Glaubens-, Lebens- und Sprachenschule soll das Propädeutikum sein. So üben die Kandidaten die Stundengebete ein, lernen die Liturgie kennen, übernehmen liturgische Leitung und gestalten gemeinsam Gottesdienste. In Bibel- und Glaubensgesprächen spüren sie den Wurzeln ihres Glaubens nach und vertiefen ihre Motivation für das Priestertum.
Sich erst jetzt zu orientieren – dafür ist es zu spät“, meint Sebastian Schiller. Der 25-Jährige aus dem Frankenwald ist einer von 21 jungen Priesteranwärtern, die sich seit Ende September 2008 im Bamberger Priesterseminar auf ihr Theologiestudium vorbereiten. Und er ist sich sicher: „Das ist kein Schnupperkurs“. „Propädeutikum“ nennt sich diese einjährige Vorbereitungszeit. Wörtlich übersetzt heißt das so viel wie „vorher unterrichten“. Der Vorkurs soll die zukünftigen Priesteramtskandidaten auf die veränderte Situation in Seelsorge und Pastoral vorbereiten.„Durch die Umstrukturierungen der Bistümer sind sehr komplexe Systeme entstanden“, erklärt Martin Emge, Regens des Bamberger Priesterseminars. Diese neuen Strukturen fordern von zukünftigen Priestern eine hohe Leitungskompetenz und Teamfähigkeit. „Ein Einzelkämpfer steht da auf verlorenem Posten“, sagt Emge.
Der Priester von heute
Hinzu käme, dass es besonders in Städten kaum noch traditionelle katholische Milieus gebe. „Den traditionellen Katholizismus gibt es nicht mehr“, meint der Regens. Dogmatische Wahrheiten zu verkünden, reiche einfach nicht mehr aus. Ein Priester von heute müsse authentisch und kreativ sein, den Menschen zeigen, was Glaube und Leben miteinander zu tun haben und auf veränderte Mentalitäten eingehen können. Darauf soll das Jahr im Bamberger Priesterseminar vorbereiten. Das Propädeutikum ist Pflicht in der Priesterausbildung.
Den Blickwinkel weiten
Die Kandidaten kommen aus dem Erzbistum Bamberg, den Bistümern Eichstätt, Würzburg und Speyer sowie den deutschen Ostbistümern. „Für uns Bamberger ist es wichtig, das Priesterseminar weiter zu nutzen und auch in der Ruhephase der theologischen Fakultät in Bamberg weiterhin Priester ausbilden zu können“, sagt Regens Emge. „Durch die Zusammensetzung der Bewerber aus den verschiedenen Bistümern mit ihren eigenen Strukturen und Erfahrungen weitet sich der eigene Blickwinkel“, sagt Sebastian Schiller. „Am Anfang hatte das was von Schullandheim“, erzählt er. „Es ist schon eine Herausforderung, lauter neue Leute um sich zu haben, in einem ganz fremden Umfeld“, meint Frank Elsesser, Priesterkandidat aus der Nähe von Aschaffenburg im Bistum Würzburg. Aber auch das ist ein Ziel des Propädeutikums: sich in das Gemeinschaftsleben einfinden.
Glaubens-, Lebens- und Sprachenschule soll das Propädeutikum sein. So üben die Kandidaten die Stundengebete ein, lernen die Liturgie kennen, übernehmen liturgische Leitung und gestalten gemeinsam Gottesdienste. In Bibel- und Glaubensgesprächen spüren sie den Wurzeln ihres Glaubens nach und vertiefen ihre Motivation für das Priestertum. „Ich wollte etwas für die Menschen tun“, erklärt Sebastian Schiller. Die Grundidee, Priester zu werden sei bei ihm wohl schon immer da gewesen. Zwei Jahre studierte er zunächst Sozialpädagogik in Bamberg. Nach dem Vordiplom entschied er sich endgültig, einen anderen Weg einzuschlagen. „Mir fehlte einfach die christliche Komponente“, erinnert er sich. Und auch Frank Elsesser ist sich seiner Motivation klar. „Die Erfahrung von menschlichem Leid und der Zuversicht auf Gott oder die Firmung und die Bestärkung im Glauben durch den Heiligen Geist, das waren so Schlüsselerlebnisse für mich.“
Lebensschule
Dem Vorwurf, dass die Kirche in ihren Seminaren durch Rundum-Betreuung und wenig Praxisnähe lauter weltfremde Priester ausbilde, setzt das Propädeutikum die Lebensschule entgegen. Innerhalb des ersten Ausbildungsjahres sollen die Bewerber zweimal die Woche in sozialen Einrichtungen arbeiten. „Die Kandidaten sollen sich in den ganz normalen Arbeitsalltag einfinden“, erklärt Emge. „In einem Kernbereich des priesterlichen Dienstes sollen sie spüren, wo Menschen in Not sind und Hilfe benötigen.“ So arbeitet Sebastian Schiller beispielsweise in der Tagespflege der Caritas-Sozialstation in Hallstadt, Frank Elsesser in der Caritas-Jugendhilfe Pettstadt. „Wir kommen auch mal raus, sehen was anderes“, sagt Elsesser. „So verlieren wir das soziale Engagement nicht aus dem Blick.“ Außerdem lernten die Bewerber so den Einsatz der Mitarbeiter in sozialen Diensten kennen und schätzen. „Die machen einen wirklich christlichen Dienst“, meint Regens Emge. Dieses Feld an den Anfang der Priesterausbildung zu stellen, habe seinen Grund, sagt er. „Bevor ich mit der pastoralen Aura komme, muss ich erstmal zeigen, was ich als Mensch Menschen geben kann.“
Sprachenschule
Ein besonderes Anliegen Papst Benedikt XVI. ist die Ausbildung in den alten Sprachen. Für viele Priesteramtskandidaten waren sie eine kaum zu bewältigende Belastung im Studium. Deshalb büffeln die jungen Männer im Propädeutikum je nach Vorbildung Latein, Griechisch oder Hebräisch. So beginnt der Tag im Propädeutikum gegen sieben Uhr morgens und endet selten vor 21 Uhr. „Für mich mag jetzt das Propädeutikum stressig sein“, meint Sebastian Schiller, „aber dafür erleichtert es mir mein Theologiestudium.“