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    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Papst bedauert Missverständnisse

    In Castelgandolfo äußerte der Papst vor rund 3000 Gläubigen die Hoffnung, dass der Streit bald beigelegt sei und der wahre Sinn seiner Ansprache klar werde. Die Rede sollte eine Einladung zum Dialog in Respekt sein, unterstrich der Papst. Das mittelalterliche Zitat, an dem sich der Streit entzündete, drücke „in keiner Weise meine persönliche Meinung“ aus, sagte Benedikt XVI. Die Papstrede in Auszügen im Anschluss.
    Auch Papst Benedikt XVI. persönlich hat sein tiefes Bedauern über die muslimischen Reaktionen auf seine Islam-Äußerungen betont. In keiner Weise habe er in seiner Rede in Regensburg die religiösen Gefühle gläubiger Muslime verletzen wollen, sagte er am 17. September beim Angelusgebet in Castelgandolfo. Ähnlich hatte sich bereits am Vortag der neue Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone geäußert. Der Präsident der obersten türkischen Glaubensbehörde, Ali Bardakoglu, begrüßte die vatikanischen Klarstellungen und wertete sie als Entschuldigung. Das Außenministerium in Ankara stellte klar, dass der für November geplante Papstbesuch nicht in Frage gestellt sei.

    Trotz der Aufrufe von muslimischen Geistlichen zur Ruhe waren in den Palästinensergebieten mehrere christliche Kirchen bei Anschlägen beschädigt worden. Offenbar im Zusammenhang mit den muslimischen Empörungen steht auch die Ermordung einer italienischen Ordensfrau in Somalia. Während Pakistan den vatikanischen Nuntius ins Außenministerium einbestellte, berief Marokko seinen Vatikandiplomaten nach Rabat. Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono rief zu Ruhe und Besonnenheit auf.

    „Kreuzfahrermentalität“
    In Castelgandolfo äußerte der Papst vor rund 3000 Gläubigen die Hoffnung, dass der Streit bald beigelegt sei und der wahre Sinn seiner Ansprache klar werde. Die Rede sollte eine Einladung zum Dialog in Respekt sein, unterstrich der Papst. Das mittelalterliche Zitat, an dem sich der Streit entzündete, drücke „in keiner Weise meine persönliche Meinung“ aus, sagte Benedikt XVI. In dem Zitat (siehe Kasten) hält ein christlicher Kaiser einem muslimischen Theologen vor, der Prophet Mohammed habe nur „Schlechtes und Inhumanes“ in die Welt gebracht.

    Bardakoglu sagte der „Welt am Sonntag“, die Entschuldigung des Papstes entspreche „der Verantwortung eines Kirchenoberhaupts, dessen Rolle es ist, für Verständnis zwischen den Religionen zu werben“. Der Leiter der türkischen Religionsbehörde hatte zuvor als einer der ersten die Regensburger Papstrede heftig kritisiert und dem Kirchenoberhaupt eine „Kreuzfahrermentalität“ und „feindselige Haltung“ vorgeworfen. Später hatte er in einem türkischen Zeitungsinterview eingeräumt, die Papstrede nicht vollständig gelesen zu haben.

    Diplomatische Initiative
    In Deutschland würdigte der Zentralrat der Muslime das vom Papst geäußerte Bedauern. Dies sei der „wichtigste Schritt, um die Proteste“ zu beruhigen, erklärte der Zentralrat am 17. September in Köln. Der Dachverband rief Muslime weltweit dazu auf, zu einer Beruhigung der Lage beizutragen. Nun hoffe man darauf, dass der Vatikan das Gespräch mit muslimischen Vertretern suchen werde, um eine „langfristige Beeinträchtigung des christlich-muslimischen Verhältnisses“ zu verhindern.
    Mit einer diplomatischen Initiative will Kardinal-Staatssekretär Tarcisio Bertone die Missverständnisse um die Papstäußerungen ausräumen. Er beauftragte die Vatikan-Vertreter in islamisch geprägten Ländern, den Regierungen seine Klarstellung vom 16. September sowie die gesamte Papstrede zu überbringen. Er hoffe, dass die Erläuterungen verstanden würden, da der Papsttext „schwer manipuliert“ worden sei, sagte Bertone nach einem Gottesdienst in Rom.
    Der „Corriere della Sera“ vom 19. September ziterte Bertone mit der Aussage, es habe auch richtige Reaktionen“ auf die Rede von Benedikt XVI. gegeben. Als Beispiel nannte bertone den Rektor der Moschee in Marseille. Dieser habe klargestellt, dass er sich weder erstaunt noch verletzt“ fühle, da die Papstrede eine Einladung zum Nachdenken über die Worte des Propheten bedeute.

    Irritiert äußerte sich der Kardinal-Staatssekretär über die Kritik einiger Politiker und einer großen Zeitung. Ohne den Namen der New York Times namentlich zu nennen, sprach Bertone von einem sehr harten Angriff. Das Blatt hatte die Papstworte als tragisch und gefährlich bezeichnet und Benedikt XVI. vorgeworfen, Zwietracht zwischen dem Christentum und der muslimischen Welt zu säen.

     

    Das hat Benedikt XVI. wirklich gesagt

    Auszug aus dem Vortrag des Papstes an der Universität Regensburg

    (...) All dies ist mir wieder in den Sinn gekommen, als ich kürzlich den von Professor Theodore Khoury (Münster) herausgegebenen Teil des Dialogs las, den der gelehrte byzantinische Kaiser Manuel II. Palaeologos wohl 1391 im Winterlager zu Ankara mit einem gebildeten Perser über Christentum und Islam und beider Wahrheit führte. Der Kaiser hat vermutlich während der Belagerung von Konstantinopel zwischen 1394 und 1402 den Dialog aufgezeichnet; so versteht man auch, dass seine eigenen Ausführungen sehr viel ausführlicher wiedergegeben sind als die Antworten des persischen Gelehrten. Der Dialog erstreckt sich über den ganzen Bereich des von Bibel und Koran umschriebenen Glaubensgefüges und kreist besonders um das Gottes- und das Menschenbild, aber auch immer wieder notwendigerweise um das Verhältnis der „drei Gesetze“, drei Lebensordnungen: Altes Testament – Neues Testament – Koran.
    In dieser Vorlesung möchte ich nur einen – im Aufbau des Dialogs eher marginalen – Punkt berühren, der mich im Zusammenhang des Themas Glaube und Vernunft fasziniert hat und der mir nur als Ausgangspunkt für meine Überlegungen zu diesem Thema dient. In der von Professor Khoury herausgegebenen siebten Gesprächsrunde kommt der Kaiser auf das Thema des Djihad (heiliger Krieg) zu sprechen. Der Kaiser wusste sicher, dass in Sure 2, 256 steht: Kein Zwang in Glaubenssachen – es ist eine der frühen Suren aus der Zeit, wie uns die Kenner sagen, in der Mohammed selbst noch machtlos und bedroht war. Aber der Kaiser kannte natürlich auch die im Koran niedergelegten – später entstandenen – Bestimmungen über den heiligen Krieg. Ohne sich auf Einzelheiten wie die unterschiedliche Behandlung von „Schriftbesitzern“ und „Ungläubigen“ einzulassen, wendet er sich in erstaunlich schroffer Form ganz einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt überhaupt an seinen Gesprächspartner. Er sagt: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“.
    Der Kaiser begründet dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut, und nicht vernunftgemäß zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Glaube ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung (…) Um eine vernünftige Seele zu überzeugen, braucht man nicht seinen Arm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonst eines der Mittel, durch die man jemanden mit dem Tod bedrohen kann“.
    Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Herausgeber, Theodore Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophie aufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit. Khoury zitiert dazu eine Arbeit des bekannten französischen Islamologen R. Arnaldez, der darauf hinweist, dass Ibn Hazn so weit gehe zu erklären, dass Gott auch nicht durch sein eigenes Wort gehalten sei und dass nichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zu offenbaren. Wenn er es wollte, müsse der Mensch auch Götzendienst treiben. (...)