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    Für drei jungen Männer aus Dittelbrunn war die Pfarreiarbeit ganz selbstverständlich und lange Teil ihrer Jugend

    Ministranten, Rappler und auch Sternsinger

    Eine breite Asphaltstraße führt den Berg hinauf zur Kirche Sankt Rochus in Dittelbrunn (Dekanat Schweinfurt). Passanten brauchen eine Weile, bis sie sich auf Höhe der Kirche befinden. Ans Ziel zu kommen, erfordert Zeit. Auch Julius Ebert, Linus Klein und Jannik Meusel haben sich Zeit genommen. Auf rund 14 Jahre Mitarbeit in der Pfarrei blicken die drei zurück. Und sie haben über die Jahre ihre Freundschaft wachsen lassen.

    Ein Termin, der für alle drei passt, muss erst gefunden werden. Denn die Leben der jungen Männer sind unterschiedlich getaktet. Julius Ebert hat Automatisierung und Robotik studiert. Sein Beruf führt ihn immer mal wieder ins Ausland, etwa in die USA oder nach Schweden. Linus Klein ist Teamleiter bei einem Bauunternehmen. Und Jannik Meusel arbeitet als Betriebsprüfer beim Finanzamt. Die 23-Jährigen haben nicht allein in der Pfarrei Dittelbrunn ihre Plätze, sondern auch im Berufsleben.

    Nun sitzen Ebert, Klein und Meusel auf Kunststoffstühlen vor dem Pfarrzentrum, in das die Kirche Sankt Rochus integriert ist. Sie wurden vom Leben zusammengewürfelt. Als Grundschulkinder mussten die drei ins nahe Hambach ausweichen, als die Dittelbrunner Schule saniert wurde. Mit einigen anderen bildeten sie eine kleine Gruppe am fremden Ort. So lernten sie sich kennen. Das gemeinsame Geburtsjahr sorgte dafür, dass sie 2008 gemeinsam zur Erstkommunion gingen. Sie erinnern sich noch an die Kommunionvorbereitung in Kleingruppen, auch wenn sie nicht alle derselben Gruppe angehörten.

    Weniger Ministranten

    Die Situation damals habe sich um Welten von der Gegenwart unterschieden, sagt Ebert. „Wir waren 30 Kommunionkinder, und ich schätze, wir hatten einen Turnover („Wechsel“, Anm. d. Red.) zu den Ministranten von vielleicht zehn, zwölf, fünfzehn.“ Meusel ergänzt, wie es momentan aussieht: „Der letzte Neuzugang war ein Ministrant bei sieben oder acht Kommunionkindern.“ 2008 sei die Gemeinschaft der Dittelbrunner Messdiener 70 Personen stark gewesen, aktuell zähle man rund 30 Aktive.

    Woran liegt der Schwund? Ebert, Klein und Meusel nennen Gründe. Geburtenschwache Jahrgänge schlagen durch, weniger Kommunionkinder bedeuten weniger Messdienerinnen und Messdiener. Und in der Gesellschaft sei „ein anderes Verhältnis zur Institution Kirche spürbar“, ergänzt Ebert. Trotzdem ist die Zahl der aktiven Ministranten in Dittelbrunn nach wie vor hoch.

    Vor Ort muss es passen

    Das liege nicht zuletzt an Pfarrer Gerhard Staudt, erklärt Meusel. Der sei aufgeschlossen und gestalte das Pfarreileben so, dass es für die Menschen vor Ort passe. Im Laufe des Gesprächs fallen etliche positive Aussagen über das Dittelbrunner Pfarreileben. Ehrenamtliche könnten sich darauf verlassen, dass sie ihre Freiräume bekämen. Es gelte die Devise: „Wenn etwas ist, könnt ihr fragen, aber macht mal.“

    Ebert, Klein und Meusel haben ihre Freiräume genutzt. Sie organisierten Ausflüge mit Bus oder Zug ins Erlebnisbad Palm Beach bei Nürnberg oder in den Freizeitpark Tripsdrill. Sie führten die „Neuen“ in den Dienst ein. Linus Klein bereitete Waffeln zu, die beim Pfarrfest verkauft wurden und Einnahmen in die Ministrantenkasse brachten. Am Dreikönigstag verköstigte er die Sternsingerinnen und Sternsinger im Pfarrzentrum mit Kartoffelsalat und Würstchen. Jannik Meusel stellte zum 50. Kirchweihjubiläum 2018 ein 17-köpfiges „Mini-Orchester“ zusammen, das den Pfarrer und die Gemeinde mit seinen Liedbeiträgen überraschte. Im Corona-Jahr 2020 organisierten Klein und Meusel „Rappeln im Home-Office“. 30 Rappler im Alter zwischen sieben und 23 Jahren ließen von zu Hause aus ihren Ratschenklang an den Kartagen jeweils drei Minuten lang über Dittelbrunn erschallen.

    Soziales Engagement

    Neben den Gruppenaktivitäten ist den jungen Männern soziales Engagement wichtig. So ist es in Dittelbrunn üblich, dass die Ministranten das Geld spenden, das sie an den Kartagen fürs Ratschen als Belohnung erhalten. Die Dittelbrunner Minis unterstützten finanziell etwa das Frauenhaus, den Kinderschutzbund, den Hospizverein und die Palliativstation in Schweinfurt. In diesem Jahr seien über 4500 Euro an den Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) gegangen, erzählt Meusel. Mit der Spende werde ein Kinderhaus für ukrainische Flüchtlinge unterstützt.

    Das schlechte Erscheinungsbild der Kirche in den Medien, das Misstrauen vieler Menschen infolge des Missbrauchsskandals wirkt sich auch auf die Aktiven in Dittelbrunn aus. Sie müssen auf die Frage gefasst sein, warum sie sich ins kirchliche Leben einbringen. Julius Ebert beantwortet die Frage schnell: „Ich tue den Leuten etwas Gutes. Das ist es, was für mich zählt.“ Er nennt die Großeltern, die sich unheimlich freuen, wenn Enkel von ihnen vorne am Altar stehen. „Ich ministriere, rapple, sternsinge nicht für die Institution Kirche, sondern für Sankt Rochus und die Menschen, die davon profitieren“, sagt Ebert entschieden. Seine beiden Freunde stimmen zu. Das kirchliche Leben vor Ort gibt für sie den Ausschlag.

    Platz machen für den Nachwuchs

    Weil sie Jüngeren Platz machen wollten, entschieden sich Ebert, Klein und Meusel fürs Aufhören. Pfarrer Staudt würdigte bei der Verabschiedung im Gottesdienst ihre Arbeit. „Ich konnte mich immer auf euch verlassen“, stellte er dankbar fest.

    Auch wenn der aktive Ministrantendienst zu Ende gegangen ist, geht der Weg für die drei Dittelbrunner weiter. Gemeinsam, versichern sie. Ihrer Pfarrei wollen sie verbunden bleiben. Denn sie war ein wichtiger Teil ihrer Jugend. Meusel: „Wenn man in die Sakristei kam, war die Stimmung gut. Ich kann mich an keinen Gottesdienst erinnern, der stocksteif war.“

    Ulrich Bausewein