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Manchmal will ich weglaufen

„Wollt auch ihr gehen?“ Diese Frage ist an uns gerichtet, an die, die bis jetzt geblieben sind, und sie fordert uns auf, unsere eigene Motivation kritisch zu hinterfragen. Mit einem Glauben, der nur mehr Tradition und lieb gewordene Gewohnheit ist, ist niemandem gedient, auch denen nicht, die wir zurückgewinnen wollen. – „Wollt auch ihr weggehen?“, fragt Jesus. Und was antworten wir, was antworte ich?

Evangelium

In jener Zeit sagten viele der Jünger Jesu, die ihm zuhörten: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören? Jesus erkannte, dass seine Jünger darüber murrten, und fragte sie: Daran nehmt ihr Anstoß? Was werdet ihr sagen, wenn ihr den Menschensohn hinaufsteigen seht, dorthin, wo er vorher war? Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben. Aber es gibt unter euch einige, die nicht glauben. Jesus wusste nämlich von Anfang an, welche es waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten würde. Und er sagte: Deshalb habe ich zu euch gesagt: Niemand kann zu mir kommen, wenn es ihm nicht vom Vater gegeben ist. Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen? Simon Petrus antwortete ihm: Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.

Johannes 6,60–69

Vielleicht kennen Sie das: Es ist Sonntag Morgen, Zeit für den Kirchgang, und die Kinder streiken. Die Älteste schläft noch nach einem anstrengenden Partyabend, die Zweite beginnt eine Diskussion über die verkrusteten Strukturen der Kirche und überhaupt: Es gibt doch gar keinen Gott! Und der Jüngste, der seinen großen Schwestern in nichts nachstehen will, mault ebenfalls. Auch wenn es schließlich gelingt, ihn zum Mitgehen zu bewegen, die Sonntagslaune ist erst einmal dahin. Und die nur spärlich besetzten Bankreihen unserer Pfarrkirche, die erkennen lassen, dass nicht nur die Jugend an diesem Sommertag ein anderes Programm gewählt hat, heben die Stimmung auch nicht. Der Gottesdienst beginnt, und ich verliere mich in düstere Grübeleien über die Zukunft des Christentums ...
„Daraufhin zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher.“ Die Situation, die unser Evangelium beschreibt, ist auch die unsere, und darum ist es hilfreich zu sehen, was Jesus in dieser Krise tut. Zunächst einmal fällt auf, dass er vieles von dem, was ich in unserer Kirche (und auch bei mir!) beobachte, nicht tut: Er lamentiert nicht, er verurteilt nicht, er verfällt auch nicht in hektischen Aktionismus, um die, die gehen wollen, um jeden Preis zu halten, sondern setzt auf Freiwilligkeit. Und dann überrascht er mit einer Frage, die uns herausreißt aus unseren Grübeleien über die anderen und unseren Blick auf uns selbst zurücklenkt: „Wollt auch ihr gehen?“ Diese Frage ist an uns gerichtet, an die, die bis jetzt geblieben sind, und sie fordert uns auf, unsere eigene Motivation kritisch zu hinterfragen. Mit einem Glauben, der nur mehr Tradition und lieb gewordene Gewohnheit ist, ist niemandem gedient, auch denen nicht, die wir zurückgewinnen wollen. – „Wollt auch ihr weggehen?“, fragt Jesus. Und was antworten wir, was antworte ich?
Oft, besonders dann, wenn ich wie in den letzten Wochen intensiv in der Heiligen Schrift lese, fühle ich mich Jesus ganz nah, da kann ich aus ganzem Herzen einstimmen in das, was Petrus sagt: „Du hast Worte des ewigen Lebens“. Und manchmal, da will ich weglaufen, wenn auch nicht von Jesus, so doch von seiner Kirche, die es mir als Frau und Theologin nicht immer leicht macht, sie zu lieben. Die Frage aber ist: Wohin soll ich gehen? Ich sehe keine wirkliche Alternative zu dieser Kirche, die mir bei all ihren Schwächen dennoch die Chance bietet, Menschen zu begegnen, die wie ich um den Glauben ringen, die mich in meinem Glauben stärken und mit mir zusammen den Glauben feiern. Und so bleibe ich, trotz allem!
Und es gibt Zeiten, da hadere ich nicht nur mit der Kirche, sondern auch mit Jesus und dem Gott, den er verkündet hat. Gerade für diese Krisenzeiten aber hält unser Evangelium einen großen Trost bereit: Petrus spricht zwar als einziger, aber er spricht nicht für sich allein, er spricht in der „Wir“-Form. Dieses „Wir“ tut mir gut, denn es verweist mich auf die Gemeinschaft der Glaubenden, die für mich einsteht und mich trägt, wenn mein eigener Glaube schwach geworden ist. In dieser Gemeinschaft kann ich auch dann noch bekennen: „Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Die Autorin arbeitet als Pastoralreferentin in der Pfarrei St. Laurentius in Würzburg-Heidingsfeld.