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    Passion aus Passion

    Das Bühnenbild hat sich seit der vergangenen Spielzeit verändert. Für 300 000 Euro ist zum Beispiel die Treppe, die zum Palast des Herodes führte, einer Mauer gewichen. Darauf sind Häuser und Straßen der Stadt Jerusalem gemalt. Alle fünf Jahre spielen Bewohner die biblische Passionsgeschichte Jesu auf der eigens dafür gebauten Bühne im Münsterholz-Wald des Dorfes nach. In diesem Jahr sind rund 400 Sömmersdorfer als Schauspieler, Bühnenbildner, Techniker, Kostümbildner oder Maskenbilder dabei. Pro Aufführung spielen sie 20 Szenen in rund vier Stunden inklusive einer 30-minütigen Pause. Viele Familien des Dorfes machen seit zwei oder drei Generationen bei den „Fränkischen Passionsspielen Sömmersdorf“ mit und übernehmen in fast jeder Spielzeit eine Rolle.
    Die Armbanduhr muss weg. Herbert Rüth tippt auf das Ziffernblatt. „Darauf müssen wir unbedingt achten“, sagt er und löst die Schnalle seines Zeitmessers aus dem 21. Jahrhundert. Danach steigt er im Umkleideraum hinter der Bühne der „Fränkischen Passionsspiele Sömmersdorf“ in die Gewänder eines römischen Gerichtsbeamten aus der Zeit Jesu. Neben ihm setzt sich Herodes alias Hermann Gessner seine mit glänzenden Steinen geschmückte Haube auf den Kopf. Auch er muss für mindestens zwei Stunden auf seine Armbanduhr verzichten. Gestalten aus der biblischen Passionsgeschichte und moderne Technik am Handgelenk passen nicht zusammen. Seit 75 Jahren gehören Szenen wie diese in das Dorfgeschehen des 660-Seelen-Ortes Sömmersdorf (Dekanat Schweinfurt-Nord). Alle fünf Jahre spielen Bewohner die biblische Passionsgeschichte Jesu auf der eigens dafür gebauten Bühne im Münsterholz-Wald des Dorfes nach. In diesem Jahr sind rund 400 Sömmersdorfer als Schauspieler, Bühnenbildner, Techniker, Kostümbildner oder Maskenbilder dabei. Pro Aufführung spielen sie 20 Szenen in rund vier Stunden inklusive einer 30-minütigen Pause. Viele Familien des Dorfes machen seit zwei oder drei Generationen bei den „Fränkischen Passionsspielen Sömmersdorf“ mit und übernehmen in fast jeder Spielzeit eine Rolle. „Im Moment haben wir eine tolle Atmosphäre im Dorf. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich durch die Straßen laufe und von so vielen gegrüßt werde“, schwärmt Robert König, erster Vorsitzender des Vereins „Fränkische Passionsspiele Sömmersdorf“, der die Passionsspiele organisiert. 1933 fanden die ersten Aufführungen statt. Zwei Jahre später verboten die Nationalsozialisten die Spiele, bis sie 1957 wieder aufgenommen wurde. „Wir in diesem Jahr das 75. und das 51. Jubiläum“, sagt Frank Greubel, dritter Vorsitzender des Vereins.

    Auf einem Zuschauerplatz verfolgt die 87-jährige Aurelia Martschorke gespannt die erste Durchlaufprobe. Auch in ihrer Familie ist es schon zur Tradition geworden, bei den Passionsspielen mitzumachen. Beim Auftritt ihrer Enkelin, die eine Palasttänzerin des Herodes spielt, lächelt sie. Aurelia Martschorke ist die dienstälteste Schauspielerin der Saison und spielt seit dem Beginn der Sömmersdorfer Passionsspiele 1933 mit. „In den Pausen gab es Zitronenlimonade und Knoblauchwurst. Darauf habe ich mich immer besonders gefreut“, erinnert sie sich. Für sie ist es Ehrensache, auch in der Spielzeit 2008 wieder mit dabei zu sein. „Sonst fehlt mir was“, sagt sie. In früheren Spielzeiten hatte sie eine Begleiterin der Gottesmutter Maria gespielt. In diesem Jahr mimt sie ein Mitglied des Volkes von Jerusalem.
    Einige Reihen hinter der dienstältesten Schauspielerin sitzen die jüngeren Mimen. Sie diskutieren über die römischen Soldaten, die in einer Szene mit Pilatus auf die Bühne marschieren. „Aaachtung!“, bellt der Soldatenhauptmann. Die jungen Männer mit den Helmen, Speeren und Schutzschilden bleiben bewegungslos in einer Reihe stehen. „Die können wir beim nächsten Mal vielleicht spielen“, sagt einer der Jungen und trommelt mit den Fingern auf die Rückenlehne seines Vordermannes.
    In dieser Spielzeit treten sie als Kinder des Jerusalemer Volkes zum Beispiel in der Anfangszene auf. Viele der elf bis 15-Jährigen spielen schon zum zweiten oder dritten Mal mit. „Theaterspielen macht Spaß“, findet der elfjährige Marc Nöth. Auch Luisa Büttner, elf Jahre, hat Spaß daran. „Es ist voll cool, dass so viele Leute zugucken“, erzählt sie. „Es ist interessant, weil man sich in eine frühere Rolle zu Jesu Zeiten versetzen kann“, ergänzt die 15-jährige Ramona Rückert. Nach der Soldaten-Szene wird es für die jungen Schauspieler Zeit, sich umzuziehen. Sie treten in der neuen Schlussszene auf, die für diese und die kommenden Spielzeiten umgeschrieben wurde. „Der Verein hat sich entschlossen, die Szene mit dem umfallenden Stein vor dem Grab zu streichen, weil der Zuschauer keine von uns vorgegebene Auferstehungsszene sehen soll“, erläutert Frank Greubel. In der neuen Szene tritt der auferstandene Jesus auf die Bühne und verkündet den Zuschauern eine Botschaft. „Der Zuschauer soll sich die Auferstehung mit seiner eigenen Fantasie vorstellen und Zuhause über Jesu Botschaft nachdenken“, sagt Greubel. Auch andere Szenen, wie zum Beispiel die Geißelungsszene wurden verändert. Die frühere Szene sei zu brutal gewesen, begründet Greubel.
    Das Bühnenbild hat sich seit der vergangenen Spielzeit ebenfalls verändert. Für 300000 Euro ist zum Beispiel die Treppe, die zum Palast des Herodes führte, einer Mauer gewichen. Darauf sind Häuser und Straßen der Stadt Jerusalem gemalt. „Wir wollten unser Bühnenbild gegenüber anderen Passionsspielen schlicht gestalten, weil uns die Botschaft der Spiele wichtiger als das Drumherum ist“, betont Greubel.
    Außerdem hat der Verein die Holzbänke im Zuschauerraum durch Plastikstühle ersetzt, zwei neue Schutzschirme darüber errichtet und Stoff für neue Kostüme angeschafft. „Die Ausgaben werden wir durch die Eintrittsgelder wieder hereinbekommen“, schätzt Robert König. Er rechnet mit insgesamt 30000 Besuchern, 26000 Karten hat der Verein schon vor Beginn der Aufführungen verkauft. Am Ende der ersten Durchlaufprobe steigen Barbara Zorn, Spielleiterin und Schauspielpädagogin aus dem hessischen Bad Schwalbach, ihr Sohn Bernhard Zorn, Regieassistent, und Robert König auf die Bühne und beginnen mit ihrer Regiekritik. Auf den Zuschauerplätzen vor ihnen sitzen die Schauspieler und Helfer und hören gespannt zu. „Bitte denkt daran, das weiche ‚B‘ beim Barnabas ganz deutlich auszusprechen“, mahnt Barbara Zorn. Auch Lob ist wichtig. „Soldaten, ihr wart perfekt, weil ihr bewegungslos ausgeharrt habt“, sagt ihr Sohn. Beide sind zufrieden mit der ersten Durchlaufprobe, noch zwei Proben trennen sie von der Premiere am 22. Juni, die Bischof Friedhelm eröffnen wird.