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Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

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    Lohnender Einsatz im Hochland

    Das auf der Karte Lateinamerikas relativ klein wirkende Andenland Bolivien ist flächenmäßig dreimal so groß wie Deutschland. Mit 8,5 Millionen Einwohnern weist es eine geringe Bevölkerungsdichte auf, was jedoch von der topographischen Lage her leicht erklärbar ist. Mit Bergspitzen bis über 6500 Metern Höhe durchzieht die Andenkette ganz Bolivien – diese meist schwer zugänglichen Regionen sind relativ dünn besiedelt. Wie überall in Lateinamerika drängen auch in Bolivien die Menschen in die Städte, die oftmals aus allen Nähten platzen.
    Evo Morales übernahm 2006 als erster Indigena die Amtsgeschäfte des Präsidenten dieses nach Haiti zweitärmsten Landes Lateinamerikas. Auch wenn sich im jüngsten Referendum vom 10. August 2008 die Bevölkerung Boliviens mit 67 Prozent für Evo Morales als Präsident ausgesprochen hat, so leidet das Land doch weiterhin unter der politischen Spaltung zwischen der Regierung und fünf der neun Provinzen. 
    Ende August empfing Evo Morales Vertreter der katholischen Kirche und anderer christlicher Glaubensrichtungen in La Paz, um mit ihnen über politische, wirtschaftliche und soziale Themen zu debattieren. Edmundo Abastoflor, der Erzbischof von La Paz, betonte nach dem Treffen, dass seine Kirche bereit sei, einen Dialog zu unterstützen, denn eine Spaltung Boliviens sei nicht wünschenswert. Drei Diözesanpriester aus dem Bistum Würzburg, leben und arbeiten an ganz unterschiedlichen Orten Boliviens. Domkapitular Hans Herderich hat sie auf seiner Reise durch Lateinamerika im Spätsommer 2008 besucht. Der aus Karlstadt stammende Axel Ulrich Gerling kam 1973 nach Bolivien. Nach fünf Jahren Dienst in Independencia ging er in die Region Tapari, weil diese zu den ärmsten Gegenden Boliviens zählt. Dort in der unwirtlichen Andenregion zwischen den beiden Städten Cochabamba und La Paz wollte er als Priester mit den Menschen auf dem Land leben und arbeiten. Seine beiden Pfarreien Jesus de Challa und Cristo de Ramadas liegen auf einer Höhe von 2400 bis 4300 Metern und sind flächenmäßig mit Unterfranken zu vergleichen. Zu den beiden Pfarreien gehören 70 kleine Gemeinden, „davon sind etwa 20 sehr gut funktionierende Basisgemeinden“, erklärt Padre Alejo, wie er von den Menschen dort genannt wird. Die Basisgemeinden sind gut strukturiert, haben die Dienste in der Gemeinde auf viele Schultern verteilt, das gemeindliche Leben funktioniert, auch wenn der Pfarrer nur wenige Male im Jahr vorbeischauen kann.  Doch das ganz Spezifische in der Pfarrei von Pfarrer Gerling ist das Projekt „Conviviendo con la Madre Tierra – Zusammenleben mit der Mutter Erde“. Auf der zugigen Höhe von 4300 Metern, wo die Luft dünn und die Vegetation karg wird, gibt es plötzlich grüne Baumgürtel und Pflanzungen, die ganz beispielhaft im Terrassenbau angelegt sind. Mit Hilfe von zwei bolivianischen Agraringenieuren hat Pfarrer Gerling den jahrtausendealten Terrassenbau der Inkas wieder aufgenommen, um der Bodenerosion vorzubeugen. Mit einfachen Mitteln, wie zum Beispiel einem Lot in der Form eines großen „A“ lernen die Bauern, wie sie die Terrassen richtig anlegen können. In mühsamer Gemeinschaftsarbeit sind hier in einer kargen, wüstenähnlichen Gegend blühende Gärten entstanden. Dieses Projekt, das mit keinerlei chemischen Düngemitteln arbeitet, wurde in der Anfangsphase von brasilianischen und kolumbianischen Agraringenieuren beraten. Heute kommen Agrarexperten und Kleinbauern aus ganz Lateinamerika in die Pfarrei von Axel Ulrich Gerling um an seinem Projekt zu lernen und diese Lernerfahrung ins eigene Land zurückzubringen. „Ziel ist, dass die Bauern gut genährt sind, noch Geld zum Leben zur Verfügung haben, und lachenden Herzens durchs Leben gehen“, erläutert Padre Alejo das Ziel seiner Arbeit.  Die Bauern bestätigen, dass die Schulung, ökologische und nachhaltige Beratung und nicht zuletzt die Erfolge der Ernte ihnen Mut machen, auf dem Land zu bleiben und im Einklang mit der „Pachamama“, der „Mutter Erde“, zu leben.In einer ganz anderen Situation ist der ebenfalls aus Karlstadt stammende Pfarrer Josef Schnackig tätig. Seit 1976 leitet er die Pfarrei Palca, die zur Erzdiözese La Paz gehört. Mehrere  Fahrstunden von La Paz entfernt liegt die Kleinstadt Palca auf einer Höhe von 3200 Metern, in einer grandiosen Landschaft mit Blick auf den 6442 Meter hohen, schneebedeckten Illimani. Kerzengerade Sandsteinwände erheben sich in der Palca-Schlucht und lassen den Besucher in dieser stark zerklüfteten Landschaft klein und unscheinbar erscheinen. Die Kirche aus der Kolonialzeit erinnert an vergangene Pracht, als in dieser Gegend besonders Gold-Bergbau betrieben wurde. Damit das Gemeindeleben auch in den Außenstationen gut floriert, legt Pfarrer Schnackig sein Hauptaugenmerk auf die Aus- und Weiterbildung der Laien, die Katechesen, Wortgottesdienste und Bibelgruppen leiten.Der offizielle Besuch von Domkapitular Herderich verunsicherte offensichtlich einige der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Pfarrer Schnackig. Sie fragten ängstlich, ob es den wahr sei, dass Pfarrer Schnackig nach so vielen Jahren Arbeit in Bolivien wieder in sein Heimatbistum zurückgerufen würde. Erleichterung und große Freude waren auf den Gesichtern der Menschen in Palca zu lesen, als der Besucher aus der Würzburger Diözesanleitung diese Ängste nehmen konnte. Der dritte Würzburger Priester, der aus Höchberg stammende Christian Müssig, reiste im September 2007 ins bolivianische Tiefland, um dort seinen Dienst aufzunehmen. In der Diözese Santa Cruz de la Sierra ist er seit Dezember letzten Jahres als Pfarrer der Pfarrei Porongo tätig. Die historische Kirche gehört zu den Bauten der Jesuitenreduktionen, die im 17. Jahrhundert in dieser Gegend Lateinamerikas entstanden sind. 25 Kilometer liegt Porongo von der 1,2 Millionen Einwohner zählenden Stadt Santa Cruz entfernt. Doch der alte, klapprige Jeep, der Pfarrer Müssig zur Verfügung steht, benötigt auf den unasphaltierten, sandigen Straßen über eine Stunde Fahrzeit für die kurze Fahrstrecke. Pastorale Aufbauarbeit ist bei Pfarrer Müssig zuerst angesagt. Zu der Pfarrei gehören 42 kleine Dörfer, in denen insgesamt 12500 Menschen leben. Christian Müssig erlebt in seiner Pfarrei eine große Verunsicherung der Menschen im Hinblick auf die instabile politische Situation des Landes. Menschen, die es sich leisten können, die eine Schulbildung haben, emigrieren und versorgen vom Ausland her die eigenen Familien und das gesamte Land mit Devisen. 1,2 Millionen Bolivianer leben inzwischen im Ausland, 400000 davon in Spanien. Pfarrer Müssig schätzt, dass ein Drittel der Kinder, die zu seiner Pfarrei gehören, aus so genannten Migrantenfamilien stammt, das heißt Vater oder Mutter arbeiten im Ausland, bevorzugt in Spanien. Dies hat immense Auswirkungen auf die Familienstruktur und das Leben in der Pfarrei. Wenn ein Elternteil im Ausland lebt und arbeitet, dann ist es für den in Bolivien zurückgebliebenen schwierig, sich in der Pfarrei zu engagieren und dort Verantwortung zu übernehmen. Gemeinsam mit dem aus Santa Cruz stammenden Diakon Julio versucht Pfarrer Müssig, Schritt für Schritt Menschen aus seiner Pfarrei zu gewinnen, die mit Freude und Begeisterung die vielen kleinen Gemeinden aufbauen und zu neuem Leben erwecken.