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Netzwerk der Nachkommen
ZEIL AM MAIN. Mit vereinten Kräften geht Vieles besser. Familienforschung zum Beispiel. Im kleinen Kreis über Siege und Niederlagen reden, Ahnenreihen abgleichen, Hilfe suchen und bekommen – in der Gemeinschaft mit Gleichgesinnten eröffnen sich viele Möglichkeiten, die Einzelkämpfern verwehrt bleiben. Eine 19-köpfige informelle Familienforscherrunde trifft sich regelmäßig in Zeil am Main (Dekanat Ebern) und gibt damit ein Beispiel, wie sich Hobbygenealogen sinnvoll vernetzen können.Mit einer einfachen Zeitungsannonce „Interessenten gesucht“ trat die Zeiler Familienforscherrunde 1992 ins Leben. In Auftrag gegeben hatte das Inserat der damals 33-jährige Robert Amling, der eifrig nach ausländischen Wurzeln seiner Familie forschte. „Es war Neugier, weil ich ein dunkler Typ bin“, erinnert sich Amling. Von den Vorteilen einer Vernetzung überzeugt, suchte er den Kontakt zu anderen Familienforschern. Anfangs reagierten acht Personen auf das Inserat, in den folgenden Jahren stießen immer wieder Leute zur Ahnenforscherrunde dazu. „Wir decken die Region zwischen Schweinfurt und Bamberg ab“, sagt Heinrich Weisel, der alle zwei Monate in einer gutbürgerlichen Gaststätte am Rande von Zeil Treffen organisiert. Die Teilnehmer wissen, warum sie das Angebot nutzen. Im Stammbaum verfangen„Selbst in hoffnungslosen Fällen kann es sein, dass man durch Kontakte auf Informationen stößt“, erzählt Maria Schwemmlein, die aus dem nahen Knetzgau kommt. Will heißen: Jeder Familienforscher kann an einen Punkt gelangen, an dem er sich im Gestrüpp des eigenen Stammbaums zu verfangen droht. Wenn Wanderungsbewegungen oder Namensunklarheiten dafür sorgen, dass die Ahnenreihe abbricht, kann der Austausch unter Kollegen Gold wert sein.„Es gibt immer wieder Berührungspunkte“, sagt Stefan Gradwohl, der in Ungarn geboren wurde und als Anderthalbjähriger bei Kriegsende mit seiner Familie vertrieben wurde. Selbst bei einer so bewegten Familiengeschichte hilft der Abgleich von Daten weiter. Es komme vor, erzählt Gradwohl, dass Familienforscher aus alten Steuerlisten Namen von Auswanderern und Angaben zu Migrationsbewegungen herausziehen. Solche Daten geben sie im Familienforscherkreis weiter. „Man bekommt immer einen Tipp oder Internetadressen“, bestätigt der Zeiler Hermann Stopp. Sein in Haßfurt wohnender Forscherkollege Roland Niklaus drückt es so aus: „Man erntet von den anderen.“ Von seinen Bekannten habe er schon Informationen erhalten, für die wenigstens 20 Archivbesuche notwendig gewesen wären. Fakten werden lebendigDas Stichwort Archivbesuch verweist auf einen weiteren Vorteil des gemeinschaftlichen Vorgehens. Wenn sich Roland Niklaus auf den Weg zum Würzburger Diözesanarchiv macht, hat er eine Strecke von 75 Kilometern mit dem Zug zurückzulegen. Dank seiner Kontakte ist er in der Lage, mit Forscherkollegen eine Fahrgemeinschaft zu bilden und die entstehenden Kosten zu teilen.Doch was ist das Faszinierende an der Familienforschung? Eine Ahnenforscherrunde dürfte der ideale Ort sein, um diese Frage loszuwerden. Die Antworten fallen individuell aus. Sigrid May, die mit ihrem Ehemann Bruno dem gemeinsamen Hobby frönt, erzählt, das Aufspüren unerwarteter verwandtschaftlicher Verbindungen sei mit großem Spaß verbunden. In Mainberg, wo beide leben, habe ein stattlicher Teil der Einwohnerschaft gemeinsame Ahnen. Norbert Spielmann aus Baunach erklärt, dank seiner Tätigkeit als Ahnenforscher habe er „ein völlig anderes Geschichtsbild“ bekommen. Ereignisse wie der Dreißigjährige Krieg seien auf einmal keine trockenen Fakten aus dem Geschichtsbuch mehr, sondern anschauliche Bestandteile der eigenen Familiengeschichte. Für den Zeiler Günther Rosatti liegt die Spannung auf der persönlichen Ebene: „Rosatti kommt aus dem Italienischen, und es war für mich faszinierend, zu sehen, wo der Name herkommt.“ Aus ähnlich nahe liegenden Gründen ist Hannelore Bühnlein aus Schweinfurt in die Materie eingestiegen. Sie hatte Kontakt zu entfernten Verwandten, „aber keiner konnte sagen, wie wir verwandt waren“. Vom Forschervirus gepacktDie Motivation des Einzelnen mag noch so unterschiedlich sein. Für jeden aber gilt die Regel, dass Familienforschung mühsame Arbeit bedeutet, die Zeit und Geld erfordert. Oskar Eschenbacher aus Werneck hat seit 2001 nicht weniger als 50-mal das Würzburger Diözesanarchiv aufgesucht. Gerlinde Memmel, die als Sudetendeutsche das Schicksal der Vertriebenen teilt, schrecken auch Auslandsreisen nicht von ihrem Steckenpferd ab. Warum? „Weil die Neugier plagt“, erklärt sie knapp. Und vielleicht liefert Barbara Baier aus Knetzgau ja den Schlüssel zum Verständnis dieses Hobbys, als sie ihrem Gesprächspartner den Rat erteilt: „Probieren Sie es einmal selbst!“ Für alle, die den Rat erfahrener Familienforscher suchen, stehen Roland Niklaus, Telefon 09521/ 4781, und Heinrich Weisel, Telefon 09524/1239, als Ansprechpartner zur Verfügung. Auskünfte erteilt auch die Gesellschaft für Familienforschung in Franken e.V., Archivstraße 17 (Staatsarchiv), 90408 Nürnberg, Telefon 0911/358939.