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    Mit Geklapper durch die Straßen

    Ohrenbetäubend scheppert die Ratsche durch die kleine Schreiner-Werkstatt im Keller des Einfamilienhauses, und durchbricht lautstark mit ihrem Rappeln das frühlingshafte Vogelzwitschern vor dem Fenster. Doch obwohl das hölzerne Instrument das Trommelfell arg strapaziert, erfreut sich die Ratsche großer Beliebtheit bei Nostalgikern und der Dorfjugend in Dürrnhof gleichermaßen. Denn hier wird der Brauch des Ratschens – wie vielerorts in der Rhön – gepflegt. Und Manfred Lehnert leistet seinen Beitrag zur Erhaltung des Brauchtums – indem er das alte Karfreitags-Instrument nachbaut.
    Mit dem Verstummen der Glocken am Gründonnerstag beginnt die Zeit der Ratschen- oder Rumpelbuben in der Rhön. Denn die Glocken schweigen in der Zeit der Grabesruhe Jesu zwischen Gründonnerstag und Ostersonntag. Um dennoch auf das Angelusgebet um 6 Uhr, 12 Uhr und um 18 Uhr aufmerksam zu machen, kommen die Ratschen zum Einsatz. Mit Holzkisten, die einem Jahrhunderte alten Brauch entstammen und mit denen nicht selten schon die Väter und Großväter klapperten, ziehen die Ministranten mehrmals täglich durch die Straßen, um die Gläubigen zu rufen. So auch im kleinen Dorf Dürrnhof nahe Bad Neustadt/Rhön.    Zur Belohnung bekommen die Kinder und Jugendlichen frische Eier, nachdem sie ihren Dienst verrichtet haben. Die Eier verkaufen sie weiter und erhalten einen kleinen Lohn für den Dienst in der Gemeinde. Den haben sie sich allemal verdient, denn auch wenn die Ratsche aus leichtem Holz gebaut und gut um den Hals hängend zu tragen ist, die Bedienung ist alles andere als leicht – wer kurbeln will, damit es laut wird, muss seine Muskeln ordentlich strapazieren.    In Dürrnhof geht es am Karfreitag sehr früh los: Um kurz vor sechs Uhr treffen sich die Ministranten zum ersten Mal, um mit ihren Ratschen durchs Dorf zu laufen. „Die Glocken, sie ruhn, sie hängen am Stuhl, drum singen wir Knaben und rappeln dazu.“ So lautete damals der Text, als Manfred Lehnert ein Bub war. Heute sind rund zwölf Ministranten im Dorf unterwegs und rufen die Gläubigen zum Gebet und Gottesdienst.   

    Mitbringsel aus dem Sudetenland

    Schon sein Vater brachte den Ratschenbrauch aus dem Sudetenland mit und übergab seinem Sohn Manfred ein solches Instrument, mit dem der als kleiner Bub loszog und am Todestag des Herrn klapperte. „Ich war beim ersten Mal so aufgeregt, daran kann ich mich noch erinnern. Es hatte geschneit und war dunkel, ich war mit meinem Bruder unterwegs. Das war schon etwas Besonderes für uns Kinder. Und wehe, man hat  rumgestottert, dann gabs Ärger mit den älteren Ministranten“, erinnert sich der frühpensionierte Schreinermeister schmunzelnd. Und wenn die Körbe sich mit Eiern füllten – das gehörte für ihn einfach zu Ostern dazu, erzählt der dreifache Vater. Für seine Söhne wollte Manfred Lehnert dieses Brauchtum erhalten; als Schreiner fiel es ihm leicht, das Instrument nachzubauen und immer mehr zu verfeinern, so dass es auch jüngere Ministranten betätigen können.   Aus Krankheitsgründen musste Lehnert vor einigen Jahren seinen Beruf aufgeben. Seine Liebe zum Handwerk ist ihm aber geblieben und an seinen Ratschen baut er in seiner kleinen Werkstatt hier und da noch heute in der Vorosterzeit. Anfragen kommen aus den umliegenden Regionen. Und wer eine Ratsche haben möchte, muss ihn nur anrufen. Auch andere Schreiner bauen Ratschen in der Region, Manfred Lehnert sieht sich aber außer Konkurrenz. „Ich mache das ja nur hobbymäßig, mehr lässt meine Gesundheit auch nicht zu. Insofern komme ich keinem Kollegen in die Quere.“    Für den Bau des Instruments verwendet er Eschen-, Buchen oder Eichenholz. Dabei ist ihm eines ganz wichtig: „Die Ratsche darf nicht schwer sein, das ist das wichtigste.“ Die Kleinteile des Instruments hat er immer weiter verfeinert und aufeinander abgestimmt, so dass jedes Kind seine scheppernde Holzkiste um den Hals hängend bedienen kann. Resonanzkasten, Wellen und Hämmerchen, Spann- und Hammerleiste – alles ergibt eine Einheit, damit die Ratsche klangvoll klappert. „Die Kunst ist es, das Ganze unter Spannung zu setzen“, verrät der Fachmann.   

    Etwas anfertigen, das bleibt

    Vor rund 15 Jahren, als sein ältester Sohn noch klein war, hatte Lehnert mit diesem Hobby begonnen, denn er wollte, „etwas für meinen Jungen machen, das ihm bleibt und mal ein anderes Geschenk ist. Das ist übrigens auch bei den Anfragen rauszuhören – oft sind es Großeltern oder Paten, die den Kindern eine Ratsche schenken möchten.“ Wer sich für eine Ratsche interessiert, sollte allerdings das zu beschenkende Kind oder den Jugendlichen mitbringen, sagt der Schreiner, damit das Kurbeln ausprobiert werden kann. „Denn wenn sie die Kraft nicht haben, verlieren sie ganz schnell den Spaß daran.“ Und das sollte nicht sein, denn ein alter Karfreitagsbrauch bleibt dadurch erhalten.