Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr
    Johannes Paul II. steht seit 25 Jahren an der Spitze der katholischen Kirche

    Papst an der Zeitenwende

    Johannes Paul II. steht seit 25 Jahren an der Spitze der katholischen Kirche
    Es ist selten, dass Päpste so lange regieren: Seit 100 Jahren hat keiner der Nachfolger des Apostels Petrus so lange an der Spitze der katholischen Kirche gestanden wie Johannes Paul II., der jetzt im Rom sein silbernes Amtsjubiläum feiern kann. War es ein Akt der Vorsehung, als die Kardinäle am 16. Oktober 1978 im dritten Wahlgang des Konklaves den 58-jährigen Krakauer Kardinal Karol Wojtyla an die Spitze der katholischen Weltkirche wählten? Er, mit dem niemand gerechnet hatte, wurde damit als erster Nicht-Italiener seit dem Niederländer Hadrian VI. Anfang des 16. Jahrhunderts und als erster Pole der Kirchengeschichte in das Petrusamt gewählt. „Du musst die Kirche in das dritte Jahrtausend führen“, hatte ihm nach seiner Wahl sein Mentor, der damalige polnische Kardinalprimas Stefan Wyszynski, mit auf den Weg gegeben. Dieses Ziel erreichte er trotz zunehmender Gebrechlichkeit vor dreieinhalb Jahren mit dem Millenniumswechsel.
     
    Kein Papst hat den Menschen, dessen Würde, Rechte und Pflichten so in den Mittelpunkt gerückt wie Johannes Paul II. Schon in seiner Antrittsenzyklika „Redemptor hominis“ bezeichnete er den Menschen als den „Weg der Kirche“, weil Gott in Christus selbst Mensch geworden sei. Dieser Mensch dürfe deshalb nicht zum Sklaven von Ideologien und materiellen Dingen werden. Vor diesem Hintergrund sah Johannes Paul II. einen inneren Zusammenhang zwischen Frömmigkeit und sozialem Kampf für eine bessere Welt, für den Schutz des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum Tod, für Frieden und Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und die Würde der Arbeit. Der er klaren Vorrang vor dem Kapital einräumte.
    In die Weltgeschichte ist Johannes Paul II. aber jetzt schon als der Papst eingegangen, der maßgeblich die Weichen für das europäische Schicksalsjahr 1989 mitgestellt hat. Durch seine Unterstützung der ersten freien Gewerkschaftsbewegung der kommunistischen Welt, der „Solidarnosc“ in seiner Heimat Polen, kam der Stein ins Rollen, der die kommunistische Herrschaft zu Fall brachte. Ohne den Papst und ohne die friedliche Revolution in Warschau hätte es den Sturz der Regime in Budapest, Ost-Berlin, Prag, Bukarest, Sofia, Tirana und schließlich in Moskau nicht gegeben.
     
    Welche Gestalt des 20. Jahrhunderts hat so viele Menschen auf allen Kontinenten unseres Erdballs so faszinieren können wie Johannes Paul II.? Auf mehr als 100 Reisen durch über 130 Länder legte der „eilige Vater“ eine Strecke zurück, die mehr als der vierfachen Entfernung der Erde zum Mond entspricht. Johannes Paul II. hat aber nicht nur auf politischer Ebene Bewegung in festgefahrene Strukturen gebracht. Auch im Verhältnis zu anderen Konfessionen und Religionen schlug er neue Wege ein und zeigte eine nie da gewesene Offenheit. Als erster Pontifex ging er in eine Synagoge, um dort die Juden als „unsere älteren Brüder“ anzusprechen. Für das Fehlverhalten und die Verbrechen von Christen gegen Juden bat Johannes Paul II. im Heiligen Jahr bei seiner Aufsehen erregenden Pilgerreise ins Heilige Land das Volk des Alten Testaments in sehr deutlich um Vergebung.
    Als erstes katholisches Kirchenoberhaupt predigte er in der lutherischen Pfarrkirche Roms, traf sich mehrfach mit dem anglikanischen Primas und mit orthodoxen Patriarchen. Er lud die Führer aller großen Weltreligionen 1986 und 2002 zu Friedens- und Gebetstreffen nach Assisi ein – mutige Schritte, die ihm auch Kritik bei seinen eigenen Gläubigen eintrugen. Ihm war gegen die zunehmende Säkularisierung der Welt jeder Verbündete willkommen. Es ist unmöglich, den amtierenden Papst in eines der gängigen Klischees zu pressen: progressiv oder konservativ, rechts oder links, modern oder altmodisch. Den Glaubensbestand gegen alle Anfechtungen zu verteidigen, ist ihm ein Anliegen, für das er in dem deutschen Kurienkardinal Joseph Ratzinger nun schon viele Jahre lang einen verlässlichen Erfüllungsgehilfen an seiner Seite weiß. Unbeirrt hält er am ehelosen Priestertum nur für Männer fest. Dies und die fast formelhafte Fixierung von Glaubensinhalten – wie in seinem Schreiben „Ad tuendam fidem – Zur Verteidigung des Glaubens“ oder im Dokument „Dominus Iesus“ über die Einzigartigkeit der katholischen Kirche – stießen gerade auch bei deutschen Theologen auf teils harsche Kritik.
     
    Eines ist freilich sicher: Karol Wojtyla wurde 1978 nicht Papst, um das Evangelium dem Zeitgeist und der Moral von heute stromlinienförmig anzupassen. Wo es um Angriffe auf das Leben und die Menschenwürde ging, schleuderte er einer oft verständnislosen Welt sein apostolisches „Contradicitur! – Es wird widersprochen!“ – entgegen. Unmissverständlich kämpft der Papst für die Moral und die Familienwerte – so auch bei seinen bislang drei Besuchen in Deutschland. Wenn Johannes Paul II. am 16. Oktober den Tag seines silbernen Amtsjubiläums begeht, werden ihn in Rom zahlreiche gute Wünsche und wohl auch Gebete aus Deutschland für seinen weiteren Weg begleiten, der für ihn oft sichtbar ein Kreuzweg ist.