem Schnitzen von Kruzifixen. „Wenn früher eine Hochzeit war, haben die Taufpaten dem Paar ein Kruzifix geschenkt“, erinnert er an eine Rhöner Tradition. Und fügt an: „Heute fragt keiner mehr nach einem Kruzifix.“ In seiner eigenen Kindheit habe es auch viel weniger Krippen gegeben: „In meinem Elternhaus gab es keine eigene Krippe, es stand eine in der Kirche und nur einige wenige Haushalte haben sich eine eigene leisten können“, erinnert sich der 82-Jährige. Mit 15 Jahren habe er 1957 die Krippe der Langenleitener Kirche nachgeschnitzt. Das Ergebnis steht bis heute im Ausstellungsraum. „Diese Krippe ist als einzige unverkäuflich“, betont der Holzschnitzer.

      Acht bis zehn Stunden pro Tag

      Acht bis zehn Stunden am Tag habe er in der Werkstatt geschnitzt, um die Familie ernähren zu können, berichtet Metz aus seinem langen Arbeitsleben. Trotzdem blieb Zeit für ehrenamtliches Engagement: Metz saß im Gemeinderat, war Feuerwehrkommandant und spielt bis heute jeden Tag sein Knopfakkordeon. Zudem ist er passionierter Jäger. Als Musiker musste er länger aussetzen, als er bei einem Arbeitsunfall an der Hobelbank ein Fingerglied verlor. „Das waren höllische Schmerzen, und es hat lange gedauert, sich beim Schnitzen und Musizieren umzugewöhnen“, erzählt er.

      Mit den vielen messerscharfen Schnitzeisen verletzte er sich dagegen zum Glück nur sehr selten. Die größte körperliche Einschränkung sei mittlerweile, dass er schlechter sehe. Aber solange es noch irgendwie geht, sitzt er jeden Tag in der Werkstatt.

      Ralf Ruppert