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Balinesische Holzkünstler schnitzen die Geburt Christi
Lotosthron für das Jesuskind
Wie sonst nur selten werden alte Künste an der Schnitzschule „Sasana Hasta Karya“ in Gianyar gepflegt. Auch weihnachtliche Motive mit traditionellen balinesischen Elementen finden sich dort wieder. Ein besonderes Stück ist ein Triptychon aus Teakholz, auf dem die Krippenszene in einem Dorftempel Balis dargestellt wird. An dem Werk haben sechs Schnitzer mehr als zwei Monate gearbeitet.
Im Vordergrund – wie sollte es anders sein – steht die Heilige Familie: Statt im Stall von Bethlehem wird Christus jedoch in einem balinesischen Tempel angebetet. Dabei sitzt die Familie auf einer Art Vorplatz, der in der Architektur des göttlichen Palastes für die irdische Welt steht. Für gewöhnlich treffen sich hier die Gläubigen, ruhen sich aus oder bereiten Opferspeisen zu. Unmissverständliche Botschaft des Bildes: Der Gottessohn ist zu den Menschen gekommen, er ist mitten unter uns. Zugleich führt das offene Tor im Hintergrund zu den beiden inneren, heiligen Sälen des Tempels, Richtung Himmelreich. Den Weg dorthin weist Jesus mit seiner Hand.
Das Neugeborene wird mit gekreuzten Füßen und Knöchel-Ring dargestellt, eine Sitzhaltung, wie sie in der sakralen Tempel-Kultur üblich ist. Der Fuß darf nicht zum Altar weisen und ihn beschmutzen. Das Jesuskind hat einen Schmuckreif am Fuß, wie ihn auf Bali Säuglinge bis zum Alter von drei Monaten tragen. Der Reif soll Unglück abwenden.
Männer mit Schwert säumen die Szene. Der Kris, ein malaiischer Dolch, ist nicht nur wegen seiner geschwungenen Klinge bekannt. Er steht auf Bali auch für Macht und Männlichkeit. In kauernder Haltung und mit dem Schwert im Rücken unterwerfen sich die Männer dem Jesuskind, das über ihren Köpfen thront. Dazu der Gebogan: Von Alters her gilt ein kunstvoll geschichteter Fruchtturm als die einfachste Art, den Göttern zu huldigen. Das Opfer besteht hauptsächlich aus Reiskuchen, Äpfeln, Bananen und Ananas, manchmal auch aus hart gekochten Eiern. Geschmückt werden die Türme mit jungen Palmblättern und Blumen. Bis heute tragen balinesische Frauen die bis zu ein Meter hohen Fruchttürme an Festtagen zum Tempel.
Auch Hähne fehlen nicht an dieser besonderen Krippe. Blutige Hahnenkämpfe sind beliebt auf Bali. Allerdings sind sie nur selten erlaubt, etwa bei rituellen Anlässen. Die Kämpfe gelten als Blutopfer-Zeremonie, um böse Geister vor dem Tempel zu vertreiben oder zu besänftigen. Unter der Hand wetten die Zuschauer mit hohen Geldeinsätzen darauf, welches Tier als Sieger aus der wilden Schlacht hervorgeht. Die Hähne vor dem Jesuskind müssen nicht kämpfen. Sie sind ein Geschenk und sollen zeigen: Christen trennen sich von Kampf und Wettspiel.
Im Hintergrund ist Candi Bentar zu sehen: Die in zwei Hälften gespaltenen Tore gehören zu jedem Tempel Balis und entsprechen dem Gegensatz von Gut und Böse, der das menschliche Sein nach der Lehre des „Agama Hindu Dharma“ bestimmt. Mehr als 90 Prozent der Insulaner hängen dieser weltweit einzigartigen Hindu-Dharma-Religion an, die auch eine höchste Gottheit kennt, Sang Hyang Widdhi. Sie wird auf Erden dreifach verkörpert: In Brahma, dem Schöpfer, Vishnu, dem Welterhalter, und Shiva, dem Heilsbringer und Zerstörer. Zugleich sind die geöffneten Türen ein Zeichen für den Eingang des Menschen in die verschiedenen Ebenen der Erkenntnis. Von Christen wird das auf das Neue Testament übertragen: Erst wenn die Tore geöffnet sind, bricht die Zeit der frohen Botschaft an.
Penjor, der gebogene Bambusstab schmückt zum Bali-Hindufest Galungan vor jedem Haus die Dorfstraße. Am Bambus werden Früchte befestigt, am Ende baumelt ein Palmblatt-Geflecht. Damit wollen die Familien die Götter und die Seelen ihrer Ahnen zu sich einladen. Am Galungan-Tag sollen sie zusammen mit dem allerhöchsten Wesen, Sang Hyang Widdhi, vom Himmel zu den irdischen Tempeln herabsteigen. Auch für Christen ist der geschmückte Bogen Teil sakraler Kultur. „Wie die Hindus sind wir Balinesen und verwenden den gleichen Schmuck, den unser Volk seit Jahrhunderten kennt“, sagen sie stolz. Kulkul ist ein Alarmturm, in dem ausgehöhlte Baumstämme hängen. Die Gongs werden geschlagen, um das Dorf an Versammlungen zu erinnern oder bei Feuer echten Alarm zu geben. Zugleich verwendet man sie wie Glocken in Europa und ruft mit ihnen zum Gottesdienst. An einem Turm-Pfeiler hockt ein Garuda-Vogel mit gespreizten Flügeln – das Reittier des hinduistischen Gottes Vishnu.
Wasserschnecken umrahmen den Mittelteil des Triptychons. Die Borde ist ein traditionelles Schmuck-Element balinesischer Kunst. Im Seitenflügel des Triptychons wird die Ankunft der Heiligen Drei Könige einer Prozession einheimischer Gläubiger gegenüber gestellt. Die Menschen verlassen ihren Hindu-Tempel, sie ziehen stattdessen zur Krippe und bringen den „Lotosthron“ mit: einen Schrein mit einem Stuhl darauf. Bisher sollte auf ihm das unsichtbare, höchste Wesen Sang Hyang Widdhi thronen, das die Leute im Tempel anbeteten. Doch nach der Geburt Christi halten die Gläubigen den Thron lieber für den Mensch gewordenen Sohn Gottes bereit.
Die Schule „Sasana Hasta Karya“ wurde 1993 von der französischen Gesellschaft für auswärtige Missionen in Paris (MEP) gegründet und wird inzwischen auch vom katholischen Hilfswerk Misereor in Aachen unterstützt.
Im Vordergrund – wie sollte es anders sein – steht die Heilige Familie: Statt im Stall von Bethlehem wird Christus jedoch in einem balinesischen Tempel angebetet. Dabei sitzt die Familie auf einer Art Vorplatz, der in der Architektur des göttlichen Palastes für die irdische Welt steht. Für gewöhnlich treffen sich hier die Gläubigen, ruhen sich aus oder bereiten Opferspeisen zu. Unmissverständliche Botschaft des Bildes: Der Gottessohn ist zu den Menschen gekommen, er ist mitten unter uns. Zugleich führt das offene Tor im Hintergrund zu den beiden inneren, heiligen Sälen des Tempels, Richtung Himmelreich. Den Weg dorthin weist Jesus mit seiner Hand.
Das Neugeborene wird mit gekreuzten Füßen und Knöchel-Ring dargestellt, eine Sitzhaltung, wie sie in der sakralen Tempel-Kultur üblich ist. Der Fuß darf nicht zum Altar weisen und ihn beschmutzen. Das Jesuskind hat einen Schmuckreif am Fuß, wie ihn auf Bali Säuglinge bis zum Alter von drei Monaten tragen. Der Reif soll Unglück abwenden.
Männer mit Schwert säumen die Szene. Der Kris, ein malaiischer Dolch, ist nicht nur wegen seiner geschwungenen Klinge bekannt. Er steht auf Bali auch für Macht und Männlichkeit. In kauernder Haltung und mit dem Schwert im Rücken unterwerfen sich die Männer dem Jesuskind, das über ihren Köpfen thront. Dazu der Gebogan: Von Alters her gilt ein kunstvoll geschichteter Fruchtturm als die einfachste Art, den Göttern zu huldigen. Das Opfer besteht hauptsächlich aus Reiskuchen, Äpfeln, Bananen und Ananas, manchmal auch aus hart gekochten Eiern. Geschmückt werden die Türme mit jungen Palmblättern und Blumen. Bis heute tragen balinesische Frauen die bis zu ein Meter hohen Fruchttürme an Festtagen zum Tempel.
Auch Hähne fehlen nicht an dieser besonderen Krippe. Blutige Hahnenkämpfe sind beliebt auf Bali. Allerdings sind sie nur selten erlaubt, etwa bei rituellen Anlässen. Die Kämpfe gelten als Blutopfer-Zeremonie, um böse Geister vor dem Tempel zu vertreiben oder zu besänftigen. Unter der Hand wetten die Zuschauer mit hohen Geldeinsätzen darauf, welches Tier als Sieger aus der wilden Schlacht hervorgeht. Die Hähne vor dem Jesuskind müssen nicht kämpfen. Sie sind ein Geschenk und sollen zeigen: Christen trennen sich von Kampf und Wettspiel.
Im Hintergrund ist Candi Bentar zu sehen: Die in zwei Hälften gespaltenen Tore gehören zu jedem Tempel Balis und entsprechen dem Gegensatz von Gut und Böse, der das menschliche Sein nach der Lehre des „Agama Hindu Dharma“ bestimmt. Mehr als 90 Prozent der Insulaner hängen dieser weltweit einzigartigen Hindu-Dharma-Religion an, die auch eine höchste Gottheit kennt, Sang Hyang Widdhi. Sie wird auf Erden dreifach verkörpert: In Brahma, dem Schöpfer, Vishnu, dem Welterhalter, und Shiva, dem Heilsbringer und Zerstörer. Zugleich sind die geöffneten Türen ein Zeichen für den Eingang des Menschen in die verschiedenen Ebenen der Erkenntnis. Von Christen wird das auf das Neue Testament übertragen: Erst wenn die Tore geöffnet sind, bricht die Zeit der frohen Botschaft an.
Penjor, der gebogene Bambusstab schmückt zum Bali-Hindufest Galungan vor jedem Haus die Dorfstraße. Am Bambus werden Früchte befestigt, am Ende baumelt ein Palmblatt-Geflecht. Damit wollen die Familien die Götter und die Seelen ihrer Ahnen zu sich einladen. Am Galungan-Tag sollen sie zusammen mit dem allerhöchsten Wesen, Sang Hyang Widdhi, vom Himmel zu den irdischen Tempeln herabsteigen. Auch für Christen ist der geschmückte Bogen Teil sakraler Kultur. „Wie die Hindus sind wir Balinesen und verwenden den gleichen Schmuck, den unser Volk seit Jahrhunderten kennt“, sagen sie stolz. Kulkul ist ein Alarmturm, in dem ausgehöhlte Baumstämme hängen. Die Gongs werden geschlagen, um das Dorf an Versammlungen zu erinnern oder bei Feuer echten Alarm zu geben. Zugleich verwendet man sie wie Glocken in Europa und ruft mit ihnen zum Gottesdienst. An einem Turm-Pfeiler hockt ein Garuda-Vogel mit gespreizten Flügeln – das Reittier des hinduistischen Gottes Vishnu.
Wasserschnecken umrahmen den Mittelteil des Triptychons. Die Borde ist ein traditionelles Schmuck-Element balinesischer Kunst. Im Seitenflügel des Triptychons wird die Ankunft der Heiligen Drei Könige einer Prozession einheimischer Gläubiger gegenüber gestellt. Die Menschen verlassen ihren Hindu-Tempel, sie ziehen stattdessen zur Krippe und bringen den „Lotosthron“ mit: einen Schrein mit einem Stuhl darauf. Bisher sollte auf ihm das unsichtbare, höchste Wesen Sang Hyang Widdhi thronen, das die Leute im Tempel anbeteten. Doch nach der Geburt Christi halten die Gläubigen den Thron lieber für den Mensch gewordenen Sohn Gottes bereit.
Die Schule „Sasana Hasta Karya“ wurde 1993 von der französischen Gesellschaft für auswärtige Missionen in Paris (MEP) gegründet und wird inzwischen auch vom katholischen Hilfswerk Misereor in Aachen unterstützt.