Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Probeabo des Magazins bestellen

Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt erfahren Sie im Sonntagblatt.

    Alles Wissenswerte rund um Papst Leo XIV. und seine ersten 100 Tage im Amt...

    Mehr

    Liebe, Solidarität und Gerechtigkeit

    "Die Kirche ist aufgerufen, ihre Sendung unter den neuen Bedingungen Lateinamerikas und der Welt gründlich zu überdenken“, heißt es unter anderem im Dokument von Aparecida und: „Unsere größte Bedrohung ist der graue Pragmatismus des Alltags der Kirche, in dem scheinbar alles normal verläuft, in dem sich aber in Wirklichkeit der Glaube erbärmlich verbraucht und degeneriert.“
    SCHMERLENBACH. „Wir alle müssen neu beginnen von Christus her.“ So steht es im „Dokument von Aparecida“. In dem brasilianischen Wallfahrtsort haben sich im Mai 2007 die Bischöfe von Lateinamerika und der Karibik zu ihrer fünften Generalversammlung getroffen. Im Bildungshaus Schmerlenbach diente das Dokument 70 Fachleuten aus ganz Deutschland und der Schweiz als Grundlage für die Diskussion darüber, welche Impulse Aparecida der Kirche hierzulande geben kann.

    Veranstaltet wurde die Fachtagung in Schmerlenbach von den beiden großen deutschen Hilfswerken Adveniat und Misereor. Adveniat-Geschäftsführer Prälat Bernd Klaschka und Misereor-Hauptgeschäftsführer Prälat Josef Sayer hatten selbst an der Versammlung von insgesamt 162 Kardinälen und Bischöfen sowie 104 Experten und Beobachtern teilgenommen. Als Referenten in Schmerlenbach schilderten sie sehr anschaulich ihre persönlichen Eindrücke.

    Option für die Armen
    Papst Benedikt XVI. habe in seiner Eröffnungsrede die „Option für die Armen“ theologisch neu untermauert, sagte Klaschka. Das sei wichtig und wegweisend gewesen. Mit dieser Ansprache habe der Papst das Treffen von Aparecida in die Tradition der großen Versammlungen von Puebla (1979) und Medellín (1968) gestellt. Der Papst habe den Bischöfen aus einem entschiedenen Christusglauben heraus den Weg in die Welt und den Alltag gewiesen.
    Von einem „sehr lebendigen, aber auch schmerzlichen Prozess“ der Meinungsfindung sprach Prälat Sayer. Bei der Abfassung des Schlussdokuments sei um „jedes Wort gerungen“ worden. Dass es von Rom überarbeitet worden sei, sei „bedauerlich“ und habe für Irritationen gesorgt. Trotzdem sei das Dokument ein „Ausdruck von Realität“ und eine sehr gute Arbeitsgrundlage. In Aperecida habe ihn am meisten die Aussage eines argentinischen Bischofs bewegt, der anprangerte, dass die Armen „wie Abfall“ behandelt würden.
    Prälat Klaschka sagte, die Generalversammlung habe wichtige Zeichen gesetzt für eine kontinentale Mission. Sie habe die Randgruppen der Gesellschaft ins Auge genommen, all jene Menschen, die als Folge der Globalisierung ausgegrenzt, verarmt oder entwurzelt seien.
    Im Dokument ist zu lesen: „Wir stehen am Beginn einer geschichtlichen Epoche mit neuen Herausforderungen und Anforderungen. Sie ist gekennzeichnet von einer durch neue gesellschaftlich-politische Turbulenzen generalisierte Verwirrung, durch die Ausbreitung einer Kultur, die mit der christlichen Tradition wenig zu tun hat oder ihr gar feindlich gegenüber steht.“ Obwohl das in Bezug auf Lateinamerika und die Karibik gemeint ist – der gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Ist-Zustand des Halbkontinents wurde in Aparecida detailliert dargestellt –, lässt sich dieses Zitat auch auf die Lage in Europa anwenden. „Die Kirche ist aufgerufen, ihre Sendung unter den neuen Bedingungen Lateinamerikas und der Welt gründlich zu überdenken“, heißt es weiter und: „Unsere größte Bedrohung ist der graue Pragmatismus des Alltags der Kirche, in dem scheinbar alles normal verläuft, in dem sich aber in Wirklichkeit der Glaube erbärmlich verbraucht und degeneriert.“

    Pastorale Aufgaben
    Professor Thomas Schreijäck, der an der Universität Frankfurt Pastoraltheologie und Religionspädagogik lehrt, zeigte Handlungsperspektiven aus der Sicht des Abschlussdokuments auf. Die Kirche müsse „Sakrament der Liebe, Solidarität und Gerechtigkeit sein“. Gefordert hatten die Bischöfe unter anderem eine Stärkung der Zivilgesellschaft, eine „Kultur der Verantwortlichkeit“ auf allen Ebenen, auch auf der von Regierungen und internationalen Systemen, und eine christliche Ethik, die für das Gemeinwohl eintritt, die Chancengleichheit fördert und die Korruption eindämmt.
    Der Referent schlug neue, zum Teil ungewöhnliche Konzepte für die Arbeit der Kirche in Deutschland vor: zum Beispiel eine „Pastoral der Gastfreundschaft“, die die Begegnung mit Migranten fördert, oder eine „Großstadtpastoral“ zur Wiedereingliederung von Menschen am Rande und mit einer Präventionsarbeit bei Kindern und Jugendlichen. Aus der Option der Bischöfe für das Leben von Anfang an lasse sich eine Gesundheitspastoral ableiten, die beispielsweise den Zugang aller Menschen zu kostenlosen Medikamenten gewährleiste.
    Die Gefängnispastoral könne Versöhnungsprozesse anregen, die Familienpastoral dafür sorgen, dass Kinder in einer Atmosphäre der Solidarität und Zuneigung aufwüchsen. Die Realisierung dieser Aufgaben setze ein Zusammenwirken von Staat, Gesellschaft und Kirche voraus und vor allem auch ein ganzheitliches Bildungsverständnis.
    Aus Anlass der Fachtagung wird im Bildungshaus Schmerlenbach bis 6. Februar die Ausstellung „Nachfolge – lateinamerikanische Lebenswege“ gezeigt. Das Bischöfliche Hilfswerk Adveniat hat Beispiele von Menschen gesammelt, die sich als in der Nachfolge Jesu gemäß des Leitworts der Generalversammlung von Aparecida betätigen: „Jünger und Missionare Jesu Christi – damit unsere Völker in Ihm das Leben haben. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh 14,6).“ Im Foyer im Untergeschoss sind Filmdokumente zu sehen, im Kreuzgang übersichtlich und anschaulich gestaltete Stellwände.

    Das Schlussdokument der Bischofsversammlung von Aparecida wurde von der Deutschen Bischofskonferenz in der Schriftenreihe „Stimmen der Weltkirche“ (Band 41) herausgegeben. Näheres und Download unter „www.dbk.de“.