Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr

    Märtyrer der Nächstenliebe

    Nach Prüfung aller Schriften und Fertigstellung der Positio im Jahr 2005 konnte die kanonische Beurteilung beginnen. „Die Chancen stehen gut“, meint Postulator Pater Wolfgang Zürrlein. Doch für eine endgültige Entscheidung musste noch ein Wunder nachgewiesen werden.
    Er lebte im Dienste Gottes und starb als Märtyrer der Nächstenliebe: Pater Engelmar Unzeitig ging nach vier qualvollen Jahren im Konzentrationslager Dachau freiwillig in den Tod, um anderen nahe zu sein. Als „großes Vorbild im Glauben“ bezeichnet deshalb auch Pater Hubert Wendl, Provinzial der deutschen Provinz der Missionare von Mariannhill, den stillen und unauffälligen Mariannhiller, denn: „Die große Konsequenz in seinem Leben und die missionarische Begeisterung bis in den Tod sind absolut faszinierend.“

    Der Ruf der Heiligkeit Pater Engelmars setzte sofort nach Bekanntwerden der Todesnachricht ein. Unleugbares Zeichen dafür ist das Bemühen um seine sterblichen Überreste. Nicht nur Mithäftling Pfarrer Richard Schneider „sah in Pater Engelmar einen Heiligen“, und so sorgte er dafür, dass dessen Leichnam gesondert verbrannt wurde. Auf abenteuerliche Weise schmuggelte dann der Höchberger Leo Pfanzer die Asche aus dem Lager und übergab sie den Missionaren von Mariannhill in Würzburg, die sie auf dem Würzburger Hauptfriedhof beisetzten.

    Als Engelmars Urne am 20. November 1968 in die neu errichtete Gedenkstätte in der Mariannhiller Herz-Jesu-Kirche übertragen wurde, bestätigte Pater Sales Hess seinem ehemaligen Mithäftling einen „Heroismus, der das allgemein menschliche Maß übersteigt“: „Er war nicht irgendeiner von den fast 3000 Geistlichen von Dachau, der in einer Welt ohne Gott sein Leben für Christus hingab. Pater Engelmar war ein Held der Caritas und ein Held des apostolischen Eifers.“

    Erhebungsverfahren
    Da Pater Engelmars Schicksal und Botschaft in immer weiteren Kreisen bekannt wurden, entschloss sich die Kongregation der Missionare von Mariannhill, einen Antrag auf Seligsprechung zu stellen. Formal zuständig war zunächst das Erzbistum München und Freising als Sterbediözese. Wenig später wurde der Prozess nach Würzburg transferiert, wo Bischof Paul-Werner am 26. Juli 1991 das Bischöfliche Erhebungsverfahren eröffnete. Pater Wolfgang Zürrlein wurde zum Postulator ernannt; zum kanonischen Tribunal gehörten außerdem Pater Marijan Cafuta als bischöflicher Beauftragter, Domkapitular Heinrich Schultes als Promotor iustitiae, Erhard Illig als Notar sowie Pater Dr. Polykarp Götz und Dr. Imre Koncsik als theologische Gutachter.

    Schon bei Prozess-Eröffnung stellte sich ein zentrales Grundsatzproblem: „Wir wussten nicht, ob wir Pater Engelmar als Märtyrer oder Bekenner einstufen sollten“, erläutert Postulator Wolfgang Zürrlein: „Da der Relator der Kongregation für Selig- und Heiligsprechungen überzeugt war, dass man schwerlich beweisen könne, dass Pater Engelmar absichtlich umgebracht wurde, entschieden wir uns, den Prozess nach den Regularien für Bekenner abzuwickeln.“ Doch in den darauffolgenden Jahren änderte sich die römische Begriffsdefinition des Martyriums, so dass nun nicht mehr nur die explizite Tötungsabsicht ausschlaggebend war. So dachte man bei Aktenübergabe in Rom erneut über eine Einstufung als Märtyrer nach. „Da dies eine komplette Prozesswiederaufnahme in Würzburg bedeutet hätte, entschieden wir uns dagegen“, erzählt Pater Wolfgang, „zumal wir das für einen Bekenner nötige Wunder bereits in der Hinterhand hatten.“

    Dokumente 1997 nach Rom
    Im Bischöflichen Verfahren präsentierte Pater Wolfgang dem Tribunal nun sämtliche Dokumente Engelmars, stellte eine Zeugenliste zusammen und ließ die Zeugen vernehmen. Am 15. März 1997 wurden das Bischöfliche Verfahren abge-schlossen und die Dokumente nach Rom überstellt. Mit Beginn des Römischen Verfahrens im Jahr 1999 wurde Pater Wolfgang Zürrlein erneut zum Postulator bestellt. 2002 übergab er den Posten aus Altersgründen an den römischen Anwalt Andrea Ambrosi, der auch die Positio erstellte.

    Für Pater Wolfgang Zürrlein stehen „der unermüdliche missionarische Eifer und die grenzenlose Liebe zum Menschen“ im Zentrum von Pater Engelmars Wirken. Dies bestätigten auch die rund 80 befragten Zeugen, unter denen sich Engelmars vier Schwestern ebenso befinden wie Mitbrüder, Pfarrkinder aus Glöckelberg sowie eine Reihe noch lebender Mithäftlinge aus Dachau.

    Hilfsbereites Wesen

    Auch Pater Dr. Hubert Wendl, heute Provinzial der deutschen Provinz, der als Sekretär bei den Zeugenbefragungen dabei war, erinnert sich noch genau, wie die Zeugen von Engelmar sprachen: „Es war kein einziger dabei, der auch nur ein negatives Wort über ihn zu berichten hatte. Jeder war überzeugt von seinem fabelhaften Beispiel christlichen Lebens und Sterbens.“ Mithäftling Kaplan Hans Brantzen hob das stets ausgeglichene, bescheidene und hilfsbereite Wesen Engelmars hervor: „Wenn die anderen klagten, schaute er nach oben zum Vater. Hauptpunkte seines feinen Charakters waren Bescheidenheit, Ruhe und Verträglichkeit in der Enge des Blocks. Was auffiel, war seine Caritas, wenn er bei den Mitbrüdern für andere arme Häftlinge bettelte.“ Für Mithäftling Pfarrer Hermann Scheipers strahlte Pater Engelmar „sowohl Einfachheit, Demut und Bescheidenheit als auch eine dauernde innere Fröhlichkeit“ aus. Prälat Emil Kiesel bezeichnete ihn gar als „die Liebe in Person“. Pfarrer Josef Witthaut fügte schließlich hinzu: „Überhaupt bestimmte der Missionsberuf wohl sein ganzes Handeln. Er schien immer nur daran zu denken, wie er anderen helfen könne, sich selbst sah er immer zuletzt.“

    67 Briefe aus der Haft
    Pater Engelmars Schriften, die im Prozessverlauf akribisch untersucht wurden, bestehen im Wesentlichen aus 67 Briefen, die er aus der Untersuchungshaft in Linz und dem Konzentrationslager Dachau schrieb. Die Briefe skizzieren das langsame Hineinwachsen Engelmars in seine Situation und sind lebhaftes Zeugnis seiner Glaubenswelt: Immer wieder richtete er sich am Willen Gottes auf, sah in seinem Schicksal Opfer und Sühne für andere: „Hinter allem steckt, trotz allem, Gottes Liebe zu uns.“ Zu keinem Zeitpunkt haderte er mit seinem Schicksal, sondern vertraute stets auf „Gottes Willen, der ja reinste Güte und Liebe gegen uns ist“. Im Bewusstsein inniger Verbundenheit mit Gott schrieb er kurz vor Weihnachten 1941: „Wir wollen hoffen, dass wir beitragen zur Entsühnung von Schuld und Fehl, was menschliche Unzulänglichkeit angehäuft haben. Was vielleicht manchmal als Unglück erscheint, ist oft das größte Glück. Doch was geht über das Glück, Gott selbst in unserem Herzen zu wissen, der ja die Quelle aller Seligkeit und allen Friedens ist.“
    Ab 1943 äußerte Engelmar zunehmend die Bereitschaft, das eigene Leben zu opfern, wenn er damit „einige wenigstens retten könnte.“ Ganz bewusst deutete er sich als Opfer der Nächstenliebe. Er wollte „in selbstloser Liebe Gott und um seinetwillen den Mitmenschen Freude machen“ und „allen Notleidenden und schwer Heimgesuchten zu Hilfe kommen.“ Sein geistliches Vermächtnis konzentriert sich schließlich in den inhaltsschweren Worten, die sein ganzes Leben und Sterben beinhalten: „Liebe verdoppelt die Kräfte, sie macht erfinderisch, macht innerlich frei und froh.“

    Nach Prüfung aller Schriften und Fertigstellung der Positio im Jahr 2005 konnte die kanonische Beurteilung beginnen. „Die Chancen stehen gut“, meint Postulator Pater Wolfgang Zürrlein. Doch für eine endgültige Entscheidung musste noch ein Wunder nachgewiesen werden. Sogar von zwei angeblichen Wundern, die sich auf Pater Engelmars Fürbitte hin ereignet haben sollen, weiß Pater Wolfgang zu berichten.

    Das erste Wunder

    Ein 2000 in den USA durch ein eigenes kanonisches Verfahren erfasstes angebliches Wunder trug sich im US-Bundesstaat Pennsylvania zu, wo der ehemalige Soldat Harry Seebold lebte, der 1945 das KZ Dachau mitbefreit hatte. 1998 erkrankte Harry an Krebs; zwar konnte ihm bei einer Operation ein Tumor entfernt werden, doch die Ärzte gaben ihm nur noch ein halbes Jahr. Als der Todgeweihte dann in einer Zeitschrift der Missionare von Mariannhill von Gebetserhörungen im Zusammenhang mit Pater Engelmar las, wandte er sich an ihn – und das Unglaubliche geschah: Der als hoffnungsloser Fall eingestufte Patient stellte sich nach einem Jahr erneut den Ärzten vor und war – wie auch Dokumente aus dem Krankenhausarchiv belegen – vollständig geheilt.

    Das zweite Wunder
    Das zweite, offiziell gemeldete, aber nicht durch ein kanonisches Verfahren dokumentierte angebliche Wunder ereignete sich in Sambia (Afrika). Hier bat der junge Afrikaner Lewis Watuka 1996 um Aufnahme bei den Missionaren von Mariannhill. Bedingung war unter anderem ein HIV-Test. Nach drei Tests erhielt Lewis die niederschmetternde Nachricht, dass er HIV-positiv war. Trotz anderslautender Regularien bemühte sich der Postulantenmeister um Lewis’ Aufnahme, um so die praktische Solidarität der Mariannhiller Gemeinschaft mit AIDS-Kranken vorzuleben. Lewis wurde als Novize aufgenommen, und wenig später begannen er und seine Freunde eine Novene zu Pater Engelmar um die Heilung Lewis’ zu beten. Zeiten des Vertrauens auf Gott wechselten mit Zeiten des Zweifels … bis sich Lewis am 10. Januar 1999 nach mehreren positiven einem erneuten HIV-Test unterzog und erstmals negativ getestet wurde. Bis heute hat keiner der behandelnden Ärzte eine Erklärung für die Heilung. Einer fragte nur staunend: „Wer hat für Dich gebetet?“