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In Dammbach bringen 100 engagierte Laienschauspieler die Passionsgeschichte auf die Bühne
Rauschebärte und 800 Meter Stoff
Wer in diesen Tagen das Spessartdorf Dammbach besucht, dem werden viele Männer mit langen Rauschebärten über den Weg laufen. Und das nicht etwa, weil die Rasierklingen im Dekanat Aschaffenburg-Ost knapp geworden wären. Vielmehr bereiten sich die Männer mit Haut und Haar auf die Aufführungen der Dammbacher Passionsspiele vor, die ab Samstag, 24. April, neun Mal auf die Bühne der Dammbachtalhalle gebracht werden. Alle Aufführungen unter der Regie von Waltraud Amrhein sind bereits seit vielen Wochen ausverkauft.
Ein Fels zum Bauen
Herbert Hirschs schwarz-grauer Bart reicht bis zur Brust. Aber das nimmt der stämmige, lebenslustige Mann für seine Petrus-Rolle gerne in Kauf. Denn: „Das Aussehen muss stimmen. Die Zuschauer müssen direkt erkennen, wer Apostel, wer Römer ist.“ Der 65-Jährige, der als Elektriker sein Geld verdient, kokettiert gar mit seinem Aussehen. „Na, es passt doch perfekt: ein Felsen, auf den man bauen kann.“ Er sagt es und lacht laut, aber sympathisch. Unverholen gibt der Petrus-Darsteller zu, dass dennoch kein Tag vergeht, an dem sich seine Ehefrau Margot nicht über den dicken Pelz in seinem Gesicht aufregt. „Ja“, murrt Hirsch in seinen Bart, „froh ist sie schon, wenn der Bart wieder ab ist.“
Wie aus der Bibel
Der üppige Haarwuchs macht auch Jesus-Darsteller Alfred Krott etwas zu schaffen. Seit einem Jahr wachsen die braunen, leicht gekräuselten Haare im Gesicht und auf dem Kopf. Mittlerweile sieht er wahrlich aus wie der Bibel entsprungen. Aber: „In der Öffentlichkeit werde ich oft schief angeguckt und die Leute stecken mich sofort in eine negative Schublade.“ Das nimmt der 53 Jahre alte Maschinenschlosser jedoch hin, denn die Darstellung der Christusgeschichte ist ihm ein großes Anliegen. Jahrelang habe die Idee in ihm geschlummert, Passionsspiele in Dammbach auf die Beine zu stellen. „Irgendwann habe ich mir ein Herz gefasst und den Pfarrgemeinderat angesprochen.“ Pfarrer Anton Heußlein sei dabei sein „bester Verbündeter“ gewesen. Erstaunlich schnell fanden sich damals Laienschauspieler und viele helfende Hände in dem 1960-Seelen-Ort. Der Gemeinderat stand als Veranstalter hinter dem Vorhaben. Was folgte, waren im Jahre 2001 die sehr erfolgreichen ersten Dammbacher Passionsspiele.
Mehr Aufwand
In diesem Jahr wird alles noch ein bisschen größer und aufwändiger, aber dennoch „intim“, wie Hirsch betont. „Im Gegensatz zu den Passionsspielen in Sömmersdorf sind wir mit insgesamt 3000 Zuschauern in neun Vorstellungen doch klein.“ Waren es 2001 noch 60 Schauspieler, sind es in diesem Jahr schon fast 100. Neben etwa 30 Frauen spielen diesmal auch Jugendliche und Kinder mit. Zum zweiten Mal sind die 21-jährige Daniela Hartmann und die ein Jahr jüngere Verena Heim mit von der Partie. Und das, obwohl „Frauen nicht viel zu sagen hatten in der Zeit“. Doch Daniela Hartmann, die die Veronika am Kreuzweg Jesu verkörpert, spielt gerne mit: „Meine ganze Familie ist mit dabei und vor drei Jahren hat es mir gut gefallen.“
Genügend Geld kommt bei den Spielen allemal zusammen. Der Erlös, den die Akteure noch nicht genau beziffern können, kommt dem Pfarrzentrum zu Gute, das dringend renoviert werden muss. „Und der Erlös einer Vorstellung ist für einen unserer Techniker. Der junge Mann hat bei einem Motorradunfall sein Bein verloren“, erzählt Hirsch.
Jeder der 93 Darsteller hat ein eigenes Kostüm. Schneider Adolf Englert hat mittlerweile 800 Meter Stoff verarbeitet – alles ehrenamtlich, alles aus seinem Portmonee bezahlt.
Gewänder aus Samt
Sogar in Italien ist er gewesen, um bestimmte Stoffe zu besorgen. Doch darüber redet der bescheidene Dammbacher nicht gerne. Viel lieber präsentiert er seine Kunstwerke. „Hier, das Engel-Kostüm, das reflektiert“, hebt er das weiße Kleidungsstück in die Höhe, um dann hastig in die andere Ecke des Umkleideraums zu eilen. Er zeigt die von einem Metallbaubetrieb angefertigten Rüstungen für die Römer und ein elegantes schulterfreies Kostüm für eine Römerin. Und dann ist sein absoluter Liebling an der Reihe: das Herodes-Kostüm. „Aus schwarzem Samt“, sagt Englert und streicht behutsam, fast zärtlich über den weichen Stoff, der von einer goldenen Bordüre verziert wird. Darauf gestickt soll ein wappenähnliches Motiv die hohe Herkunft des jüdischen Herrschers unterstreichen. Historisch ausgereift ist das Gewand allerdings nicht. „Das Motiv habe ich von einem Blouson meiner Frau. Den musste sie leider opfern“, sagt Englert mit einem Augenzwinkern. Ansonsten nimmt er es mit den Kostümen aber sehr genau. Als Vorbild dienen ihm Musterzeichnungen aus Büchern oder Bibelfilme.
Keine normale Rolle
Das üppige Herodesgewand sitzt Gerald Hegmann wie angegossen. Der Laienschauspieler der „Spessartbühne“ wandelt darin stilsicher, erhaben in den Proben umher. Weit über 100 Stunden hat das Ensemble die Passionsspiele geprobt. Herodes fleht Jesus an: „Ein Wunder, zeig mir doch nur ein kleines Wunder.“ Jesus, gespielt von Alfred Krott, schweigt. In diesen wortlosen Szenen konzentriert sich Krott auf Gestik und Mimik. Er fleht nicht um sein Leben, bettelt nicht, gibt sein Schicksal ruhig in Gottes Hände. Jesus zu verkörpern, das ist für Krott, der auch 2001 Gottes Sohn spielte, eine ganz große Herausforderung. „Nein“, sagt er bestimmt, spielen könne man diese Rolle nicht. Er sucht nach Worten. „Ich kann nur versuchen, in diese Rolle hineinzuschlüpfen, werde sie aber niemals ausfüllen.“ Er komme aus einer gläubigen Familie, doch seit den Passionsspielen sei er „noch intensiver“ Christ geworden. Sein Ziel: „Dass die frohe Botschaft Gottes die Zuschauer erreicht.“
Ein stolzer Diener
An der Seite von Herodes steht sein Diener in einfachem Gewand, aber mit stolz geschwellter Brust. Viel zu sagen hat Jürgen Frohberg in dieser Rolle nicht. Und wenn er spricht, horcht der aufmerksame Zuhörer auf. Seine Aussprache klingt fremd. Und wirklich: Jürgen Frohberg kommt aus Sachsen-Anhalt. Vor vier Jahren zog der gebürtige Wittenberger nach Dammbach und erinnert sich noch heute sehr gut an die ersten Dammbacher Passionsspiele. „Ich war beeindruckt. Ich habe die Aufführung gesehen und begonnen, mich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen“, erzählt der 43-Jährige. Vor einem Jahr ließ sich Frohberg taufen, und nun steht er selbst bei den Passionsspielen auf der Bühne und wirkt mit an dem Stück, das sein Leben verändert hat.
Ein Fels zum Bauen
Herbert Hirschs schwarz-grauer Bart reicht bis zur Brust. Aber das nimmt der stämmige, lebenslustige Mann für seine Petrus-Rolle gerne in Kauf. Denn: „Das Aussehen muss stimmen. Die Zuschauer müssen direkt erkennen, wer Apostel, wer Römer ist.“ Der 65-Jährige, der als Elektriker sein Geld verdient, kokettiert gar mit seinem Aussehen. „Na, es passt doch perfekt: ein Felsen, auf den man bauen kann.“ Er sagt es und lacht laut, aber sympathisch. Unverholen gibt der Petrus-Darsteller zu, dass dennoch kein Tag vergeht, an dem sich seine Ehefrau Margot nicht über den dicken Pelz in seinem Gesicht aufregt. „Ja“, murrt Hirsch in seinen Bart, „froh ist sie schon, wenn der Bart wieder ab ist.“
Wie aus der Bibel
Der üppige Haarwuchs macht auch Jesus-Darsteller Alfred Krott etwas zu schaffen. Seit einem Jahr wachsen die braunen, leicht gekräuselten Haare im Gesicht und auf dem Kopf. Mittlerweile sieht er wahrlich aus wie der Bibel entsprungen. Aber: „In der Öffentlichkeit werde ich oft schief angeguckt und die Leute stecken mich sofort in eine negative Schublade.“ Das nimmt der 53 Jahre alte Maschinenschlosser jedoch hin, denn die Darstellung der Christusgeschichte ist ihm ein großes Anliegen. Jahrelang habe die Idee in ihm geschlummert, Passionsspiele in Dammbach auf die Beine zu stellen. „Irgendwann habe ich mir ein Herz gefasst und den Pfarrgemeinderat angesprochen.“ Pfarrer Anton Heußlein sei dabei sein „bester Verbündeter“ gewesen. Erstaunlich schnell fanden sich damals Laienschauspieler und viele helfende Hände in dem 1960-Seelen-Ort. Der Gemeinderat stand als Veranstalter hinter dem Vorhaben. Was folgte, waren im Jahre 2001 die sehr erfolgreichen ersten Dammbacher Passionsspiele.
Mehr Aufwand
In diesem Jahr wird alles noch ein bisschen größer und aufwändiger, aber dennoch „intim“, wie Hirsch betont. „Im Gegensatz zu den Passionsspielen in Sömmersdorf sind wir mit insgesamt 3000 Zuschauern in neun Vorstellungen doch klein.“ Waren es 2001 noch 60 Schauspieler, sind es in diesem Jahr schon fast 100. Neben etwa 30 Frauen spielen diesmal auch Jugendliche und Kinder mit. Zum zweiten Mal sind die 21-jährige Daniela Hartmann und die ein Jahr jüngere Verena Heim mit von der Partie. Und das, obwohl „Frauen nicht viel zu sagen hatten in der Zeit“. Doch Daniela Hartmann, die die Veronika am Kreuzweg Jesu verkörpert, spielt gerne mit: „Meine ganze Familie ist mit dabei und vor drei Jahren hat es mir gut gefallen.“
Genügend Geld kommt bei den Spielen allemal zusammen. Der Erlös, den die Akteure noch nicht genau beziffern können, kommt dem Pfarrzentrum zu Gute, das dringend renoviert werden muss. „Und der Erlös einer Vorstellung ist für einen unserer Techniker. Der junge Mann hat bei einem Motorradunfall sein Bein verloren“, erzählt Hirsch.
Jeder der 93 Darsteller hat ein eigenes Kostüm. Schneider Adolf Englert hat mittlerweile 800 Meter Stoff verarbeitet – alles ehrenamtlich, alles aus seinem Portmonee bezahlt.
Gewänder aus Samt
Sogar in Italien ist er gewesen, um bestimmte Stoffe zu besorgen. Doch darüber redet der bescheidene Dammbacher nicht gerne. Viel lieber präsentiert er seine Kunstwerke. „Hier, das Engel-Kostüm, das reflektiert“, hebt er das weiße Kleidungsstück in die Höhe, um dann hastig in die andere Ecke des Umkleideraums zu eilen. Er zeigt die von einem Metallbaubetrieb angefertigten Rüstungen für die Römer und ein elegantes schulterfreies Kostüm für eine Römerin. Und dann ist sein absoluter Liebling an der Reihe: das Herodes-Kostüm. „Aus schwarzem Samt“, sagt Englert und streicht behutsam, fast zärtlich über den weichen Stoff, der von einer goldenen Bordüre verziert wird. Darauf gestickt soll ein wappenähnliches Motiv die hohe Herkunft des jüdischen Herrschers unterstreichen. Historisch ausgereift ist das Gewand allerdings nicht. „Das Motiv habe ich von einem Blouson meiner Frau. Den musste sie leider opfern“, sagt Englert mit einem Augenzwinkern. Ansonsten nimmt er es mit den Kostümen aber sehr genau. Als Vorbild dienen ihm Musterzeichnungen aus Büchern oder Bibelfilme.
Keine normale Rolle
Das üppige Herodesgewand sitzt Gerald Hegmann wie angegossen. Der Laienschauspieler der „Spessartbühne“ wandelt darin stilsicher, erhaben in den Proben umher. Weit über 100 Stunden hat das Ensemble die Passionsspiele geprobt. Herodes fleht Jesus an: „Ein Wunder, zeig mir doch nur ein kleines Wunder.“ Jesus, gespielt von Alfred Krott, schweigt. In diesen wortlosen Szenen konzentriert sich Krott auf Gestik und Mimik. Er fleht nicht um sein Leben, bettelt nicht, gibt sein Schicksal ruhig in Gottes Hände. Jesus zu verkörpern, das ist für Krott, der auch 2001 Gottes Sohn spielte, eine ganz große Herausforderung. „Nein“, sagt er bestimmt, spielen könne man diese Rolle nicht. Er sucht nach Worten. „Ich kann nur versuchen, in diese Rolle hineinzuschlüpfen, werde sie aber niemals ausfüllen.“ Er komme aus einer gläubigen Familie, doch seit den Passionsspielen sei er „noch intensiver“ Christ geworden. Sein Ziel: „Dass die frohe Botschaft Gottes die Zuschauer erreicht.“
Ein stolzer Diener
An der Seite von Herodes steht sein Diener in einfachem Gewand, aber mit stolz geschwellter Brust. Viel zu sagen hat Jürgen Frohberg in dieser Rolle nicht. Und wenn er spricht, horcht der aufmerksame Zuhörer auf. Seine Aussprache klingt fremd. Und wirklich: Jürgen Frohberg kommt aus Sachsen-Anhalt. Vor vier Jahren zog der gebürtige Wittenberger nach Dammbach und erinnert sich noch heute sehr gut an die ersten Dammbacher Passionsspiele. „Ich war beeindruckt. Ich habe die Aufführung gesehen und begonnen, mich mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen“, erzählt der 43-Jährige. Vor einem Jahr ließ sich Frohberg taufen, und nun steht er selbst bei den Passionsspielen auf der Bühne und wirkt mit an dem Stück, das sein Leben verändert hat.