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Gedanken zum Sonntagsevangelium von Isaak Grünberger, Würzburg
Nicht nur glatte Straßen gehen
Evangelium
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
Markus 9,30–37
Die Jüngeren sollen die Älteren ehren, die Älteren die Jüngeren lieben. Wo immer Brüder einander begegnen, bittet der Jüngere den Älteren um den Segen. So geschieht, was geschrieben steht: Kommt einander in gegenseitiger Achtung zuvor.“ (Aus der Regel des heiligen Benedikt, 63. Kapitel)
Wer sind sie? Was glauben sie wohl, wer sie sind? Sie sind ganz normale Menschen, sie haben einen Beruf, in dem sie ihre Familien ernähren, sie haben Begabungen und Schwächen und sie haben ihre Lebenserfahrung. Natürlich sind die Jünger Jesu auf ihren Vorteil bedacht und hoffen, insgeheim zur Elite zu gehören. Auch in ihrem Leben geht so einiges daneben, sie halten die Gesetze nicht und lassen sich dabei erwischen, wie sie im Dunkeln Geschäfte abwickeln. Und doch glauben sie, zu den Größten zu gehören. Wie oft begegnen uns solche Verhaltensweisen in unserem Alltag.
Wer der erste sein will, soll der letzte von allen und der Diener aller sein. Wie geht das? Ich möchte von dieser Spirale des Soll und Muss, von Druck und Machtstreben aussteigen. Ich will ein anderes Leben führen. Beim heiligen Benedikt gibt es keinen, der der Größte ist, sondern da gilt es, die Achtung und den Respekt voreinander zu haben. Im anderen Bruder Christus zu begegnen. Das heißt, der Bruder, der mir gegenüber ist, ist der lebendige Tabernakel – er ist Tempel Gottes.
Es gibt Gott sei Dank mehr Menschen, als man gemeinhin denkt, die in ihrem Leben noch etwas anderes suchen, als Ansehen und Macht. Sie suchen Wahrheit, Echtes und Gültiges, für das es sich lohnt zu leben. Und sie empfinden sehr deutlich Mangel, wenn ihr Suchen ohne Erfolg bleibt. Fast jeder und jede von ihnen probiert es irgendwann einmal in seinem Leben aus, einfach nur der oder die zu sein, die er oder sie ist: ein von Gott geliebter Mensch.
Gott ist menschenfreundlich. Er verlangt von uns nicht das Unmögliche. In Jesus sagt er uns vom Geheimnis des Glaubens. Der Glaube ist zwar eine Großmacht in unserem Leben, ein gewaltiges Werk, er beginnt nach Jesus immer aber mit kleinen Dingen, bei kleinen Schritten. Er erzählt uns liebevoll vom Senfkorn, das Berge versetzen kann, vom Samenkorn, das die Kraft und die Frucht des Baumes in sich vereint, vom Sauerteig, der unscheinbar den großartigen Segen des Brotes und des Lebens bewirkt, von dem unscheinbaren Geldstück der Drachme, das einer großen Gabe gleichgesetzt wird, vom kaum sichtbaren Salzkorn, das aber alle Speisen veredeln kann, vom stillen Gebet in der Kammer, das den Segen des Glaubens auszulösen vermag oder vom Aufnehmen des Kindes um seinetwillen, weil in dem Kind Gott aufgenommen wird. Diese Dinge sprechen von der Größe des Glaubens. Wir leben in einer Zeit des Überflusses, der Überangebote. Für viele ist das Anreiz, mehr zu konsumieren, als ihnen zuträglich ist. Man mag sich für eine Weile dieses Überflusses ausliefern, ohne seelisch und körperlich Schaden zu nehmen; auf Dauer vernachlässigt man aber seine eigene Kreativität und Sehnsucht und will immer mehr und man will ganz oben mitmischen.
Diese Sätze bringen mich ins Nachdenken, liebe Schwestern und liebe Brüder, über mein Unterwegssein im Glauben. Ich ziehe die Ungewissheit des Weges der Gewissheit des Karussells vor. Umwege erweitern die Ortskenntnis – und es gibt nichts schöneres als ein Dorf oder eine kleine Stadt in der Toskana über „Umwege“ zu entdecken. Ich gehe nicht nur die glatten Straßen, ich gehe Wege, die vielleicht noch niemand ging, damit ich Spuren hinterlasse und nicht nur Staub. Dom Helder Camara, ein wahrhaft heiliger Mann, schrieb einmal: Nein, bleib nicht stehen. Es ist eine göttliche Gnade, gut zu beginnen. Es ist eine größere Gnade, auf dem guten Weg zu bleiben. Aber die Gnade der Gnaden ist es, sich nicht zu beugen und, ob auch zerbrochen und erschöpft, vorwärts zu gehen bis zum Ziel. Wir müssen uns keine Sorgen machen, ob wir der Größte sind oder nicht. Wir alle gehören zu Gott und sind in Gott ... Brauchen wir mehr?
Bruder Isaak Grünberger ist Mönch der Abtei Münsterschwarzach. Der Sozialpädagoge leitet das Haus Benedikt in Würzburg.
In jener Zeit zogen Jesus und seine Jünger durch Galiläa. Jesus wollte aber nicht, dass jemand davon erfuhr; denn er wollte seine Jünger über etwas belehren. Er sagte zu ihnen: Der Menschensohn wird den Menschen ausgeliefert, und sie werden ihn töten; doch drei Tage nach seinem Tod wird er auferstehen. Aber sie verstanden den Sinn seiner Worte nicht, scheuten sich jedoch, ihn zu fragen. Sie kamen nach Kafarnaum. Als er dann im Haus war, fragte er sie: Worüber habt ihr unterwegs gesprochen? Sie schwiegen, denn sie hatten unterwegs miteinander darüber gesprochen, wer von ihnen der Größte sei. Da setzte er sich, rief die Zwölf und sagte zu ihnen: Wer der Erste sein will, soll der Letzte von allen und der Diener aller sein. Und er stellte ein Kind in ihre Mitte, nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen: Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, der nimmt mich auf; wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf, sondern den, der mich gesandt hat.
Markus 9,30–37
Die Jüngeren sollen die Älteren ehren, die Älteren die Jüngeren lieben. Wo immer Brüder einander begegnen, bittet der Jüngere den Älteren um den Segen. So geschieht, was geschrieben steht: Kommt einander in gegenseitiger Achtung zuvor.“ (Aus der Regel des heiligen Benedikt, 63. Kapitel)
Wer sind sie? Was glauben sie wohl, wer sie sind? Sie sind ganz normale Menschen, sie haben einen Beruf, in dem sie ihre Familien ernähren, sie haben Begabungen und Schwächen und sie haben ihre Lebenserfahrung. Natürlich sind die Jünger Jesu auf ihren Vorteil bedacht und hoffen, insgeheim zur Elite zu gehören. Auch in ihrem Leben geht so einiges daneben, sie halten die Gesetze nicht und lassen sich dabei erwischen, wie sie im Dunkeln Geschäfte abwickeln. Und doch glauben sie, zu den Größten zu gehören. Wie oft begegnen uns solche Verhaltensweisen in unserem Alltag.
Wer der erste sein will, soll der letzte von allen und der Diener aller sein. Wie geht das? Ich möchte von dieser Spirale des Soll und Muss, von Druck und Machtstreben aussteigen. Ich will ein anderes Leben führen. Beim heiligen Benedikt gibt es keinen, der der Größte ist, sondern da gilt es, die Achtung und den Respekt voreinander zu haben. Im anderen Bruder Christus zu begegnen. Das heißt, der Bruder, der mir gegenüber ist, ist der lebendige Tabernakel – er ist Tempel Gottes.
Es gibt Gott sei Dank mehr Menschen, als man gemeinhin denkt, die in ihrem Leben noch etwas anderes suchen, als Ansehen und Macht. Sie suchen Wahrheit, Echtes und Gültiges, für das es sich lohnt zu leben. Und sie empfinden sehr deutlich Mangel, wenn ihr Suchen ohne Erfolg bleibt. Fast jeder und jede von ihnen probiert es irgendwann einmal in seinem Leben aus, einfach nur der oder die zu sein, die er oder sie ist: ein von Gott geliebter Mensch.
Gott ist menschenfreundlich. Er verlangt von uns nicht das Unmögliche. In Jesus sagt er uns vom Geheimnis des Glaubens. Der Glaube ist zwar eine Großmacht in unserem Leben, ein gewaltiges Werk, er beginnt nach Jesus immer aber mit kleinen Dingen, bei kleinen Schritten. Er erzählt uns liebevoll vom Senfkorn, das Berge versetzen kann, vom Samenkorn, das die Kraft und die Frucht des Baumes in sich vereint, vom Sauerteig, der unscheinbar den großartigen Segen des Brotes und des Lebens bewirkt, von dem unscheinbaren Geldstück der Drachme, das einer großen Gabe gleichgesetzt wird, vom kaum sichtbaren Salzkorn, das aber alle Speisen veredeln kann, vom stillen Gebet in der Kammer, das den Segen des Glaubens auszulösen vermag oder vom Aufnehmen des Kindes um seinetwillen, weil in dem Kind Gott aufgenommen wird. Diese Dinge sprechen von der Größe des Glaubens. Wir leben in einer Zeit des Überflusses, der Überangebote. Für viele ist das Anreiz, mehr zu konsumieren, als ihnen zuträglich ist. Man mag sich für eine Weile dieses Überflusses ausliefern, ohne seelisch und körperlich Schaden zu nehmen; auf Dauer vernachlässigt man aber seine eigene Kreativität und Sehnsucht und will immer mehr und man will ganz oben mitmischen.
Diese Sätze bringen mich ins Nachdenken, liebe Schwestern und liebe Brüder, über mein Unterwegssein im Glauben. Ich ziehe die Ungewissheit des Weges der Gewissheit des Karussells vor. Umwege erweitern die Ortskenntnis – und es gibt nichts schöneres als ein Dorf oder eine kleine Stadt in der Toskana über „Umwege“ zu entdecken. Ich gehe nicht nur die glatten Straßen, ich gehe Wege, die vielleicht noch niemand ging, damit ich Spuren hinterlasse und nicht nur Staub. Dom Helder Camara, ein wahrhaft heiliger Mann, schrieb einmal: Nein, bleib nicht stehen. Es ist eine göttliche Gnade, gut zu beginnen. Es ist eine größere Gnade, auf dem guten Weg zu bleiben. Aber die Gnade der Gnaden ist es, sich nicht zu beugen und, ob auch zerbrochen und erschöpft, vorwärts zu gehen bis zum Ziel. Wir müssen uns keine Sorgen machen, ob wir der Größte sind oder nicht. Wir alle gehören zu Gott und sind in Gott ... Brauchen wir mehr?
Bruder Isaak Grünberger ist Mönch der Abtei Münsterschwarzach. Der Sozialpädagoge leitet das Haus Benedikt in Würzburg.